Shakina Dilrukshi
Shakina wurde am 10.04.1999 geboren. Sie ist 7 Jahre und geht in Marawila zur Schule. Sie geht dort in die 2. Klasse und ist eine fleißige Schülerin.
Was man uns über Shakinas Vorgeschichte sagen konnte, war, dass der Vater verstorben ist und die Mutter wieder geheiratet hat. Aber man weiß weder den Namen des neuen Ehemannes noch den Wohnort. Shakina wurde einfach über Nacht alleine zu Hause gelassen. Da Shakina nicht zur Schule gekommen ist, was sehr selten vorkam, machten sich ihre Lehrer Sorgen und fuhren zum Elternhaus. Dort fanden sie das kleine Mädchen völlig verängstigt in einer Ecke sitzen! In den letzten Monaten wohnte Shakina mal bei der einen, mal bei einer anderen Lehrerin. Da die Lehrer jedoch nicht sehr viel verdienen, selber Kinder haben und auch kaum Platz, fragte man mich, ob wir die Kleine nicht bei uns aufnehmen könnten.
Für Shakina konnten wir Pateneltern finden!
Die Entwicklung von Shakinai im Jahr: 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016
Entwicklung Shakina (September 2007, geschrieben von Julia Fischer)
Shakina ist seit Januar 2007 im Angels Home. Sie gehört zu den jüngeren Kindern und geht gemeinsam mit Emesha, Hiruni und Anne in die 3.Klasse der nahe gelegenen Schule.
Shakinas Lieblingsfach ist Singhalesisch. Sie kann auch schon das ABC in englischen Großbuchstaben fehlerfrei schreiben und hat Spaß am Lernen. Wenn sie einmal groß ist, möchte sie gerne Singhalesisch-Lehrerin werden.
Am Nachmittag spielt Shakina am liebsten Volleyball und Springseil, wobei sie große Ausdauer unter Beweis stellt. Daneben malt und puzzelt sie sehr gerne. Ihre Lieblingsfrucht sind Woodappels.
Shakina weiß ziemlich genau was sie möchte und kann sich bei den anderen Kindern recht gut durchsetzen, manchmal leider auch etwas auf deren Kosten. Ansonsten ist sie ein sehr lebendiges Kind, welches man für jede neue Aktivität begeistern kann. Ihre Aufgaben im Heim erledigt sie stets sorgfältig und gewissenhaft.
Interview Shakina (Juni 2008, geschrieben von Stefanie Lippmann)
1. Was isst du gerne?
Shakina: Schokolade.
2. Was trinkst du gerne?
Shakina: Orangensaft.
3. Welche Farbe magst du am liebsten?
Shakina: Pink.
4. Wen magst du am liebsten von den Mädels im Heim?
Shakina: Chanchala, Saduni, Mali, Anne, Dinesha, Jeewa und Surangika.
5. Wen magst du am liebsten von den Angestellten im Heim?
Shakina: Ich mag alle.
6. Wenn du fliegen könntest, wo würdest du für zwei Wochen bleiben?
Shakina: In Deutschland.
7. Welches Tier magst du?
Shakina: Katzen.
8. Was möchtest du später werden?
Shakina: Mathematiklehrerin.
9. Was magst du in der Schule und im Angels Home?
Shakina: In der Schule Mathe und Singhalesisch, im Angels Home mag ich besonders die Freizeit.
10. Was spielst du gerne in deiner Freizeit?
Shakina: Elle.
11. Welchen Platz würdest du gerne einmal von Sri Lanka sehen?
Shakina: Matara.
12. Welche berühmte Person möchtest du einmal treffen?
Shakina: Pre deep Rangena, das ist ein singhalesischer Sänger.
13. Wenn du viel Geld hättest, was würdest du machen?
Shakina: Ein großes Haus für alle Kinder kaufen.
14. Wenn du für einen Tag der Chef vom Angels Home wärst, was würdest du im Heim anders machen?
Shakina: Ich würde mehr Gartenarbeit machen.
15. Welche Musik magst du?
Shakina: Singhalesische Musik.
16. Wenn du den singhalesischen Präsidenten treffen könntest, was würdest du ihm sagen?
Shakina: „Bitte mehr Liebe unter den Menschen."
Entwicklung Shakina (August 2009, geschrieben von Manuela Sinsel)
Shakina ist derzeit 10 Jahre alt und besucht die vierte Klasse der nahegelegenen öffentlichen Schule. Diese Klasse wiederholt sie derzeit, da ihre Noten letztes Jahr leider nicht gut genug waren, um in die fünfte Klasse vorzurücken. Dieses Jahr haben sich ihre Examensergebnisse etwas gebessert, jedoch sind ihre Noten weiterhin nur mittelmäßig. In ihrem Lieblingsfach Englisch konnte sie jedoch eine relativ gute Punktzahl erzielen und auch ihre Singhalesisch-Note kann sich sehen lassen. In der Nachhilfe hat sie uns in der ersten Stunde durch ihre Unlust stark getäuscht. Da sie in dieser Stunde wohl ihre Grenzen bei uns neuen Praktikanten testen wollte, etwas, das sie hin und wieder ganz gerne tut, hat sie kaum mitgearbeitet und die einfachsten Aufgaben nicht gelöst. Umso überraschter waren wir dann, als sie in der nächsten Stunde sehr viel Geschick bei den Mathe-Aufgaben bewies und großen Fleiß zeigte. Ab da arbeitete sie auch zumeist gut mit und wollte gelegentlich sogar in ihrer Freizeit ein paar Extra-Aufgaben haben.
Auch in Englisch ist sie ziemlich gut. Sie stellt sich beim Lesen recht geschickt an und kann sich ziemlich gut neue Wörter merken. Leider lässt ihre Motivation schnell nach, wenn sie nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchen kann, sondern sich die Praktikanten auch um die anderen Kinder kümmern. Auch ihre Bemühungen ihr Englisch sprachlich umzusetzen, lassen leider zu wünschen übrig, da sie meist keine Lust hat sich anzustrengen und sich lieber von einem der älteren Mädchen übersetzen lässt oder uns einfach auf Singhalesisch anspricht, obwohl wir wissen, dass sie es eigentlich besser könnte.
Zu ihren Lieblingsaufgaben im Heim gehören das Wäschewaschen und der Hausputz, allerdings lässt sie sich dabei leicht ablenken und arbeitet auch hier am liebsten nur, wenn einer von uns mitarbeitet oder sie zumindest beobachtet. Dafür ist sie umso besser darin, andere herumzukommandieren und man merkt ihr recht schnell an, dass sie genau weiß, was sie will und dass sie einen ziemlichen Dickkopf haben kann. So kann sie auch ziemlich schnell trotzig reagieren, wenn etwas nicht nach ihrem Willen geht. Man muss jedoch dazu sagen, dass sie generell nicht sehr nachtragend ist und die meisten Vorfälle kurze Zeit später wieder vergessen sind.
Für das neue Heim wünscht sich Shakina viele Computer und man merkt ihr ihre Technikbegeisterung, die sie mit vielen der anderen teilt, an, wenn sie fast jeden Tag zu uns kommt und fragt: „Camera?" Auch einem großen Swimmingpool gegenüber wäre sie nicht abgeneigt und ihrem Temperament würde eine kleine Abkühlung gelegentlich gar nicht schaden. Außerdem liebt sie es sich zu bewegen und spielt deshalb sehr gerne mit den anderen Kindern Elle, Verstecken oder Hüpfspiele im Sand des Hofs, bei denen sie uns regelmäßig besiegt. Sie hat ein lustiges, manchmal ziemlich verschmitztes Lachen, jedoch kann man sie nicht gerade als guten Verlierer bezeichnen und wenn sie merkt, dass sie in einem Spiel hinten liegt, verschwindet dieses Lachen häufig recht schnell aus ihrem Gesicht. Als Hobby gab sie uns gegenüber an Briefmarken zu sammeln, allerdings müssen wir uns diese Sammlung erst noch zeigen lassen.
Mit den Anderen scheint sie sich gut zu verstehen, auch wenn sie manchmal eine kleine „Meckerziege" ist und sich dadurch selbst manchmal etwas ins Abseits stellt. Aber wie schon erwähnt: es ist immer schnell alles wieder vergessen und gerade wenn es Anderen nicht gut geht, kann sie sich rührend um die kranken Mädchen kümmern.
Wenn sie erwachsen ist, würde sie gerne nach Italien gehen, um dort als Mathematik-Lehrerin zu arbeiten und fast kann man sich schon vorstellen, wie sie, wild gestikulierend, auf der Straße mit ihren Nachbarn diskutiert.
Entwicklung Shanika (Juni 2010, geschrieben von Sophie Mörbe und Julia Fischer)
Shakina ist im April 11 Jahre alt geworden und besucht als einziges Mädchen aus dem Angels Home for Children die 5. Klasse der öffentlichen Schule in Mudukatuwa. Altersmäßig wäre sie zwar gemeinsam mit Emesha eine Klassenstufe höher, jedoch musste sie die 4. Klasse wiederholen, weil ihre Leistungen damals nicht ausreichten.
Shakina hat sich, wenn man sich daran erinnert, wie sie letztes Jahr war, sehr gut entwickelt. Sie ist nicht mehr so extrem launisch und zickig, sie streitet weniger mit den anderen Mädchen und fordert auch nicht mehr so viel Aufmerksamkeit ein. Außerdem ist Shakina in letzter Zeit ganz besonders positiv bei der Englischnachhilfe aufgefallen. Ihr Englisch ist deutlich besser geworden, sie ziert sich nicht mehr so, englisch zu sprechen und hat sogar mittlerweile Spaß am Lernen und kann manchmal gar nicht genug bekommen. Shakina freut sich, etwas Neues zu lernen und kann sogar ihrer Nachhilfepartnerin Emesha das Eine oder Andere erklären bzw. sie dazu bewegen, mitzuarbeiten. Shakina spricht nicht nur besser, sondern ist auch im Schreiben relativ gut.
Momentan wiegt Shakina 25 kg bei einer Körpergröße von 1,38 m, womit sie eher zu den zierlichen Mädchen im Heim gehört. Gesundheitlich hat sie jedoch keine Probleme, was man schon daran merkt, dass sie ein richtiges kleines Energiebündel ist, das bei jeder Art von Beschäftigung sofort dabei ist.
Shakina findet sehr schnell Kontakt zu den Praktikantinnen und genießt deren Aufmerksamkeit. Ansonsten hat Shakina ihr Herz ganz an Sapu (Lattas 1,5-jähriger Sohn) verschenkt. Sie liebt den Kleinen wirklich sehr und lässt ihn nicht aus den Augen, wenn ihn Latta mal mit ins Heim bringt. So kann es vorkommen, dass Shakina sich den ganzen Sonntag sehr verantwortungsbewusst und liebevoll um den Kleinen kümmert.
Shakina gehört irgendwie noch nicht ganz zu den großen, aber auch nicht mehr richtig zu den kleinen Mädchen. Wenn es ums Tanzen geht, kann sie es sehr wohl schon mit einer Chanchala oder Surangika aufnehmen, in anderen Bereichen genießt sie es jedoch, noch voll und ganz Kind sein zu dürfen.
Neben der einmal wöchentlich stattfindenden Englisch-Nachhilfe mit Praktikantinnen erhält Shakina gemeinsam mit anderen Mädchen Nachhilfe im Fach Mathematik von einer singhalesischen Lehrerin. Außerdem nimmt sie am 3-stündigen Tanzkurs teil, der immer freitags um 15 Uhr stattfindet. Probehalber lassen wir Shakina momentan auch am Computerunterricht jeden Sonntag-Vormittag teilnehmen. Es fällt ihr allerdings noch sehr schwer, die technischen Zusammenhänge und Abläufe zu verstehen, weshalb wir uns noch nicht sicher sind, ob Shakina tatsächlich im Kurs bleibt oder ob sie einfach noch 2 Jahre wartet und es dann erneut versucht.
Entwicklung Shakina (Juli 2011, geschrieben von Bettina Hansel)
Seit Anfang des Jahres besucht nun auch Shakina das katholische Mädchen-Convent in Marawila, da sie es gemeinsam mit Kavindiya geschafft hat, den doch recht schwierigen Aufnahmetest zu bestehen. In Vorbereitung auf diese Prüfung hat sie großen Ehrgeiz gezeigt und alle waren sehr stolz auf sie, als sie es tatsächlich geschafft hat. In einem Gespräch mit Shakina gibt sie an, gerne auf die neue Schule zu gehen. Ihre Leistungen sind ihrer Ansicht nach besser geworden und das Lernen macht ihr Spaß.
Shakina ist 144 cm groß und hat ein Gewicht von 30 kg. Ihre körperliche Entwicklung verläuft somit bislang völlig normal.
In der Englisch-Nachhilfe fällt auf, dass sie im Lesen und Schreiben für das, was sie in ihrer Jahrgangsstufe können müsste, zwar Defizite aufweist, jedoch im Vergleich zu den anderen Mädchen in ihrem Alter durchschnittliche Englischkenntnisse hat. Im Verstehen und Sprechen ist sie sehr gut. Sich lange am Stück zu konzentrieren, fällt Shakina schwer, sodass sie oft nach wenigen Minuten schon nicht mehr bei der Sache ist. Wenn etwas nicht so läuft, wie sie sich das vorstellt oder sie etwas nicht auf Anhieb kann, reagiert sie schnell eingeschnappt, sodass man sie nur mühsam zur weiteren Mitarbeit bewegen kann. Wenn ihr etwas Spaß macht, wie eine gewisse Leseübung mit Wortkarten, bekommt sie aber auch wieder einen Motivationsschub und ist dann sehr engagiert dabei.
Shakina möchte nach Beendigung der Schullaufbahn gerne Lehrerin werden. Für eine konkrete Festlegung auf einen Ausbildungswunsch bleibt ihr allerdings noch etwas Zeit, zumal sie noch ein paar Schuljahre vor sich hat.
Neben der Englisch-Nachhilfe nimmt Shakina mit großer Freude am heimeigenen Tanzunterricht teil. Der im vergangenen Jahr begonnene Computerkurs wurde mittlerweile wieder abgebrochen, da Shakinas Englischkenntnisse und auch das technische Verständnis noch nicht ausreichten, um mit einem Computer zu arbeiten. Eventuell kann man aber in 1-2 Jahren einen neuen Kurs beginnen, an dem Shakina dann wieder teilnehmen kann. Vorerst besucht sie nun die zusätzliche Nachhilfe in den Fächern Singhalesisch und Mathematik.
In ihrer Freizeit ist Shakina bei den Spielen der anderen Kinder immer gerne dabei. Besonders viel Spaß bringen ihr aktive Lauf- und Fangspiele, sowie das Brettspiel Carrom, eine Art Tischbillard.
Leider hat Shakinas positive Entwicklung aus dem vergangenen Jahr nicht in allen Bereichen angehalten. Beispielsweise kommt es zurzeit wieder häufiger vor, dass sich Shakina mit anderen Kindern zankt. Dies passiert insbesondere mit Gleichaltrigen, die ein ähnliches Temperament besitzen, wie sie. Shakina ist dann oft eingeschnappt, beispielsweise wenn sie sich im Spiel ungerecht behandelt fühlt. Ihre „Zickigkeit“ geht manchmal sogar so weit, dass sie auch das Personal beschimpft und Aufforderungen nicht nachkommt. Zum Glück ist Shakina jedoch nicht nachtragend, sodass all diese Streitigkeiten auch schnell wieder vergessen sind.
Ein weiteres Problem ist Shakinas Ordnungssinn. Bis vor Kurzem musste man sie deshalb fast täglich ermahnen, da sie das regelmäßige Aufräumen ihres Schul- und Kleiderschrankes stark vernachlässigte. Als man ihr nach Malis Auszug jedoch ein großes Stück Verantwortung zugeteilt hat und sie zur Gruppenleiterin für sechs Mädchen einteilte, hat sie sich in Sachen Sorgfalt und Zuverlässigkeit zunächst um 180° gedreht. Ihre Schränke sind daraufhin kein einziges Mal mehr negativ aufgefallen. Leider hielt diese Motivation jedoch nicht allzu lange an und mittlerweile erscheint Shakinas Name schon wieder täglich auf der Liste der unordentlichen Kleiderschränke. Nun muss beobachtet werden, wie sich das Ganze weiter entwickelt. Es wäre schade, wenn man ihr den Posten des Gruppenleiters wieder entziehen müsste und sicherlich würde das auch nicht gerade zur weiteren Positiv-Entwicklung von Shakina beitragen.
Entwicklung Shakina (Juli 2012, geschrieben von Julia Fischer)
Auch Shakina ist eines der wenigen Mädchen, die schon von Anfang an bei uns ist und die ersten Jahre noch im alten Angels Home verbracht hat. Sie lebt bereits seit 6 Jahren im Kinderheim und ist mittlerweile 13 Jahre alt. Mit einer Größe von 1,51 m und einem Gewicht von 38 kg ist Shakina zwar recht dünn, aber dennoch normal entwickelt und auch sonst vollkommen gesund.
Shakina ist definitiv ein Mädchen, dem man seine negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit bis heute noch anmerkt. Zwar ist sie eigentlich herzensgut und kümmert sich rührend um die jüngeren Mädchen im Angels Home, auf der anderen Seite kann sie aber auch nach wie vor noch ihre Wutausbrüche bekommen oder andere typische Verhaltensauffälligkeiten an den Tag legen. Es ist dann sehr schwer, wieder einen Zugang zu ihr zu bekommen und man hat das Gefühl, dass sie ihr eigenes Negativverhalten dann auch selbst gar nicht wahrhaben möchte bzw. verdrängt. Oft behauptet sie bis zum Schluss, etwas Bestimmtes nicht getan zu haben oder die Schuld an etwas zu tragen, obwohl die Tatsachen klar auf der Hand liegen. Nicht nur für sie, sondern auch für uns ist es schwierig, damit umzugehen. Aus diesem Grund besucht Shakina seit ca. einem Monat alle zwei Wochen eine Beratungsperson im Krankenhaus von Marawila. Dort soll sie mit einer externen Person über ihre Gedanken und Probleme sprechen können, was bisher allerdings noch nicht sehr erfolgreich war.
Wie auch bei allen anderen Mädchen, die schon sehr lange im Angels Home leben, habe ich mich im Vorfeld zum diesjährigen Statusbericht über Shakina besonders mit der singhalesischen Akte auseinandergesetzt, welche von unserem Personal geführt und gelegentlich vom Jugendamt kontrolliert wird. Sie gibt vor allem Aufschluss über die Familiensituation des Kindes, die sich im Laufe der Jahre erheblich ändern kann.
Shakina hatte all die Jahre, die sie bei uns untergebracht ist, immer wieder sporadischen Kontakt zu ihrer Mutter. Diese wurde damals vom Amt ausfindig gemacht, nachdem sie ihre Tochter allein zu Hause zurück gelassen hat. Seither kam sie hin und wieder zu den Besuchstagen ins Angels Home und auch die Ferien durfte Shakina teilweise – wenn auch nie vollständig – zu Hause verbringen. Shakinas Mutter ist noch immer mit dem Mann zusammen, mit dem sie damals abgehauen ist und der Shakina auch schon vorher nicht gut behandelt hat. Mittlerweile haben die beiden sogar zwei gemeinsame Kinder – einen Jungen von ca. 7 Jahren und ein Mädchen von etwa 2 Jahren. Es scheint das typische Schicksal von vor- oder unehelichen Kindern zu sein: Während sie selbst zu Verwandten oder in ein Heim abgeschoben werden, dürfen die folgenden gemeinsamen Kinder zu Hause leben. Wie wir vor einiger Zeit erst herausgefunden haben, hat Shakina auch noch einen älteren Bruder, der ebenfalls aus erster Ehe der Mutter stammt und seit einigen Jahren bei Shakinas Großmutter mütterlicherseits untergebracht ist. Diese hat jedoch große Probleme mit ihm, da er kriminelle Züge aufweist und häufiger mit der Polizei aneinander gerät.
Shakina selbst spricht nicht sehr gerne über ihre Familiensituation und unser Personal empfindet außerdem eine große Wut ihrerseits gegenüber der Mutter und den jüngeren Geschwistern. Während eines Besuchstages vor einigen Monaten muss Shakina wohl auch regelrecht ausgerastet sein und ihre Mutter beschimpft haben. Sie hat sie gefragt, weshalb sie selbst hier in einem Heim groß werden muss, während sie ein Kind nach dem anderen in die Welt setzt. Es war zu dem Streit gekommen, da Shakinas Mutter ihre Tochter in den Ferien nicht nach Hause holen wollte. Seitdem herrscht wieder einmal Funkstille und die Mutter nimmt auch ihr Besuchsrecht nicht mehr wahr.
Mit Sicherheit belastet Shakina diese Situation, aber sie versucht, es sich nicht anmerken zu lassen und ich bin mir sicher, dass es ihr langfristig besser gehen würde, wenn sie gar keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter hätte. Vielleicht würden sich dann auch ihre Stimmungsschwankungen und Verhaltensauffälligkeiten einstellen, denn sicherlich hat das Eine viel mit dem Anderen zu tun.
Trotz aller Schwierigkeiten, die wir mit Shakina manchmal haben, ist sie doch irgendwie zu einem wichtigen Teil der Heimfamilie geworden. Sie kann sehr einfühlsam, sensibel und fürsorglich sein, wenn es darum geht, sich um kranke oder jüngere Mädchen zu kümmern. Einen besonderen Status hat sie bezüglich ihrer Verantwortung für Sandiya erreichen können. Die Matron und auch alle anderen vom Personal sind der Meinung, dass Shakina ihre Rolle als große Schwester am besten erfüllt und stets ein Auge auf Sandiya hat. Sie hilft ihr hingebungsvoll beim Wäschewaschen, Bettenmachen und beim Aufräumen des Kleiderschranks. Es ist vielleicht auch ein Versuch seitens Shakinas, uns zu zeigen, dass sie doch Verantwortung übernehmen kann. Nachdem sie nämlich Anfang 2011 zur Teamleiterin einer Gruppe von 6 Mädchen ernannt wurde, mussten wir ihr diesen Posten nach wenigen Monaten wieder entziehen, da es doch nicht so klappte, wie wir es uns gewünscht haben. Nun ist Rashani die Anführerin ihrer Gruppe, womit Shakina jedoch auch ganz gut zurecht zu kommen scheint.
Es wäre schön, wenn Shakina in Zukunft ihre liebenswerten Eigenschaften noch weiter ausbauen und innerlich mit den negativen Erfahrungen ihrer Vergangenheit abschließen könnte. Wir hoffen, dass ihr die Beratungsstunden dabei helfen werden.
Entwicklung Shakina (September 2013, geschrieben von Julia Fischer)
S wie sanftmütig
H wie hilfsbereit
A wie abschätzend
K wie konternd
I wie individuell
N wie neckisch
A wie anhänglich
Shakina ist eines der Mädchen, die mir in den letzten Jahren besonders ans Herz gewachsen sind, da ich weiß, dass eine ganze Menge mehr in ihr steckt als das, was man vielleicht auf den ersten Blick sehen kann. Sie ist ein sehr ruhiges und liebenswürdiges Kind, das bei näherer Betrachtung vor allem eines braucht; Liebe. Natürlich brauchen das alle unsere anderen Mädchen auch, aber im Gegensatz zu vielen anderen fordert Shakina keine Aufmerksamkeit ein oder bettelt um Zuneigung. Sie freut sich einfach im Stillen, wenn sie sie dennoch bekommt. Wenn man sie kennt, merkt man ihr die Zufriedenheit deutlich an, wenn sie auch mal irgendwo im Mittelpunkt steht oder wenn man sich allein mit ihr einer Mathematik-Aufgabe widmet oder sie beim Übersetzen von Briefen helfen darf.
Shakina ist mittlerweile 14 Jahre alt und besucht in der Schule die 8. Klasse. Das Lernen fällt ihr leider sehr schwer und sie hat große Mühe den geforderten Unterrichtsstoff zu verinnerlichen und anzuwenden. Allerdings bin ich hier der Meinung, dass sie viel mehr aus sich herausholen könnte, wenn sie wöllte. Dabei glaube ich nicht, dass Faulheit der Grund für ihre schlechten Leistungen ist, sondern ich habe eher das Gefühl, dass traumatische Erfahrungen aus der Vergangenheit und ein geringes Selbstbewusstsein schuld daran sind. Die regelmäßigen Gespräche mit unseren beiden psychologischen Beraterinnen, die jetzt immer sonntags ins Kinderheim kommen, sollen Shakina dabei helfen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten und an ihrem Selbstwertgefühl zu arbeiten. Einige kleine Fortschritte konnten wir schon feststellen. So sind beispielsweise ihre Wutausbrüche in der letzten Zeit gänzlich ausgeblieben und auch so hat man das Gefühl, dass sie zufriedener und ausgeglichener ist.
Körperlich hat Shakina keine Beschwerden und bei einer Größe von 1,53 wiegt sie 39 kg, was zwar sehr schlank, aber durchaus noch im normalen Bereich ist. Sie ist ein sehr sportliches Mädchen und bei jeglicher Art von Bewegungsspielen sofort dabei. Sie kann jedoch auch stundenlang am Tisch sitzen und sich an einem großen Puzzle erfreuen oder ihrer Kreativiät mit dem Pinsel und Wasserfarben freien Lauf lassen.
Ein besonderer Charakterzug von Shakina ist ihre Empathie. So hat sie ein großes Gespür für das Befinden anderer Menschen und kann ihnen auf den Kopf zusagen, ob es ihnen gut oder schlecht geht. Beispielsweise versuche ich an schlechten Tagen stets, meine Laune vor den Kindern zu verbergen, was mir bei den meisten auch recht gut gelingt. Shakina hingegen kann ich nie etwas vormachen. Sie weiß sofort, wenn mit mir etwas nicht stimmt und ich bekomme an diesen Tagen besonders viel Aufmerksamkeit von ihr.
Entwicklung Shakina (Oktober 2014, geschrieben von Julia Fischer)
Shakina lebt nun schon fast 8 Jahre bei uns im Angels Home und gehört damit zum „alten Eisen“. Immerhin ist sie eins der wenigen Mädchen, die bereits von Anfang an in unserer Einrichtung sind und hier nicht einfach nur vorübergehend ein Dach über dem Kopf haben, sondern wirklichen Familienersatz finden konnten. Bei einer Größe von 1,57 m wiegt Shakina derzeit 49 kg, womit sie für ihr Alter körperlich normal entwickelt ist und keinerlei gesundheitliche Beschwerden hat.
Für die diesjährigen Statusberichte möchte ich bei all unseren ersten Mädchen einen kleinen Rückblick auf die früheren Berichte werfen und die wesentlichen Veränderungen oder Konstanten im Laufe der Jahre hervorheben.
In allen Statusberichten der letzten Jahre wird Shakina stets als freundliches, aufgeschlossenes Mädchen beschrieben, das gerne lacht und neugierig durchs Leben geht. Es wird jedoch auch immer wieder auf ihre Probleme im zwischenmenschlichen Verhalten hingewiesen, die ihr oft im Wege stehen. So haben wir schon recht früh über Shakinas Dickköpfigkeit berichtet, die uns in den ersten Jahren oft zur Verzweiflung brachte. Während sie als Kind häufig Wutanfälle bekam oder andere Kinder schikanierte, so äußert sich ihr soziales Fehlverhalten heute auf eine sehr subtilere Art und Weise. Man kann fast sagen, dass Shakina gute und schlechte Phasen hat. So erscheint sie manchmal wochenlang als liebenswürdige und hilfsbereite Teenagerin, die mit sich selbst völlig im Reinen scheint und uns keinerlei Probleme macht. Gibt es dann jedoch einen klitzekleinen Anlass, der Shakinas Gefühle oder ihren Stolz verletzt, so kann sie auch ihre andere Seite zeigen, zu der Lügen und Intrigen ebenso gehören wie Eitelkeit und Ungerechtigkeit. Es ist sehr traurig, dies mit ansehen zu müssen und auf eine gewisse Art auch immer wieder von Shakina enttäuscht zu werden, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass diese Probleme auf ihre schweren Kindheitserfahrungen und auf das schlechte Vorbild ihrer Mutter zurückzuführen sind. Man muss allerdings auch sagen, dass der mittlerweile 15-Jährigen die regelmäßigen Gespräche mit unseren Beraterinnen ganz gut getan haben und dass sie nun zumindest für sich selbst ein klares Bild von ihrer Mutter hat, auch wenn dieses verständlicherweise nicht gerade positiv ist und von einer großen Wut gekennzeichnet ist.
Schon immer war Shakina ein wissbegieriges Mädchen, das es bereits als Kind sehr genossen hat, wenn man ihr bei der Nachhilfe oder bei den Hausaufgaben große Aufmerksamkeit schenkte. Hier liegt allerdings auch ein entscheidender Knackpunkt: Bis heute fällt es Shakina schwer, selbstständig zu lernen und auch ohne direkt anschließendes Lob kontinuierlich am Ball zu bleiben. Während sie beispielsweise in der Kleingruppe unserer Englischnachhilfe sehr ehrgeizig mitarbeitet und allen Anforderungen gerecht werden kann, so schafft sie bei den schulischen Prüfungen gerade mal ein Drittel der erforderlichen Gesamtpunktzahl. Auch in anderen Unterrichtsfächern sieht es leider ähnlich aus und auch der anfangs so vielversprechende Schulwechsel im Jahr 2011 konnte langfristig nichts daran ändern.
Trotz dieser Schwierigkeiten mit Shakina hat sie – wie bereits erwähnt – auch ihre guten Phasen, in denen man sie einfach gerne haben muss. So ist sie nach wie vor sehr einfühlsam, wenn es darum geht, kleineren Mädchen bei den täglichen Pflichten zu helfen und ihnen ein gutes Vorbild zu sein. Noch immer kümmert sich Shakina rührend um die kleine Sandiya, für die sie als „Akka“ (große Schwester) verantwortlich ist. Auch ihre eigenen Pflichten erledigt Shakina mit großer Sorgfalt und Verlässlichkeit. So hat sie bereits als kleines Mädchen gerne unseren Putzfrauen beim Hausputz geholfen und auch heute übernimmt sie häufig zusätzliche Aufgaben, die ihrer Meinung nach einfach mal wieder nötig sind. Mit ihrer Gruppenleiterin Nadisha hat sie in dieser Hinsicht eine Seelenverwandte gefunden und somit werden die beiden Freundinnen häufig vom Personal für ihre Gründlichkeit beim Küchendienst gelobt.
In ihrer Freizeit spielt Shakina besonders gerne Bewegungsspiele und so ist es nicht verwunderlich, dass auch sie mittlerweile zum festen Spielerbestand bei den täglichen Volleyballspielen am Nachmittag gehört und viel Geschick dabei beweist, den Ball möglichst unerwartet übers Netz zu schlagen. Aber auch an anderen Spielen wie Elle oder Brennball beteiligt sich Shakina gerne und gelegentlich spielt sie auch gerne Verstecken oder Fangspiele mit den kleineren Mädchen. Ihre Freude an Bewegung drückt sie auch heute noch immer gerne über das Tanzen aus, welches sie seit dem Kindesalter begeistert und das sie bei uns im Angels Home stets vertieft hat. So gehört Shakina auf jeden Fall zu den besten Tänzerinnen bei uns, die zu besonderen Anlässen auf der Bühne ihr Talent zeigen dürfen. Neben sportlichen Aktivitäten konnte Shakina sich auch schon immer gut mit ruhigeren Hobbies beschäftigen. So ist sie beispielsweise immer eine der Ersten, die sich zum Malen mit Wasserfarben anmelden oder bei besonderen Bastelaktionen dabei sind.
Während Shakina zu Anfang in unserem neuen Gebäude auch am Computerkurs teilnehmen durfte, merkten wir schnell, dass ihr dafür einerseits noch die Englischkenntnisse und andererseits auch das das technische Verständnis fehlten. Gerne hätten wir ihr später noch einmal die Chance gegeben, an einem solchen Kurs teilzunehmen, allerdings konnte sie dafür nie die erforderliche Leistung in Englisch erbringen. Es ist schade, dass Shakina sich in schulischen Dingen oftmals selbst im Wege steht und es wäre so toll, wenn sie in den letzten 2 Schuljahren, die sie noch vor sich hat, vielleicht doch noch begreifen würde, was alles davon abhängt. Denn nach wie vor bin ich mir sicher, dass viel mehr in ihr steckt, als sie uns zeigen mag, auch wenn ich den Grund dafür nicht verstehen kann.
Entwicklung Shakina (Oktober 2015, geschrieben von Julia Fischer)
Aus dem aufmüpfigen Dickkopf Shakina ist eine junge Dame geworden, die ziemlich genau weiß, was sie will und was sie nicht will. Mit ihren guten Englischkenntnissen kann sie dies auch uns gegenüber sehr wohl zum Ausdruck bringen und nicht selten werden ihre Übersetzungskünste von uns oder den Praktikantinnen in Anspruch genommen.
Noch immer besucht Shakina die Englischnachhilfe, obwohl sie die letzte Unit, die unser Lehrplan im Angels Home umfasst, bereits letztes Jahr bestanden hat. In diesem Jahr geben wir Shakina noch einmal die Möglichkeit, einige Inhalte zu wiederholen und ihre Fähigkeiten zu vertiefen, da sie ab nächstem Schuljahr aus der Englischnachhilfe ausscheiden wird. Erstens hat sie dann alle Themengebiete abgearbeitet und zweitens wird sie im nächsten Jahr an den Nachmittagen ziemlich eingespannt sein, da Shakina dann die elfte und somit letzte Klassenstufe besucht und sich auf die Abschlussprüfungen im Dezember 2016 vorbereiten wird. Wie ihre Chancen auf das sogenannte O-Level (in etwa vergleichbar mit der Mittleren Reife in Deutschland) stehen, können wir schlecht einschätzen, da Shakina leider bis heute oftmals nicht zeigt, was in ihr steckt. Ihre Leistungen sind deshalb oft eher im unteren Bereich, so dass es nicht danach aussieht, als ob sie ihren Abschluss schaffen wird. Andererseits hatten wir auch schon Mädchen bei uns, die über die gesamte Schulzeit hinweg immer schlechte Ergebnisse hatten und sich dann am Ende so zusammengerissen haben, dass sie den Abschluss tatsächlich geschafft haben. Denn ziemlich oft – so auch bei Shakina – ist an den Leistungen mehr die Faulheit Schuld als Lernschwächen oder Unverständnis. Also warten wir einfach noch einmal ab, wie sich Shakina im nächsten Jahr schulisch entwickeln wird.
Shakina gehört zu denjenigen Mädchen, die nun schon am längsten bei uns sind und die Regeln und Abläufe in unserem Angels Home ziemlich genau kennen. Bei all diesen Mädchen habe ich mich für die diesjährigen Statusberichte mal nach ihren Zukunftsvorstellungen erkundigt.
Wenn man die mittlerweile 16-Jährige danach fragt, was sie später einmal werden möchte, so kommt erst einmal eine ganze Zeit lang gar nichts und dann schließlich ein verlegenes „I don´t know.“ (Ich weiß es nicht.) Doch nach weiterem Bohren und mit dem Ausschlussverfahren kommt man irgendwann dahinter, dass es noch immer ihr größter Wunsch wäre, später einmal Tanzlehrerin zu werden. Dafür jedoch würde die junge Dame auf jeden Fall einen Schulabschluss benötigen, um sich danach weiterqualifizieren zu können, sofern sie nicht nur ein paar Anfängerkurse für Kinder geben möchte, sondern Tanzen wirklich professionell lehren will. Sie ist sich darüber bewusst und deshalb scheint es ihr auch etwas peinlich zu sein, ihren Berufswunsch offen zu äußern, weil sie vermutlich selbst nicht daran glaubt, dass sie dies schaffen könnte.
Shakina möchte auf jeden Fall im kommenden Jahr noch bei uns bleiben, da sie ja dann in ihrem schulischen Abschlussjahr ist. Danach hat sie den Wunsch, zu ihrer Großmutter mütterlicherseits zu gehen, um bei ihr zu leben. Allerdings sind wir uns momentan noch nicht ganz sicher, ob das Jugendamt seine Zustimmung dazu geben wird, denn einerseits ist die Oma schon etwas älter und andererseits ist nicht ganz klar, ob Shakinas älterer Bruder auch noch immer dort lebt, der wohl nicht gerade den besten Einfluss auf seine Schwester hätte. Aber momentan müssen wir uns zum Glück noch nicht allzu viele Gedanken darüber machen, da Shakina auf jeden Fall erst einmal noch hier bleibt. Ende nächsten Jahres können wir dann darüber nachdenken, wie es mit ihr weitergehen soll. Und wer weiß – vielleicht schafft sie ja doch noch den Schulabschluss und möchte danach auch noch ihr A-Level machen, um ihrem Berufswunsch ein Stückchen näher zu kommen. Wir werden sehen.
Momentan wiegt Shakina bei einer Größe von 1,59 m zarte 42 kg und ist damit noch immer sehr zierlich und schlank. Allerdings muss man sich bei ihr keine Gedanken machen, dass sie zu wenig isst. Sie hat wohl einfach die genetische Veranlagung zu ihrer Figur und falls sie später wirklich professionelle Tanzlehrerin werden möchte, wird ihr das sicherlich nicht im Wege stehen. Solange sie sich gesund ernährt und sich weiterhin so gerne sportlich betätigt, ist alles im grünen Bereich.
Wir sind sehr froh darüber, dass sich Shakinas Charakter im vergangenen Jahr weiterhin gefestigt hat und wir eigentlich nur noch sehr selten Probleme mit ihr haben. Diese treten meist dann auf, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt oder wenn ihr etwas überhaupt nicht in den Kram passt. Dann kann sie gelegentlich auch noch dem (meist neuen) Personal gegenüber ziemlich frech werden. Aber zum Glück treten diese Situationen immer seltener auf und man hat das Gefühl, dass Shakina mehr und mehr ihre innere Mitte findet. So begegnet sie uns im Heimalltag meist als gutgelauntes, freundliches und hilfsbereites Mädchen, mit dem man sich gut und gerne unterhält.
Interview Shakina (August 2016, geschrieben von Julia Fischer)
Hinweis: Genau vor acht Jahren haben wir mit unseren ersten Mädchen im Angels Home begonnen, kleine Interviews durchzuführen und diese für die Statusberichte zu verwenden. Shakinas Interview ist nun ebenfalls schon so lange her und wir dachten, es könnte interessant werden, ihr genau die gleichen Fragen noch einmal zu stellen. Mal sehen, was dabei herauskommt!
1. Was isst du gerne?
Shakina: Nudeln sind sehr, sehr lecker!
2. Was trinkst du gerne?
Shakina: Ich mag Necto, das ist eine pinke Limonade.
3. Welche Farbe magst du am liebsten?
Shakina: Grün ist hübsch.
4. Wen magst du am liebsten von den Mädels im Heim?
Shakina: Meine Freundin Subashini.
5. Wen magst du am liebsten von den Angestellten im Heim?
Shakina: Dilrukshi, unsere neue Betreuerin.
6. Wenn du fliegen könntest, wo würdest du für 2 Wochen bleiben?
Shakina: Ich würde nach Sigiriya auf den Felsen fliegen.
7. Welches Tier magst du?
Shakina: Katzen.
8. Was möchtest du später werden?
Shakina: Am liebsten Tanzlehrerin!
9. Was magst du in der Schule und im Angels Home?
Shakina. Unseren Klassenraum in der Schule finde ich schön und im Kinderheim bin ich am liebsten in der Küche, weil da das Radio steht.
10. Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Shakina: Hauptsache, irgendetwas spielen.
11. Welchen Platz würdest du gerne einmal von Sri Lanka sehen?
Shakina: Ich war zwar schon einmal dort, aber ich würde sehr gerne noch einmal nach Kandy.
12. Welche berühmte Person möchtest du einmal treffen?
Shakina: Hrithik Roshan, das ist ein indischer Schauspieler.
13. Wenn du viel Geld hättest, was würdest du machen?
Shakina: Ich würde mir ein tolles Haus bauen!
14. Wenn du für einen Tag der Chef vom Angels Home wärst, was würdest du im Heim anders machen?
Shakina : Ich denke, ich würde unseren Zeitplan überarbeiten.
15. Welche Musik magst du?
Shakina: Singhalesische Musik.
16. Wenn du den singhalesischen Präsidenten treffen könntest, was würdest du ihm sagen?
Shakina: Das weiß ich nicht.
Mit einer Größe von 1,60 m gehört Shakina zu einem unserer größten Mädchen im Angels Home. Dabei wiegt sie gesunde 44 kg und ist damit ziemlich schlank, allerdings kann man auch nicht sagen, dass sie zu dünn ist. Nur selten klagt Shakina über körperliche Beschwerden, stattdessen ist sie sehr aktiv und sportlich. Wenn andere, vor allem kleinere Mädchen, jedoch krank sind, kann sich die 17-Jährige sehr liebevoll und rührend kümmern. Hier kommt dann ihre einfühlsame Ader sehr stark zum Ausdruck.
Während es früher mit Shakina regelmäßig Probleme gab, weil sie bockte, log oder auch mal heimlich Sachen von den anderen Mädchen entwendet hat, so hatte sie sich eigentlich in den letzten 2-3 Jahren zu einer sehr vernünftigen und verantwortungsbewussten jungen Dame entwickelt, die nur noch selten Widerworte gab oder Streitereien anfing. Dennoch muss ich sagen, dass wir uns kürzlich auch wieder sehr über Shakina geärgert haben, da sie uns Ende März einfach falsche Prüfungsergebnisse mitgeteilt hat, laut denen sie sich im Durchschnitt um ca. 20 Punkte verbessert hatte. Wir haben uns riesig über ihre Leistungen gefreut und auch keinerlei Verdacht gehegt, da wir ja eigentlich immer schon dachten, dass Shakina schulisch mehr aus sich rausholen könnte, wenn sie es nur will. Leider kam kürzlich der große Hammer, als wir im Zuge der aktuellen Prüfungsergebnisse mit der traurigen Wahrheit konfrontiert wurden. Shakina hatte alle Prüfungsergebnisse gefälscht und wollte dies bei den aktuellen Noten ebenfalls so machen. Nachdem unsere Matron ihre Schwindelei jedoch aufgedeckt hatte, war die Enttäuschung natürlich groß. Nicht genug, dass sie uns über 4 Monate hinweg die Musterschülerin vorgespielt hat – nein, sie wollte sogar die neuen Ergebnisse auch wieder besser aussehen lassen, als sie tatsächlich sind. Dabei sind ihre realen Leistungen mehr schlecht als recht: Im Durchschnitt kann sie noch nicht einmal ein Fünftel der geforderten Gesamtpunktzahl erreichen.
Meine persönliche Theorie für dieses Verhalten ist ziemlich simpel: Als uns unsere Heimälteste Dinesha Ende März verlassen hat, wollte Shakina um jeden Preis deren Platz einnehmen. Dinesha war stets ein Vorzeigemädchen mit tollem Charakter und guten Ergebnissen in der Schule. Um ihr das Wasser reichen zu können, fehlte Shakina im Prinzip nur Letzteres. Selbst ihre Englischkennnisse konnte sie in der letzten Zeit soweit ausbauen, dass man sich problemlos mit ihr über alles Mögliche verständigen kann. Somit wurde Shakina nach Dineshas Auszug immer häufiger gebeten, uns beim Übersetzen zu helfen oder kleine organisatorische Aufgaben zu übernehmen. Vermutlich dachte sie dann, dass wir sie als gute Schülerin noch mehr schätzen würden und hat deshalb die guten Ergebnisse erfunden, um uns zu beeindrucken. Dies ist ihr tatsächlich gelungen und für einige Monate waren wir sehr, sehr stolz auf Shakina. Schade, dass wir letztendlich mit der bitteren Wahrheit konfrontiert wurden, denn nun ist die Enttäuschung umso größer.
Dabei hat die Teenagerin auch so viele tolle Eigenschaften. Sie erledigt zuverlässig ihr übertragene Aufgaben und kann dabei auch viel Verantwortung übernehmen. Außerdem beweist sie Durchsetzungsvermögen und Dominanz gegenüber den anderen Kindern, allerdings auf einer freundlichen Ebene und ohne jemanden schlecht zu behandeln. Es ist so schade, dass sie nicht diese Fähigkeiten nutzt, um sich in den Vordergrund zu drängen und auf sich aufmerksam zu machen.
Bereits im Dezember dieses Jahres wird Shakina ihre Abschlussprüfungen für das sogenannte O-Level ablegen, was in etwa vergleichbar mit der mittleren Reife in Deutschland ist. Nach dem aktuellen Desaster haben wir jedoch kaum noch Hoffnung, dass Shakina diesen Abschluss schaffen wird. Dabei bin ich noch immer der Meinung, dass die 17-Jährige keinesfalls dumm ist, sondern einfach zu faul oder teilweise auch durch ihre Vergangenheit so geprägt, dass sie eine innere Lernblockade nicht überwinden kann.
Wie es nach der Schule mit Shakina weitergehen soll, können wir derzeit noch nicht einschätzen. Sie selbst macht in letzter Zeit weiniger den Eindruck, als ob sie das Angels Home so schnell wie möglich verlassen möchte. Auch die Option mit dem Einzug bei ihrer Großmutter ist mittlerweile hinfällig, da die Frau wirklich zu alt ist, um sich angemessen zu kümmern. Die Alternative wäre, dass Shakina zurück zu ihrer Mutter und ihrem Stiefvater geht, doch ich denke, dies kommt für sie absolut nicht in Frage, da sie ein sehr schlechtes Verhältnis zu ihnen hat und in den letzten Jahren auch die Ferienbesuche zu Hause ablehnte.
Gerne würden wir Shakina auch eine Ausbildung in unserem Trainingscenter ermöglichen, wenn sie das möchte, allerdings wird es nun erst einmal einige Zeit brauchen, bis wir ihr wieder vertrauen können und neue Hoffnungen in sie stecken können. Es ist sehr schade, dass es mit Shakina in all den Jahren ein ständiges Auf und Ab ist und wir hoffen sehr, dass sie irgendwann ihren Weg finden wird und wir sie dabei begleiten dürfen.
Auszug (September 2016)
Leider spitzten sich die Probleme mit Shakina weiterhin zu. Auf mehrfachen Hinweis von uns, dass sie sich hier im Angels Home genau wie die anderen Mädchen an ein paar einfache Regeln halten muss, entschied sich Shakina dazu, zurück zu ihrer Mutter zu gehen. Diese willigte ebenfalls ein, auch wenn die Beiden in den letzten Jahren definitiv nicht das beste Verhältnis zueinander hatten. Wir verabschieden uns mit sehr gemischten Gefühlen von Shakina und hoffen sehr, dass sie uns eines Tages etwas besser verstehen kann als jetzt und dass sie später gerne an ihre Kindheit im Angels Home denken wird.
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