M. Sashini Madushika
M. Sashini Madushika ist am 18.03.2004 in Karuwalagaswewa geboren. Sie ist Buddhistin und kam mit ihren beiden anderen Schwestern am 13.11.2011 zu uns ins Angels Home.
Die Familie besteht aus 7 Mitgliedern, den Eltern und den 5 Mädchen. Die älteste Tochter ist 17 Jahre, ist verheiratet und wohnt von daher nicht mehr bei ihrer Familie. Die Mutter hat die Familie vor ca. einem Jahr verlassen. Kontakt zu ihr besteht nicht mehr. Der Vater muss sich allein um seine 4 Töchter kümmern. Er arbeitet schwer und bemüht sich, hat aber keinen dauerhaften Job. Am 13.11.2011 sind die 3 kleinen Geschwister aufgrund einer Elefantenattacke in das Angels Home for Children gekommen, da in der Nacht vom 12.11. auf den 13.11.2011 ein Elefant das kleine, ärmliche Haus der Familie zerstört hat und diese nun obdachlos ist. Die 2. älteste Tochter lebt nun bei ihrer Großmutter. Die anderen 3 Mädchen leben im Angels Home. Alle 3 Kinder können sehr gut kochen, selbst die jüngste mit ihren 6 Jahren. Nach der Schule mussten sie immer für alle Familienmitglieder kochen. Im Angels Home haben sie jetzt sehr gute Lebensbedingungen und entwickeln sich von Tag zu Tag mehr.
Auch die Patenschaft für Sashini konnten wir recht bald vergeben, worüber wir uns sehr gefreut haben.
Die Entwicklung von Sashini im Jahr: 2013, 2014, 2015, 2016
Interview Sashini Madushika (Juli 2012, geschrieben von Inga Sangermann)
Hinweis: Auch bei den diesjährigen Statusberichten sollte unser Interview wieder zum Einsatz kommen. Diesmal bei all denjenigen Mädchen, denen die Fragen zu ihren Vorlieben und Eigenschaften in der Vergangenheit noch gar nicht gestellt wurden. Außerdem haben wir das Interview für die Mädchen genutzt, die erst seit diesem Jahr im Angels Home leben und bei denen es noch schwierig ist, einen umfangreichen Entwicklungsbericht zu schreiben. Nichtsdestotrotz haben sich die Praktikantinnen Inga, Snjezana und Marie größte Mühe gegeben, zu jedem Mädchen zumindest einen kurzen Text mit ihren persönlichen Einschätzungen zu verfassen.
1. Was isst du gerne?
Sashini: Ich esse gerne Kartoffeln.
2. Was trinkst du gerne?
Sashini: Ich trinke gerne Coca Cola.
3. Welche Farbe magst du am liebsten?
Sashini: Meine Lieblingsfarbe ist pink.
4. Wen magst du am liebsten von den Mädels im Heim?
Sashini: Am liebsten mag ich meine Schwester Asitha.
5. Wen magst du am liebsten von den Angestellten im Heim?
Sashini: Premalattha mag ich am liebsten.
6. Wenn du fliegen könntest, wo würdest du für zwei Wochen bleiben?
Sashini: Ich würde gerne nach Deutschland fliegen.
7. Welches Tier magst du?
Sashini: Ich liebe Elefanten.
8. Was möchtest du später werden?
Sashini: Ich möchte später Lehrerin werden.
9. Was magst du in der Schule und im Angels Home?
Sashini: In der Schule mag ich Mathematik und im Angels Home mag ich die Blumen.
10. Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Sashini: Ich spiele gerne draußen.
11. Welchen Platz würdest du gerne einmal von Sri Lanka sehen?
Sashini: Ich möchte gerne mal nach Colombo fahren.
12. Welche berühmte Person möchtest du einmal treffen?
Sashini: Ich würde gerne den Präsidenten von Sri Lanka treffen.
13. Wenn du viel Geld hättest, was würdest du machen?
Sashini: Ich würde ein Haus bauen.
14. Wenn du für einen Tag der Chef vom Angels Home wärst, was würdest du im Heim anders machen?
Sashini: Ich würde mehr Blumen kaufen.
15. Welche Musik magst du?
Sashini: Ich mag gerne singhalesische Lieder.
16. Wenn du den singhalesischen Präsidenten treffen könntest, was würdest du ihm sagen?
Sashini: Das weiß ich nicht.
Sashini wiegt 19 kg und erreicht eine Größe von 1,12 m. Sie ist ein für ihr Alter von acht Jahren normal entwickeltes und körperlich gesundes Mädchen.
Gemeinsam mit Shehara, Piumi, Nirosha, Maduwanthi und Kalpeni besucht sie die dritte Klasse der örtlichen, staatlichen Schule. Sie geht zwar gerne zur Schule, hat aber nicht wirklich Lust, dafür zu lernen oder die Hausaufgaben ordentlich zu machen. Deshalb benötigt sie noch recht viel Unterstützung des Personals, um die Hausaufgaben anständig zu erledigen.
In der Englisch-Nachhilfe weist Sashini schon einen beachtlichen englischen Wortschatz auf und hat eine gute Auffassungsgabe. Auch der Abruf von gelernten Wörtern gelingt ihr sehr gut. Sie ist sichtlich stolz, wenn sie Wörter, die sie in einer Woche neu erlernt hat, in der darauffolgenden Woche noch abrufen kann. Besonderen Spaß macht ihr das Auswendiglernen von englischen Liedern oder Reimen. Bei der Hausaufgabenbetreuung rezitiert sie diese gerne, um sich vor den eigentlichen Aufgaben zu drücken. Das Lesen von englischen Wörtern bereitet ihr noch Schwierigkeiten. Da sie in der Schule aber auch gerade erst mit dem Englischunterricht angefangen hat und das Lesen-Üben in Sri Lanka generell oftmals vernachlässigt wird, ist sie da kein Einzelfall.
Gemeinsam mit Madushika ist sie das stärkste Mädchen in ihrer Nachhilfegruppe. Weiß Madushika jedoch mal etwas mehr als Sashini, ist diese schnell beleidigt und zieht sich zurück. Weiß sie dann aber wieder etwas, ist sie genauso schnell wieder selbstbewusst und glücklich.
Auch beim Spielen hat Sashini eine recht geringe Frustrationstoleranz und ist, genau wie ihre jüngere Schwester Asitha, sehr nah am Wasser gebaut.
In der Spielzeit sieht man sie meistens gemeinsam mit Asitha spielen. Momentan ist das Lieblingsspiel der beiden das Hüpfspiel Talobata, bei dem ein Stein oder ein Mangokern mit dem Fuß von einem Kästchen in das nächste befördert werden muss, und das auf nur einem Bein. Aus wilderen Mannschaftsspielen hält sie sich meistens eher raus.
Sashinis Schrank ist meistens sehr aufgeräumt und auch bei der Körper- und Kleidungspflege ist sie sehr selbstständig. Ihre täglichen Aufgaben erledigt sie zumeist pflichtbewusst.
Entwicklung Sashini (September 2013, geschrieben von Lisa Völkel)
Unsere große Sashini ist jetzt 9 Jahre alt und besucht die vierte Klasse. Mit einem Gewicht von 22 kg und einer Größe von 121 cm ist sie in ihrem Alter entsprechend entwickelt. Im Vergleich zum letzten Statusbericht vor ca. einem Jahr ist sie ein ganzes Stück gewachsen. Allerdings ist das nicht der Grund, weshalb sie hier immer nur mit „loku Sashini“ (große Sashini) angesprochen wird, sondern wir haben neben ihr auch noch eine kleine Sashini.
Sashini braucht eine Weile, ehe sie sich an neue Leute herantraut, aber sie macht das auf eine schüchterne, freundliche Art, sodass man sie gleich ins Herz schließt. Besonders gerne hat sie es, wenn sie einem die Haare machen kann und als sie aus den Ferien wiederkam, hat sie mich zuallererst gefragt, wer denn bloß meine Haare in der ganzen Zeit gemacht hat.
Auf meine Antwort „Ich selbst“ schüttelte sie nur fassungslos den Kopf und platzierte sich sofort zur nächsten Attacke auf mein Haar.
Wenn sie also nicht gerade an ihrer Zukunftsvision als Frisörin feilt, spielt sie gerne mit den anderen Kindern ihres Alters oder ihrer Schwester Asitha. Dabei ist sie genauso ausgelassen und mit Spaß bei der Sache, wie es ihrem Alter entspricht und ist allgemein gut in den Kreis der Mädchen integriert. Während sie noch vor einem Jahr nur zögerlich ihre sozialen Kontakte ausbaute und hauptsächlich mit ihrer Schwester spielte, so ist davon mittlerweile nichts mehr zu spüren und beide Mädchen sind gut in das soziale Gefüge des Heims eingegliedert.
Sashini sucht aktiv nach der Aufmerksamkeit der Praktikantinnen und ist manchmal etwas ungehalten, wenn sie diese mit anderen Mädchen teilen muss. Hier muss sie noch lernen, besser mit solchen Situationen umzugehen.
Ihr Englisch ist mehr als erstaunlich und sie hat keine Scheu mit uns Praktikantinnen zu reden. Auch wenn sie nicht immer alles versteht oder selbst nicht ganz weiß, wie sie ihre Antwort jetzt ausdrücken soll, fällt ihr immer ein Weg ein, es anders zu sagen oder zu umschreiben.
Mit ihren Schwestern versteht sie sich sehr gut und ist auch bedrückt, wenn es einer von ihnen mal nicht gut geht. Manchmal zankt sie sich mit ihrer kleinen Schwester Asitha beim Spielen oder bekommt von ihrer großen Schwester Shashikala Ärger wegen irgendetwas, aber es gibt wohl kaum Schwestern auf der Welt, denen das nicht passiert. Desöfteren kann man auch beobachten, dass sie mit ihrer ganz großen Schwester Ayesha still zusammen sitzt und ihr bei der Haarpflege hilft.
Wenn sie und ihre Schwestern Besuch von ihrem Vater oder der Großmutter bekommen, freuen sie sich wie die kleinen Schneekönige. Dann strahlt das Gesicht und zeigt bei Sashini die erste Reihe bleibender Zähne.
Entwicklung Sashini (Oktober 2014, geschrieben von Julia Fischer)
Gemeinsam mit ihren Schwestern Asitha, Shashikala und Ayesha ist Sashini vor knapp drei Jahren zu uns ins Angels Home gekommen. Ihre anfängliche Scheu und die ausschließliche Fixierung auf ihre Schwestern hat das Mädchen schnell abgelegt und ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Sozialgefüges in unserem Kinderheim geworden.
Ihr Doppelstockbett und ihren Schrank teilt sich Sashini mit der 16-jährigen Dananjani, die darauf achtet, dass die Betten morgens ordentlich gemacht werden und Ordnung im gemeinsamen Kleider- und Schulschrank herrscht. Zwar muss Sashini dabei gelegentlich noch ermahnt werden, aber im Großen und Ganzen achtet sie gut auf ihre Sachen und hat eher ein Problem damit, ihre eigenen Habseligkeiten mit anderen Mädchen zu teilen.
Wie auch bei den Statusberichten in den vergangenen Jahren habe ich mich bei denjenigen Mädchen, die schon länger bei uns im Angels Home leben, vordergründig mit der singhalesischen Akte auseinandergesetzt, um die Familiengeschichte und deren Veränderungen ein wenig zu beleuchten.
Die familiären Verhältnisse der 4 Schwestern sind ziemlich verworren und tragen nicht unbedingt zu einer gesunden Sozialentwicklung der Mädchen bei. Sashinis leibliche Eltern haben in einem recht jungen Alter geheiratet und mit der Familiengründung begonnen. Innerhalb von 11 Jahren hat das Paar 5 Kinder in die Welt gesetzt, allesamt Mädchen, was in Sri Lanka nicht unbedingt mit großer Freude über den Nachwuchs verbunden ist. Als die älteste Tochter ca. 16 Jahre alt und das Nesthäkchen Asitha etwa 5 Jahre alt war, hat die leibliche Mutter der Mädchen ihren Ehemann verlassen und sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Staub gemacht. Zum damaligen Zeitpunkt vermutete der Vater bereits eine Affäre mit einem anderen Mann, wegen dem sie ihre Familie im Stich gelassen hat. Lange Zeit gab es daraufhin überhaupt keinen Kontakt zwischen den Mädchen und ihrer Mutter.
Der Vater hat die Kinder zunächst allein versorgt und sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Unterstützung bei der Betreuung der Mädchen erhielt er dabei von seiner Mutter, die ebenfalls in der Nähe des recht einfachen und eigentlich viel zu kleinen Haus lebte. Schon recht früh mussten die 3 ältesten Töchter, so auch Sashinis Schwestern Ayesha und Shashikala, bei der Haushaltsführung helfen, da ihre Großmutter mit der Versorgung der 5 Mädchen grenzenlos überfordert war. Aus diesem Grund besuchten die Mädchen nur noch unregelmäßig die Schule, geschweige denn hatten sie Zeit und Lust für Hausaufgaben oder selbstständiges Lernen. In der wenigen Freizeit, die ihnen blieb, streiften sie mit Nachbarskindern durch die Straßen, wobei sich keiner so recht darum kümmerte, was die Mädchen unternahmen oder mit wem sie zusammen waren. Die Lebensverhältnisse der Familie verschlechterten sich zunehmend und nachdem der Vater aufgrund von zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit mit dem Trinken begonnen hatte, wurde die Situation immer auswegloser. Die älteste Tochter hat dies wohl auch erkannt und ihr Elternhaus bereits mit 17 Jahren verlassen, um zu heiraten und ihre eigene Familie zu gründen. Von da an waren die damals 14-jährige Ayesha und ihre jüngeren Schwestern allein für die Haushaltsführung verantwortlich. Vor diesem Hintergrund kann man es fast als ein Wunder betrachten, dass die Familie quasi über Nacht obdachlos wurde als ein wilder Elefant auf Futtersuche das kleine Haus zerstörte. Daraufhin übernahm das örtliche Jugendamt die Fürsorge für die Kinder und so kamen sie schließlich zu uns in Angels Home.
Mittlerweile haben die 4 Schwestern gelegentlich auch wieder Kontakt zu ihrer Mutter, die sich damals kurz nach ihrem Auszug mit einem neuen Lebensgefährten nach Kuwait absetzte, wo sie bis heute lebt und arbeitet. Sie zeigt keinerlei Reue für ihr damaliges Verhalten und versucht bei gelegentlichen Anrufen, den Vater für ihre Entscheidung verantwortlich zu machen, indem sie ihn bei den Kindern schlecht redet. Zumindest hat sich die älteste Tochter trotz früher Familiengründung einigermaßen positiv entwickelt und kann ihrem Vater und ihrer Großmutter in ihrem neuen Zuhause eine Unterkunft bieten. Dort verbringen Sashini und ihre 3 anderen Schwestern nun auch gelegentlich ihre Schulferien. Dass sie dabei regelmäßig mit der Alkoholsucht und den wechselnden Affären ihres Vaters konfrontiert werden, scheint das hiesige Jugendamt nicht bedenklich zu finden und wir wundern uns immer wieder darüber, dass weder ihm, noch der Mutter das Umgangsrecht mit den Kindern entzogen wird.
Es ist erstaunlich, dass sich Sashini trotz dieser schwierigen Familienverhältnisse bei uns so gut entwickelt, auch wenn man ihr – genau wie ihren Schwestern – gelegentlich anmerkt, dass sie Probleme mit sozialen Bindungen hat. Mit ihren 10 Jahren ist Sashini körperlich vollkommen normal entwickelt und bei einer Größe von 1,26 m und einem Gewicht von 27 kg auch sehr gesund. Ihre schulischen Leistungen sind gutes Mittelmaß, wobei wir uns alle einig sind, dass sie viel besser sein könnte, wenn sie ihre Faulheit öfter besiegen würde.
Entwicklung Sashini (August 2015, geschrieben von Melanie Pink)
S wie spitzbübisch
A wie aberwitzig
S wie stur
H wie hilfsbereit
I wie interessiert
N wie nachdrücklich
I wie informativ
Unsere große Sashini, wie sie aufgrund ihrer jüngeren Namensvetterin gerufen wird, ist die zweitjüngste von vier Schwestern, die im Angels Home ihr neues Zuhause gefunden haben. Die fünfte und älteste Schwester lebt in der Nähe der Eltern. Alle vier Mädchen freuen sich zwar sehr, meist in den Ferien nach Hause gehen zu dürfen, doch man hat das Gefühl, dass sie sich auch im Angels Home wohl fühlen.
Wenn man Sashini ein wenig beobachtet, sieht man, dass sie sich hier gut integriert und eingelebt hat, auch wenn sie, genau wie ihre Schwestern, anfangs etwas misstrauisch gegenüber neuen Praktikantinnen ist. Mit eindringlichen und interessierten Blicken wird jede „Neue“ von Sashini erst einmal gründlich unter die Lupe genommen, bevor das überaus hilfsbereite und offene Mädchen die ersten Informationen über Namen und Verwandtschaftsverhältnisse der Praktikantinnen wissen möchte. Diese Angaben merkt sie sich dann auch sehr gut und kann einem auch Wochen später noch spitzbübisch zurufen: „Your tata’s name, Anton, ne?“, was so viel heißt wie „Der Name deines Vaters ist Anton, richtig?“
Ihre Englischkenntnisse sind sehr gut und sie ist eine der treibenden Kräfte in den Nachhilfestunden, wo sie viele Übungen als Erste lösen kann, obwohl auch die anderen Kinder ihrer Gruppe kein schlechtes Sprachniveau haben. Sowohl bei schriftlichen, als auch bei mündlichen Aufträgen kann Sashini viele Aufgaben gut bewältigen, wobei ihr aufgrund ihrer überhasteten Art immer wieder unnötige Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. Wenn man sie darauf hinweist, kann sie ziemlich störrisch reagieren und sich derartig in die Situation hineinsteigern, dass sogar Tränen fließen können. Ignoriert man diesen Zustand, beruhigt sie sich auch recht schnell wieder und man kann mit einem neuen Thema fortfahren. Sashini zeigt an der englischen Sprache großes Interesse und man kann sie wunderbar für Übersetzungsarbeiten mit jüngeren oder sprachlich schwächeren Mädchen zu sich rufen. Dabei zeigt sie sich sehr geduldig mit den Jüngeren und will überall mithelfen. Ihre gewitzte Art und ihre guten Sprachkenntnisse ermöglichen der 11-Jährigen öfter einmal die ungeteilte Aufmerksamkeit einer Praktikantin. Als Singhalesisch-Lehrerin für die Praktikantinnen schreibt sie geduldig die Schriftzeichen für „Ich komme aus Österreich und meine Lieblingsfarbe ist blau.“ oder andere einfache Sätze auf und macht deutlich vor, wie man diese ausspricht, damit man die Lautschrift darunter schreiben kann. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass das intelligente Mädchen später einmal als Lehrerin arbeiten wird, denn das ist nach wie vor ihr Berufswunsch.
Was ihr hier und da im schulischen Bereich, aber auch in vielen Freizeitaktivitäten, im Wege steht, ist ihre Sturheit. Dabei kippt ihre Stimmung von einem zum anderen Moment. Zum Bespiel liebt Sashini es, fotografiert zu werden und posiert auch gerne wie eine Große. Dabei überspannt sie aber auch oft den Bogen und fordert immer mehr Bilder, die sie dann auch sofort ansehen möchte. Auf ein klares Nein reagiert sie trotzig mit stampfenden Füßen, verschränkten Armen und wütend funkelnden Augen. Wenn sie sieht, dass sie damit nicht weit kommt, fängt sie bitterlich an zu weinen. Es kann passieren, dass man dann den gesamten restlichen Tag nur noch böse Blicke von ihr erntet, doch schon am nächsten Tag scheint alles vergessen und man wird mit einem verschmitzten Lächeln begrüßt.
Was ihre kleine Schwester Asitha betrifft, so ist Sashini sehr darauf bedacht, diese zu beschützen. Die Beiden verbringen vor allem beim Spielen sehr viel Zeit miteinander und sind sich in vielen Reaktionen sehr ähnlich. Beispielsweise brechen sie sehr leicht in Tränen aus, wenn etwas nicht nach ihrem Willen geht. Im Hinblick auf Pflichtbewusstsein und Einhalten von Regeln, kann sich Sashini leider auch keine ihrer beiden älteren Schwestern als Vorbild nehmen, da diese ebenso nicht immer gewillt sind, Regeln von sich aus zu befolgen, sondern beispielsweise beim Waschen gerne einmal – stets mit einem unschuldigen Grinsen – über die Stränge schlagen. Vielleicht rührt dieses Ausnutzen von Ressourcen daher, dass sie einfach früher nicht die Mittel hatten, die ihnen hier ausreichend zur Verfügung stehen. Ansonsten haben die vier Schwestern Ayesha, Shashikala, Sashini und Asitha ein gutes Verhältnis, wobei Sashini und Asitha die engste Freundschaft zu verbinden scheint und sich Sashini im Umgang mit ihrer kleinen Schwester sehr protektiv zeigt.
Die 1,32 m große Sashini wiegt zurzeit 25 kg und ist ein verspieltes Mädchen, das sich sehr gerne bewegt. Dass sie trotz zunehmender Größe im Vergleich zum letzten Jahr 2 kg abgenommen hat, ist deshalb nicht weiter bedenklich. Sie ist eine begeisterte Seilspringerin und bei sämtlichen Gartenspielen und auch beim Volleyball aktiv dabei. Weil sie öfter einmal einen sehr kommandierenden Ton an den Tag legt, kommt es zwischen ihr und kleineren Mädchen immer wieder zu kleinen Auseinandersetzungen, die entweder damit enden, dass Sashini ihren Willen durchsetzt oder mit energischen Schritten davongeht. Dass Sashini durch ihre Sturheit auch sehr oft genau das bekommt, was sie gerne haben möchte, macht wohl diesen Charakterzug zu ihrem augenscheinlichsten. Wenn sie etwas haben möchte, muss man ihrem eindringlichen „Aaahneee, pleeeease!“ entweder ziemlich hart Einhalt gebieten und am besten den Raum verlassen, um wegen ihren Tränen nicht doch noch weich zu werden. Oder eine weitere Möglichkeit, ihr fast schon flehentliches Bitten zu beenden, ist das Nachgeben, indem man ihr den gewünschten Gegenstand aus dem Bastelzimmer gibt. Dafür erntet man dann ein strahlendes Lächeln und ein perfekt ausgesprochenes „Thank you!“, bevor sie stolz davongeht. Ich hoffe, dass Sashini in den nächsten Jahren noch lernt, nicht so sehr auf manche Dinge zu bestehen und auch ein Nein zu akzeptieren. Mit ihrem tollen Sprachgefühl und ihrer Hilfsbereitschaft kann sie sich zu einer intelligenten jungen Dame entwickeln, die viele ihrer Ziele erreichen wird.
Sashini wurde zurück zu ihrem Vater entlassen und wird von nun an wieder dort leben. Leider hatten wir in den vergangenen Wochen große Probleme mit Sashini, die besonders seit dem Auszug der großen Schwester Ayesha sehr häufig Wutanfälle bekommen hat und ständig den Wunsch äußerte, ebenfalls nach Hause zu wollen. Dies ging leider so weit, dass sie auch gewalttätig wurde gegenüber anderen Mädchen und sogar unserem Personal. Außerdem wollte sie oft abhauen und marschierte mit ihrem gepackten Rucksack zu unserem Tor heraus. Die Situation war schließlich so drastisch, dass wir dem Jugendamt mitteilen mussten, dass wir keine Verantwortung mehr für Sashini übernehmen können. Man muss ja auch immer an die anderen Mädchen und den Schutz des betreffenden Kindes denken. Jedenfalls hat das Jugendamt dann mit dem Papa der Mädchen und auch mit der ältesten Schwester gesprochen, die ja bereits ihre eigene kleine Familie hat. Man hat sich dann dazu entschieden, dass Sashini wieder nach Hause gehen kann, denn die andere Option wäre der Wechsel in ein anderes Kinderheim gewesen und das wollten ihr ihre Angehörigen dann wohl doch nicht antun.
Wir freuen uns für Sashini, dass sie nun wieder zu Hause leben kann und hoffen sehr, dass sie sich dort wieder normal benimmt und ihre überschüssige Energie lieber in schulische Angelegenheiten investiert. Wir sind uns auch sicher, dass ihr Vater und die große Schwester sich gut um Sashini kümmern werden und wir sind eigentlich auch guter Hoffnung, dass sie uns hin und wieder besuchen wird, da ja noch 2 ihrer Schwestern weiterhin bei uns leben.
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