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Blogs von Julia

Sollen wir da wirklich hoch???

Adams PeakTja, wer hätte das gedacht? Da gibt es doch tatsächlich schon wieder einen Grund zum Tagebuch-Schreiben. Diese Geschichte kann ich euch einfach nicht vorenthalten!

Die meisten von euch wissen ja, dass ich seit 2010 einmal pro Jahr den Heiligen Berg „Sri Paada“ (besser bekannt als Adam´s Peak) bezwinge. Das hat sich irgendwie so zum Brauch entwickelt, denn ich finde, einmal im Jahr kann man diese Anstrengung auf sich nehmen, um den spektakulärsten Sonnenaufgang der Welt zu sehen. Wie auch immer…

Zurück aus meinem Deutschlandurlaub war mir klar, dass es nun langsam Zeit wird für den Berg, denn immerhin möchte ich im Januar (dann quasi gleich für 2017) mit meinen Freunden hoch und allzu kurz sollte der Abstand dann auch nicht sein. Also entschloss ich mich letzte Woche spontan für meinen Trip nach Delhousie in der Nähe von Hatton. Die Wettervorhersagen verhießen nichts Gutes, aber man kann auch nicht davon ausgehen, dass dies bis Ende des Jahres noch einmal besser wird, wohl eher schlechter. Also einfach den am besten vorhergesagten Tag rausgesucht und los geht´s…

Frank brachte den glorreichen Vorschlag, ich könnte doch diesmal unsere beiden Großen Nadisha und Charitha mitnehmen, die ohnehin nicht mehr zur Schule gehen, sondern täglich im Angels Home bei der Haus- und Gartenarbeit fleißig helfen. Also warum eigentlich nicht? Es war ja schon immer mein Wunsch, den Berg auch mal als Heimausflug mit den älteren Mädchen in Angriff zu nehmen, allerdings ist es eben auch nicht so ganz ungefährlich. Bei den ersten Auserkorenen machte ich mir da allerdings überhaupt keine Gedanken. Wer Charitha und Nadisha kennt, der weiß, dass die Beiden richtige Power-Girls sind, die so schnell nichts aus den Latschen haut. Muskelkraft, Ausdauer und Zähigkeit sind ihre Stärken, da könnte sich manches deutsche Mädel eine Scheibe abschneiden (ähm… ich eingeschlossen). Ich habe also zugestimmt und den Mädels damit schon mal ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert. Gott sei Dank hat auch das Jugendamt sein Okay gegeben und so konnten die Vorbereitungen beginnen: Taschenlampen aufladen, warme Klamotten zusammensuchen, Strümpfe und festes Schuhwerk bereitlegen, Hotel buchen und früh ins Bett gehen, um am nächsten Tag fit zu sein.

Wir starteten ca. um halb sieben Richtung Hauptstraße, wo wir den Bus nach Colombo nahmen. Während ich mit meinem Hautvorteil ziemlich schnell einen Sitzplatz bekam, mussten Nadisha und Charitha fast die gesamte Strecke stehen. Dennoch brachten auch gefühlte hundert Versuche, ihnen meinen Sitzplatz anzubieten, keinen Erfolg, denn das lehnten sie in typisch-zurückhaltender- zuvorkommender Angels-Home-Manier rigoros ab.

Zug fahren in Sri LankaSchöne Touren mit dem ZugIn Colombo mussten wir uns ein wenig beeilen, um den Badulla-Zug um 9.45 Uhr zu erwischen, der uns in die Berge nach Hatton bringen sollte. Als wir dann schließlich am Bahnsteig standen und die 19-jährige Nadisha mir voller Freude verriet, dass sie nun gleich das erste Mal in ihrem Leben mit dem Zug fahren würde und Charitha schließlich zustimmend nickte, wurde mir wieder bewusst, wie wenig unsere Mädels doch eigentlich haben. Umso mehr freute ich mich mit ihnen über die einfahrenden Wagons und dieses Hochgefühl wurde sogar noch getoppt, als wir schließlich trotz des großen Menschengedrängels noch alle drei einen Sitzplatz bekamen. Damit war der Tag gerettet, denn schließlich sollten wir nun 5 Stunden in diesem Zug sitzen.

 Badulla-ZugMit dem Zug durch die BergeJe höher wir kamen, umso frischer wurde die Luft und umso schweigsamer meine Mädels. Nun gut, hat ja auch keiner behauptet, dass körperliche Stärke mit Gesprächigkeit einhergeht. Mir war schon klar, dass ich mir da nicht gerade die größten Schnattertaschen aus dem Angels Home ausgesucht hatte… lächelnd

Als wir endlich gegen drei Uhr am Nachmittag in Hatton ankamen, waren Nadisha und Charitha schon ziemlich kaputt. Doch da half alles nichts; nun hieß es noch einmal eine Stunde TukTuk fahren, um nach Delhousie zu kommen, dem Ort am Fuße des Adam´s Peak. Ein Fahrer war schnell gefunden und dieser ließ es sich auch nicht nehmen, uns auf dem Weg zum Berg noch ein paar Hotspots zu zeigen.

Von Hatton nach DellhousieWasserfälle in Sri LankaEtwa ab der Hälfte der ca. 30 km langen Fahrt von Hatton nach Delhousie kann man den Heiligen Berg hin und wieder von allen Seiten sehen. Mein persönliches Highlight unserer 2-tägigen Tour war exakt der Moment, als Charitha und Nadisha ihren Sri Paada das erste Mal live und in seiner vollen Größe vor sich hatten. Ihnen ist quasi ALLES aus dem Gesicht gefallen; die Augen wurden groß, die Kinnlade klappte herunter und die vom frischen Wind völlig zerzausten Haare machten den Anblick nicht unbedingt besser. Völlig ungläubig und den Blick kaum vom Berg lösend schauten sie mich an und fragten: „Sollen wir da wirklich hoch?“ – „Ja, Mädels, sollt ihr! Hat ja keiner behauptet, dass das hier einfach wird.“ lächelnd

Der erste Blick auf den BergZwar waren Charitha und Nadisha heilfroh, als wir irgendwann endlich in unserem Guesthouse angekommen sind, aber auch dort wartete Einiges auf sie, womit sie grenzenlos überfordert waren: zuvorkommendes Personal, das sich nach ihrem Befinden erkundigte, ein großes Himmelbett mit frischer Bettwäsche extra für sie, ein eigenes Badezimmer mit Handtüchern, eine Bedienung im Restaurant und viel zu heißes Essen für ihre Finger. Ich glaube, sie waren einfach nur erleichtert, als wir irgendwann in unser Dreier-Zimmer gegangen sind (Ich hatte das Zustellbett.) und sie müde in ihre Betten fallen konnten.

Doch die Nacht war kurz; um 1.45 Uhr klingelte der Wecker und wir bereiteten uns auf den Aufstieg vor. Als ich beiden Mädchen eine Literflasche Wasser hinhielt, schauten sie mich ganz irritiert an und die Verwunderung wurde noch größer, als sie sahen, dass ich in meinen eigenen Rucksack schlappe 3 Liter packte. Und die brauche ich aus Erfahrung auch. Kann ja nicht jeder so wenig trinken wie die Srilankies.

Kurz nach zwei machten wir uns auf den Weg und während ich anfangs Bedenken hatte, dass die Mädels mir davonlaufen, wurden auch sie irgendwann langsamer und machten eine Pause nach der anderen. Vor allem Charitha hatte doch ganz schön zu kämpfen mit den über 5.000 Stufen auf dem Weg zum Gipfel. Wenigstens konnte man nicht sehen, was noch vor einem lag, denn wir befinden uns in der Off-Season, d.h. der Weg nach oben war nicht beleuchtet.

Frierende Zwerge :-)Oben angekommen, musste ich die Mädels zwingen, sich in einer ruhigen und unbeobachteten Ecke die trockenen Klamotten anzuziehen, die ich ihnen empfohlen hatte. Danach waren sie sichtlich dankbar, wenigstens etwas Trockenes auf der Haut zu haben, wenn schon die von mir empfohlene Jacke bzw. Pullover bei den Mädels so dünn ausgefallen ist, dass sie zwangsläufig frieren mussten. Immerhin hatten sie noch ein dünnes Bettlaken dabei, in welches sie sich dann gemeinsam einwickelten. Die Kälte stand ihnen ins Gesicht geschrieben, ebenso wie Freude und Stolz über den Erfolg.

Leider hatten wir mit dem Wetter absolut keinen Erfolg und somit war weder ein Sonnenaufgang zu sehen, noch konnten wir die tolle Aussicht genießen. Das war sehr, sehr schade und somit beschränkten wir die Zeit auf ein Minimum, läuteten traditionsgemäß die Glocke, aßen unsere Sandwiches und machten uns an den Abstieg, der nicht unbedingt leichter war. Zwar wollten mir die Mädels zunächst beweisen, wie wenig ihnen das alles ausmacht und wie schnell sie die Treppen wieder runterflitzen können, doch spätestens nachdem Nadisha beim Verfehlen einer Treppenstufe das erste Mal unsanft auf dem Allerwehrtesten landete, wussten die Mädels, was ich mit zittrigen Knien meinte und verlangsamten ihr Tempo erheblich.

Stolz wie Oskar Endlich dürfen wir! Wackeliege Knie

StolzDennoch muss ich sagen, dass ich vermutlich noch nie so früh wieder vom Berg unten war wie mit den Beiden. Wir haben dann noch im Hotel gefrühstückt – singhalesisch natürlich – und anschließend ging es mit dem TukTuk zurück nach Hatton und von dort mit dem Bus weiter nach Colombo und schließlich nach Marawila. Gegen 18 Uhr abends waren wir zu Hause und die Mädels vermutlich heilfroh, in ihre eigenen Betten zu sinken.

Schlussendlich war es auf jeden Fall eine Erfahrung und ich könnte mir vorstellen, dies irgendwann mit anderen Girls zu wiederholen. Für mich war es mittlerweile der siebte Aufstieg und eins ist klar: Ich komme wieder! lächelnd

Beste Grüße aus Marawila,

Julia.

 

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