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Blogs von Julia

Tagebuch Julia Fischer 2 Woche

Montag, 07.08.06

Heute morgen habe ich wieder an meinen Berichten geschrieben und mich dann gegen 12.30 Uhr von Christie mit dem TukTuk abholen lassen. Zuerst war ich in dem kleinen Restaurant, wo ich mit Frank auch am Donnerstag und am Freitag schon war, und habe Reis and Curry gegessen. Danach bin ich nun endlich mal in das andere Waisenheim für Mädchen nach Wennappuwa gefahren. Ich war ca. gegen 13 Uhr dort und habe zu Christie gesagt, er soll mich gegen 16 Uhr wieder abholen. Drei Stunden sollten für den Anfang erst mal ausreichen.

Als ich ankam, waren die Kinder noch nicht aus der Schule zurück. Es waren nur ca. 10-15 Kinder da, die entweder noch nicht in die Schule gingen oder krank waren. Von ihnen wurde ich sehr freundlich begrüßt. Sie stellten sich alle in einer Reihe auf und ich habe jedes Mädchen nach ihrem Namen gefragt. Anfangs waren sie alle noch sehr schüchtern. Dann erklärte mir die Chefin des Waisenheims zu jedem Kind die Familienverhältnisse. Dies tat sie meiner Meinung nach mit wenig Sensibilität, sondern eher in der Art: „This girl – mother yes, but father dead“, „This girl – no mother, no father“ usw. Sie hat es zwar nur gut gemeint und wollte mich informieren, aber ich fand das schon es bisschen blöd, weil die Kinder halt unmittelbar daneben standen. Anschließend haben mir die Mädchen ein paar Lieder vorgesungen und teilweise auch dazu getanzt. Das war sehr schön und ich konnte wieder einmal feststellen, wie gut manche Mädels im Kindesalter schon tanzen können. Plötzlich sagte die Chefin zu mir, die Kinder wollen, dass ich auch mal ein Lied singe. Jetzt ging es mir wieder so wie am Donnerstag, als ich vor der Schulklasse stand und etwas erzählen sollte. Die Kinderaugen starrten mich wieder einmal voller Erwartung an. Schließlich habe ich den Kanon „Bruder Jakob“ gesungen, da sie den vorher auch schon einmal gesungen haben, auf singhalesisch natürlich. Sie haben das Lied sofort wieder erkannt und sich kaputt gelacht, wahrscheinlich weil es sich für sie in deutsch komisch anhörte.

So gegen 13.45 Uhr kamen dann schließlich auch die anderen Mädels von der Schule und alle haben gemeinsam in dem großen Speiseraum Mittag gegessen. Die Mädels schauten mich von oben bis unten an und tuschelten gemeinsam über mich. Diejenigen, die mit dem Essen fertig waren, standen auf, spülten ihren Teller und wuschen sich die Hände. Dann konnten sie entweder ihre Hausaufgaben machen oder spielen. Auch das fand ich irgendwie nicht so schön, da einige Kinder dann zum Schluss ganz alleine in dem großen Speisesaal saßen. Ich hätte es schöner gefunden, wenn die Kids nach dem Händewaschen noch einmal an den Tisch gekommen wären, solange bis alle aufgegessen haben. Aber naja, wahrscheinlich ist das wieder mal eine Sache, die hier so üblich ist und die wir Deutschen einfach nicht verstehen können.

Als dann alle Kinder aufgegessen haben (ich habe den letzten natürlich noch Gesellschaft geleistet), bin ich ein wenig herum gelaufen und habe mir alles angesehen. Einige Mädchen haben im Garten auf dem kleinen Spielplatz herumgetobt und dabei gesungen. Hier mal ein Foto von der Gartenschaukel mit ein paar Kids:

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Dann bin ich auch mal hineingegangen und habe mir von ein paar Mädels die Schulhefte angesehen. Es hat nicht lange gedauert und plötzlich stand jedes Mädchen mit einem Schulheft vor mir und wollte, dass ich es anschaue. Nun ja, ich habe mir halt ein paar angesehen. Die englischen Aufgaben habe ich ja alle noch verstanden, aber als sie mir dann ihre singhalesischen Aufgaben zeigen wollten, habe ich immer gesagt: „I don’t understand!“ Allgemein war es sehr schwierig, sich mit den Kids zu verständigen. Die Chefin meinte, dass sie in der Schule nur einmal pro Woche Englisch haben und dann auch nur Lesen und Hören üben, aber kaum das Sprechen. Außerdem waren die ältesten Mädels 13 Jahre alt und so viel Englisch-Unterricht hatten die ja dann auch noch nicht.

Als ich mir so die Schulhefte anschaute, kamen irgendwie immer mehr Mädchen zu mir und wollten auch mit schauen. Irgendwann hat eine begonnen, an meinen Haaren herumzuspielen. Das fand ich ja ganz niedlich. Eine andere hat einen Mückenstich auf meinem Bein gefunden und fasste ihn an. Plötzlich wollten alle Kinder einmal meine Haare anfassen und waren außerdem damit beschäftigt, jeden Mückenstich an meinem Körper zu finden. Eine zeitlang war das ja auch ganz nett, aber irgendwann ist es mir zu viel geworden. Also bin ich erst einmal aufgestanden und wollte woanders hingehen. Doch nun wichen mir die Mädchen nicht mehr von der Seite. Egal, wo ich hinlief oder was ich machte, überall liefen mir alle hinterher. Außerdem wollten sie auch alle von mir an die Hand genommen werden. Da ich aber nun mal nur 2 Hände habe, hielten sich die anderen eben alle an meinen Armen und sogar Beinen fest!

Ich versuchte also, weiterhin meine Geduld zu behalten (obwohl mir das echt schwer fiel) und bin den Kids gefolgt, als sie mir etwas zeigen wollten. Ein paar Mädels haben hinter dem Haus irgendetwas mit grünen Blättern, Wasser und Steinen gemacht. Jedoch wurde ich nicht so ganz schlau daraus.

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Als ich dort eine Weile zugeschaut habe, bin ich wieder zurück zum Spielplatz gelaufen, das heißt, ich habe es versucht. Wieder umschlossen mich alle Mädchen und jede wollte mich anfassen. Schließlich griff ich zu meiner Notreserve: einem Luftballon in meiner Hosentasche. Ich blies ihn auf und warf ihn in die Runde. Nun waren wenigstens die Hälfte der Kinder für eine Weile abgelenkt und spielten mit dem Luftballon. Trotzdem hingen immer noch ca. 20 Kinder an mir. Auf dem Spielplatz kam ein Mädel zu mir und schenkte mir eine Blume, die sie mir ins Haar stecken wollte. Das fand ich ganz süß und hab sie halt machen lassen. Okay, das war wahrscheinlich ein Fehler. Auf einmal rannten alle Mädchen los und jede von ihnen holte eine kleine Blume, die sie mir ins Haar stecken wollte. Hätte ich dann nicht gesagt „No, no, no!“, wäre ich wohl mit dem gesamten Blumengarten des Waisenheims von Wennappuwa wieder zurück gefahren.

Gegen 16 Uhr kam Christie dann zurück, um mich abzuholen. Mal ganz ehrlich; ich war heilfroh! Also die Mädels dort sind schon alle sehr niedlich, aber diese Anhänglichkeit fand ich wirklich unangenehm! Ich konnte sie auch kaum dafür begeistern, etwas mit mir zu spielen. Sie wollten wirklich die ganze Zeit nur an mir hängen. Es kommt natürlich auch nicht alle Tage vor, dass sie über mehrere Stunden Besuch haben und somit war das für sie etwas ganz Besonderes. Frank meinte dann auch, dass sich das nach ein paar Tagen wahrscheinlich wieder legen wird, wenn sie sich erst einmal daran gewöhnt haben.

Zum Abschluss hat Christie noch ein Foto von mir mit den Kids gemacht (wo übrigens auch jedes Mädchen neben mir stehen wollte und sich mich bald umgeschmissen hätten):

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Als ich wieder im Angels Home angekommen, die Kids schon sehnsüchtig auf mich warteten, war ich echt glücklich. Ich habe dann noch ein wenig mit ihnen gespielt und festgestellt, dass sie zum Glück nicht so anstrengend sind.

Abends wollte ich mit Frank mal wieder Chicken und Pommes essen gehen, jedoch war natürlich gerade als wir an dem Restaurant ankamen, mal wieder Stromausfall. Also sind wir wieder zurück gefahren und haben uns ein paar Omeletts zum Abendbrot mitgenommen.

Heute war übrigens zur Abwechslung mal keine Schlange in der Küche, sondern ein riesengroßer Tausendfüßler. Frank meinte, dass die auch beißen, wenn sie sich bedroht fühlen und dass das höllisch weh tut. Naja, was soll’? Jeden Tag etwas Neues hier. So langsam gewöhne ich mich daran.

 

Dienstag, 08.08.06

Da heute nichts weltbewegendes passiert ist, soll mein Bericht auch etwas kürzer ausfallen. Am Morgen haben Frank und ich mal das weniger erbauliche Thema Buchführung in Angriff genommen und damit auch den halben Tag zugebracht. Frank erklärte mir die wichtigsten Dinge und ich habe schnell gemerkt, dass dies zwar auch unbedingt nötig ist, aber dass das Spielen mit den Kids wesentlich angenehmer ist.

Später habe ich den Kindern bei den Englisch- und Mathematik-Hausaufgaben geholfen. Währenddessen hat Frank die ganze Zeit rumtelefoniert, um Organisatorisches für die Eröffnungsfeier abzuklären.

Am Nachmittag hat uns Rukmal angerufen und gesagt, dass er morgen mit einem anderen Student nach Kandy zur Perahera fährt (eines der berühmtesten Volksfeste zum Vollmond in ganz Südostasien). Er fragte uns, ob wir nicht mitkommen wollen. Zunächst einmal lehnten wir ab, da es schließlich auch noch einiges für die Eröffnungsfeier am 12.08.06 zu tun gibt. Als wir uns das Ganze jedoch später noch einmal genauer überlegten und ein bisschen zeitlich hin und her geplant haben, beschlossen wir schließlich, doch mitzufahren. Ich wollte sowieso während meines Aufenthaltes hier wenigstens einmal auf einem Elefanten reiten und da das sowieso schon auf der Hälfte der Strecke nach Kandy liegt, wären wir eigentlich schön blöd, wenn wir uns dieses Spektakel entgehen lassen. Wenn wir dann spätestens am Donnerstag gegen Morgen wieder hier sind, haben wir auch noch genügend Zeit, um die anderen Sachen zu erledigen. Der Hammer an der ganzen Sache jedoch ist: Da es so kurzfristig kein Auto mehr zu mieten gab, weil natürlich unheimlich viele Menschen nach Kandy wollen, werden wir mit dem Motorrad fahren. Außerdem ist das wesentlich billiger und man kommt an viele Plätze, wo man mit dem Auto gar nicht hin kommt.

Für mich ist das total neu, da ich noch nie über längere Strecken auf einem Motorrad mitgefahren bin. Wir haben jedoch heute abend erst einmal eine Proberunde gedreht und ich denke, dabei habe ich mich für den Anfang ganz gut angestellt. Ich bin nur noch etwas verkrampft, aber Frank ist der Meinung, das würde sich mit der Zeit geben.

Ich bin ja mal gespannt, wie unsere Tour wird. Mein Bericht wird dann höchstwahrscheinlich erst am Donnerstag oder Freitag erscheinen, da wir erst am Donnerstag wieder zurück fahren. Hoffen wir mal, dass ich das gut überstehe!

 

Donnerstag, 10.08.06

Nach einer 2-tägigen Tour nach Kandy sind wir schließlich heute gegen 17 Uhr wieder im Angel’s Home angekommen. Der Ausflug war sehr interessant und ich werde nun versuchen, die wichtigsten Ereignisse zu dokumentieren.

Gestern morgen sind wir gegen 9 Uhr in Marawila losgefahren. Am Anfang war ich noch sehr nervös und unsicher auf dem Motorrad. Außerdem bin ich ständig mit meinem Helm an Frank seinen geknallt, was ihm, glaube ich, schon ganz schön auf die Nerven ging. Nach einer Weile hatte ich den Dreh jedoch raus und wurde immer entspannter auf dem Motorrad.

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Unser erster Halt war im Spice-Garden (Kräutergarten) auf ca. halber Stecke nach Kandy. Ich hatte das Glück, dass gerade für eine Gruppe Engländer eine Führung begann, der ich mich noch anschließen konnte. Der Man zeigte uns die wichtigsten Pflanzen und Kräuter, die in diesem Garten angebaut werden und erklärte uns, wofür man sie verwenden kann. Außerdem gab’s als Begrüßungs-Drink eine leckere Kakao-Bananen-Milch. Im Anschluss an die Führung wurden noch einmal die wichtigsten Produkte zusammengefasst, die im Spice-Garden hergestellt werden und man konnte sich überlegen, ob man etwas kaufen will. Wie ihr wisst, habe ich in den letzten Tagen unheimlich „gute“ Erfahrungen mit Moskitos gemacht. Deshalb entschied ich mich für eine Creme, die einerseits helfen soll, die Insekten aus den Räumen zu vertreiben und andererseits gut als Desinfektionsmittel für Moskitostiche sein soll. Hoffen wir mal, dass es was bringt und ich nicht wieder meine Füße oder andere Körperteile ins Internet setzen muss...

Nicht weit vom Spice-Garden entfernt hielten wir an einer Stelle, wo man auf einem Elefanten reiten kann. Tja... hier sollte mein Traum nun endlich wahr werden. Seit 11 Jahren musste ich immer wieder an das Gefühl denken, als ich damals auf so einem wunderschönen Tier saß. Ich ging schließlich an die Kasse und frage nach dem Preis. 1500 Rupies für 15 Minuten – das ist wahnsinnig teuer! Immerhin kann man dafür hier schon eine Woche lang ein Kind ernähren. Hm... Ich habe hin und her überlegt. Traum verwirklichen oder das Geld lieber sinnvoll ausgeben? Schließlich beschloss ich, das ganze erst einmal sein zu lassen. Ich dachte mir, falls ich es bereuen würde, könnten wir ja auf dem Rückweg noch einmal hier anhalten.

Ein weiteres Highlight wollte ich mir aber auf keinen Fall entgehen lassen – das Elefantenwaisenhaus in Pinnawala. Frank und Rukmal haben das Ganze schon tausendmal gesehen und wollte sich ein kleines Päuschen vom Fahren gönnen. Also bin ich alleine hinein gegangen. Gleich am Eingang standen zwei ziemlich große Elefantenbullen, wovon der eine blind ist und schon mehrere Jahre auf dem Buckel hat. Der andere war eigentlich nur dazu da, um ständig auf Kommando seinen Rüssel zu heben, damit sich die Touristen darunter stellen und ein Bild machen lassen konnten. Auch mich fragte der Elefantenführer, ob ich ein Bild machen lassen möchte, aber als ich mir den Elefanten so anschaute, hatte ich gar keine Lust mehr darauf. Er hatte ganz traurige Augen und bestimmt muss er diese Prozedur jeden Tag mehrere Stunden lang über sich ergehen lassen.

Als ich ein Stückchen weiter ging, sah ich mehrere Elefanten in einer Herde auf dem großen Gelände des Waisenhauses stehen. Ich habe eine junge Engländerin gebeten, ein Foto von mir zu machen:

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In einem überdachten Gehege, das mit schweren Eisenstangen umzäunt war, konnten die Besucher zuschauen, wie ein junger Elefant, der gerade erst Anfang Juli geboren wurde, gemeinsam mit seiner Mutter gefüttert wurde. Da es unter dem Dach ziemlich dunkel war, sah man ständig Fotoapparate blitzen. Ich fragte mich, wie ich das finden würde, wenn mir beim Essen jedes Mal hunderte von Leuten zuschauen und mich fotografieren würden.

Allgemein fand ich das Elefantenwaisenhaus zwar sehr schön angelegt und die meisten Tiere dort wären wahrscheinlich längst gestorben, wenn sie nicht da hin gekommen wären, jedoch taten mir die Tiere auch auf eine gewisse Art und Weise leid. Sie müssen jeden Tag wahnsinnig viele Besucher über sich ergehen lassen und können somit kaum naturgetreu leben.

Nachdem wir unterwegs noch einmal zum Mittagessen angehalten haben, sind wir die restliche Strecke nach Kandy durchgefahren und ca. gegen 16 Uhr angekommen. Da wir alle ziemlich kaputt waren und es in Sri Lanka immer schon beizeiten dunkel wird, haben wir uns erst einmal auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. Nach 1-2 Misserfolgen haben wir schließlich ein kleines Hotel gefunden, wo noch Zimmer frei waren. Wir haben uns erst einmal ein wenig ausgeruht und geduscht.

Gegen 18.30 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Perahera. Nachdem wir ein bisschen umher gelaufen sind, haben wir schließlich versucht, einen geeigneten Platz zu finden, von dem aus man den Umzug gut beobachten kann. Dies war gar nicht so einfach, da wahnsinnig viele Menschen da waren, die alle dasselbe wollten wie wir. Schließlich standen wir am Ende einer großen Menschenmasse gleich an der Absperrung zur Straße. Anfangs war der Platz für mich noch in Ordnung, da neben uns keiner stand und wir einigermaßen Luft hatten. Als der Polizist neben uns jedoch die Absperrung ein Stück zur Seite zog, drängelten sich auf einmal alle Leute zu unserem Platz, da jeder bis vorne stehen wollte. Da stand ich nun – eingequetscht von einem (nicht besonders schlanken) Paar – und versuchte irgendwie die Ruhe zu bewahren. Insgesamt standen wir bestimmt 30 Minuten an dieser Stelle und der Umzug ging immer noch nicht los. Es wurden immer mehr Menschen, die alle drängelten und schubsten. In solchen Momenten fällt es mir wahnsinnig schwer, ruhig zu bleiben. Ich merke dann immer schon, wie mein ganzer Körper zu zittern beginnt und ich Schweißausbrüche bekomme. Zwar redete ich mir gestern ständig ein, dass ich wenigstens so lange durchhalten muss, bis ich ein paar Fotos gemacht habe, aber irgendwann ging es einfach nicht mehr. Ich sagte zu Frank, dass ich unbedingt da weg muss, sonst wäre ich wahrscheinlich abgeklappt. Es wäre nicht das erste Mal gewesen und ich habe immer wahnsinnige Panik davor. Also haben wir uns durch die Menschenmasse gekämpft und sind erst einmal ein Stück gelaufen. Ich glaube, Frank war ein wenig angenervt, da wir schließlich extra dafür nach Kandy gefahren sind. Wir sind dann durch ein paar Seitenstraßen gelaufen und haben versucht, dort irgendwo noch einen Platz zu finden. Irgendwann hat uns dann ein netter Polizist zu sich gewunken und uns einen Sitzplatz am Straßenrand zugewiesen. Dort saßen wir dann für den restlichen Abend inmitten einer Gruppe von Singhalesen. Im Endeffekt war der Platz auch viel besser als der erste, da der Umzug direkt vor unserer Nase vorbeikam und wir alles wunderbar sehen konnten.

Insgesamt bestand der Umzug aus 4 Blöcken, in denen zahlreiche Tänzer, Feuerkünstler, Musiker und geschmückte Elefanten zu sehen waren. Es ist einfach Wahnsinn, was die Singhalesen an Rhythmusgefühl und Anmut im Blut haben. Im folgenden könnt ihr ein paar Bilder vom Umzug bewundern:

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Allgemein kann ich sagen, dass dies ein sehr schöner Abend war, den ich sicherlich nicht so schnell vergessen werde. Ich würde jedem empfehlen, der einmal im August nach Sri Lanka kommt, zur Perahera zu gehen.

Gegen 23.30 Uhr waren wir dann im Hotel. Ich war total geschafft und bin sofort eingeschlafen – selbstverständlich mit meinem neuen Anti-Moskito-Mittelchen auf der Haut.

Heute morgen sind wir gegen 10 Uhr in Kandy losgefahren. Unterwegs haben wir mehrere kleine Pausen gemacht, da es hin und wieder geregnet hat. Ich habe beschlossen, das mit dem Elefanten-Reiten doch sein zu lassen. Es ist irgendwie doch nicht so, wie ich mir das gedacht habe. Durch die Bilder in meinem Kopf von dem Elefanten im Waisenhaus und auch von den Elefanten bei der Perahera – die teilweise echt vorm Durchdrehen waren – hatte ich dann auf einmal gar nicht mehr so ein Verlangen danach. Es ist echt mies, wenn diese Tiere nur für die Touristen gequält werden und ich will einfach nicht auch noch meinen Teil dazu beitragen. Somit hat sich mein Kindheitstraum wohl erledigt.

Unterwegs hat Frank einen Anruf bekommen und man teilte ihm mit, dass die Leiterin des Waisenheims in Wennappuwa (die wir kürzlich erst noch im Krankenhaus besuchten) letzte Nacht verstorben sei. Außerdem wurde ihm mitgeteilt, dass die Gedenkfeier mit anschließender Beerdigung um 15 Uhr in Wennappuwa stattfindet und wir sollten doch versuchen, bis dahin wieder da zu sein, um daran teilnehmen zu können. Schließlich haben wir das auch geschafft. Das Problem war nur, dass wir nicht die Zeit hatten, vorher noch einmal ins Angel’s Home zu fahren, um uns zu duschen und angemessen anzuziehen. Also sind wir – dreckig und verschwitzt wie wir waren – zu der Gedenkfeier gefahren. Rukmal meinte, das wäre schon in Ordnung.

Es waren sehr viele Menschen da – alle in weiß, da das hier die Farbe der Trauer ist. Auch die Kids von Wennappuwa waren da. In einem kleinen Raum wurde die Frau aufgebart und die Menschen gingen alle nacheinander hinein, um sich zu verabschieden. Ich habe nur mal einen kurzen Blick hinein geworfen, da ich den anderen nicht den Weg versperren wollte und die Frau außerdem kaum gekannt habe. Einige Ordensschwestern haben ein paar Lieder gesungen. Anschließend ging die gesamte Trauergemeinde – die Mädchen aus dem Waisenheim mit Blumengestecken voran, dahinter die Sargträger – zur Kirche. Dort sprach der Pfarrer noch einige Worte und Gebete. Danach fand dann die Beerdigung statt, an der wir jedoch nicht mehr teilgenommen haben.

Auch wenn das alles natürlich sehr traurig ist, war es für mich sehr interessant, auch einmal an einer singhalesischen Gedenkfeier teilzunehmen.

Mehr findet Ihr in Franks Tagebuch.

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Am Abend hatten wir wieder ein paarmal Stromausfall und als ob das nicht schon genug wäre, gab es diesmal auch noch ein kleines Gewitter dazu. Seitdem Frank mir am Anfang erzählt hat, dass die Schlangen und Skorpione besonders dann ins Haus kommen, wenn es viel regnet, bin ich davon ja gar nicht begeistert. Hier ist es jetzt 23.45 Uhr und es regnet bestimmt schon seit 3 Stunden. Naja, wenigstens ist der Strom wieder da...

 

Samstag, 12.08.06

Gestern waren Frank und ich damit beschäftigt, allen Personen abzusagen, die bereits für die Eröffnungsfeier eingeladen waren. Ansonsten war ein ganz normaler Tag. Ich habe den Kids wieder bei ihren Hausaufgaben geholfen und anschließend mit ihnen gespielt. Zum Beispiel habe ich ihnen gestern mal gezeigt, wie man „Hüpfkästchen“. Das fanden sie total klasse und im Endeffekt hatten beide sogar mehr Punkte als ich.

Da Chantschala und Anne heute nicht zur Schule mussten, habe ich mich den ganzen Vormittag mit ihnen beschäftigt. Wir haben ein bisschen Rechnen und englische Wörter geübt sowie auch ein paar Spiele gemacht. Ich habe die beiden echt schon sehr lieb gewonnen. Wir haben schon beschlossen, die beiden mit zum Flughafen zu nehmen, wenn ich wieder nach Hause fliege. Ich weiß jetzt schon, dass mir der Abschied schwer fallen wird.

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Zum Mittag haben wir Reis und Curry gegessen (mal ganz was neues). Da es heute sehr heiß war, haben Frank und ich gedacht, wir könnten nach dem Essen eine kleine Wasserschlacht mit den Kids machen. Wir haben also angefangen, uns ein bisschen nass zu spritzen und wollten die beiden mit einbeziehen. Ich ließ eine Kanne Wasser voll laufen und Frank versuchte Chantschala aufzuhalten, die ins Haus rennen wollte. Auf einmal fing sie aus heiterem Himmel an zu weinen und lief hinein. Wir schauten uns an und wussten erst einmal gar nichts damit anzufangen. Schließlich bin ich ins Haus gegangen und habe Chantschala gesucht. Sie saß auf dem Bett im Kinderzimmer und hat geheult. Ich versuchte, ihr zu erklären, dass das überhaupt nichts schlimmes ist und das die Kinder in Deutschland sehr viel Spaß daran haben. Außerdem habe ich ihr versprochen, dass wir jetzt sofort damit aufhören und schließlich hat sie sich wieder beruhigt. Frank und ich haben noch eine Weile über ihre Reaktion gerätselt, aber so richtig schlau sind wir nicht daraus geworden, zumal Anne mit dem Wasser überhaupt keine Probleme hatte. Später haben wir Latta gefragt, ob Chantschala öfters einfach zu weinen beginnt. Sie hat gemeint, dass das auch oft so wäre, wenn ihre Tochter mit ihr ein paar Späße machen will. Mich hat das schon sehr nachdenklich gestimmt. Wer weiß, was Chantschala schon alles erlebt hat und über was sie sich vielleicht tagtäglich Gedanken macht. In solchen Situationen würde ich wirklich gerne singhalesisch sprechen können, um richtig auf die Kids einzugehen.

Schon seit wir am Donnerstag von Kandy zurück gekommen sind, ist Lexman krank. Er hat sehr hohes Fieber und überall rote Flecken am Körper. Heute morgen hat Frank ihn nach Hause geschickt, damit er sich richtig auskurieren kann. Für uns heißt das jetzt: Extrem-Garten-Arbeit! Den ganzen Tag haben wir das vor uns her geschoben. Nach dem Mittag haben wir dann schließlich doch mal begonnen und tatsächlich den ganzen restlichen Tag damit zugebracht. Hier in Sri Lanka verlieren die Bäume immer so viele Blätter, wie bei uns im Herbst. Ich glaube, so viel wie heute habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gefegt. Frank hat ja ein ziemlich großes Grundstück und überall lagen Blätter. Da jedoch jetzt schon 2 Tage nicht gefegt wurde und es zwischendurch auch noch geregnet hat, haben sich schon haufenweise rote Ameisen unter den Blättern angesammelt. Das war vielleicht ein „Spaß“. Ständig sind sie an meinem Besen hoch oder mir in die Schuhe gekrabbelt. Das alleine wäre ja nicht so schlimm gewesen, aber diese Mistviecher beißen sich richtig in der Haut fest, wenn man sie nicht schnell genug vom Körper entfernt. Somit habe ich heute auch so viele Ameisenbisse wie noch nie in meinem Leben über mich ergehen lassen. Wir hoffen echt schon beide, dass Lexman so schnell wie möglich wieder gesund wird. Sonst blüht uns das jetzt mindestens alle 2 Tage. Naja, ganz so schlecht ist es ja auch nicht, immerhin habe ich so wenigstens mal ein bisschen körperliche Betätigung hier. Ich glaube, so sehr wie ich heute nachmittag geschwitzt habe, habe ich bestimmt 3 Kilo abgenommen... J Außerdem weiß ich jetzt erst einmal richtig, was Lexman eigentlich für einen harten Job hat. Er fegt das gesamte Grundstück immerhin in ca. 4 Stunden und danach sieht es sogar sauberer aus, als heute, wo wir zu zweit gefegt haben.

 

Sonntag, 13.08.06

Heute morgen sind wir gegen 10 Uhr mit Anne und Chanchala nach Wennappuwa in das Waisenheim gefahren. Eigentlich wollten wir ihnen damit eine Freude machen und wir dachten, dass sie ein wenig miteinander spielen würden. Allerdings standen unsere beiden Mädels die ganze Zeit nur ganz schüchtern da und machten keinen Mucks. Ich fragte Chanchala, ob sie sich nicht mit den anderen Mädchen unterhalten oder mit ihnen spielen wollen. Sie sagte jedes Mal: „No, no, no!“

Die Kids aus dem Waisenheim waren wieder sehr anhänglich. Frank hat mit ihnen ein paar Witze gemacht, da haben sie sich vor Lachen kaum wieder eingekriegt. Sie sind ständig zwischen ihm und mir hin und her gerannt. Besonders interessant fanden sie es immer, wenn wir Fotos gemacht haben. Die wollten sie gleich anschauen.

Ich habe jedoch auch heute wieder festgestellt, dass es schwierig ist, etwas mit den Mädels anzufangen. Nur ganz wenige von ihnen verstehen ein paar Brocken Englisch, aber das ist lange nicht ausreichend, um sich zu verständigen. Wenn man sie etwas fragt, sind sie immer nur am Schämen oder Grinsen. Auch wenn sie einige Fragen teilweise verstehen, bekommt man keine Antwort darauf. Da kann ich mich mit Chanchala durchaus besser verständigen.

Jedenfalls sind wir ca. schon nach einer Stunde wieder nach Marawila gefahren, weil sich Anne und Chanchala sichtlich unwohl gefühlt haben. Eigentlich hatten wir geplant, fast den ganzen Tag dort zu bleiben, aber daraus ist ja leider nichts geworden.

Am Nachmittag habe ich mich wieder mit den beiden beschäftigt. Das übliche Programm: Memory, Malen, Rechnen, Luftballon und sogar Würfeln habe ich ihnen heute gezeigt. Schon seit gestern wollten wir mit den Kids mal wieder an den Strand gehen. Gestern ist uns leider die Garten-Arbeit dazwischen gekommen und heute hat es fast den ganzen Tag geregnet. Echt schade, wo die beiden doch das letzte Mal so viel Spaß hatten. Naja, vielleicht klappt’s ja morgen.

Heute ist ja nun auch Halbzeit für mich. Die letzten 2 Wochen sind echt wie im Fluge vergangen. Meine anfänglichen Zweifel an dem Praktikum und daran, ob ich das mit den ganzen Tieren hier überlebe, sind gänzlich verflogen und ich bin froh, dass ich her gekommen bin. Die Kids sind echt total niedlich und ich könnte sie den ganzen Tag knuddeln. Frank ist auch voll nett und so langsam gewöhne ich mich auch an seinen Humor... J Ja, in 2 Wochen fliege ich dann wieder zurück nach Deutschland. Aber ganz ehrlich: Darauf freue ich mich auch! Es gibt so viele Menschen, die sich auf mich freuen, wenn ich zurück komme und außerdem vermisse ich mittlerweile ganz schön die gute deutsche Küche.

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