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Blogs von Julia

Die Angels Foundation stellt sich vor

NGO-Treffen in PuttalamEs ist bald 15 Uhr und das Meeting hat immer noch nicht begonnen. Wir sitzen im Auditorium des District Secretariats in Puttalam, wo heute ein Treffen verschiedener NGO´s (Nichtregierungsorganisationen) aus Sri Lanka stattfindet. Dabei hat jede NGO die Möglichkeit, sich mit einer 2-seitigen Präsentation kurz vorzustellen.

Wir, das sind unsere Matron Theekshani, Praktikantin Alicia und ich. Pünktlich wie die Maurer sitzen wir seit 14 Uhr hier und warten darauf, dass es losgeht. Ich habe meinen singhalesischen Begrüßungstext für die Präsentation geübt und Alicia die Kamera im Anschlag. Das einzige Problem ist; wir warten... Und scheinbar sind wir zwei Weißnasen mal wieder die einzigen, die das komisch finden und langsam ungeduldig werden. Mit Theekshani habe ich gerade schon scherzhaft festgestellt, dass vermutlich alle NGO´s, die immer regelmäßig zu den Meetings kommen, für 15 Uhr eingeladen wurden und alle „Schlumper" für 14 Uhr. (Wobei ich uns diesbezüglich nicht als nachlässig bezeichnen würde, sondern es ist manchmal einfach schwierig,19 NGOs nehmen am Treffen teil Hauptpersonal aus einem Kinderheim zu Meetings zu schicken, die mal eben den ganzen Tag dauern.) Wenn ich zu Alicia hinüberschaue, bin ich mir nicht ganz sicher, ob sie die 1,5-stündige Kamikaze-Busfahrt schon verdaut hat, die wir immerhin im Stehen mit intensivem Körperkontakt zu fremden Menschen und waghalsigen Überholmanövern überstehen mussten. Während wir also warten, nutzen die anderen Anwesenden die Zeit, um sich über ihre Arbeit zu unterhalten und – ganz wichtig – Visitenkarten auszutauschen, in Sri Lanka ein Zeichen von Interesse und Geschäftstüchtigkeit. Wenigstens funktioniert die Klimaanlage und wie ich gerade erspähen konnte, hat schon einer die typischen „Sri Lankan Short Eats" für die Pause hereingetragen, die später zusammen mit einer Tasse Milchtee serviert werden und in Puttalam immer besonders lecker sind.

Um kurz vor drei geht es dann endlich los und der oberste Vertreter des Distrikts Puttalam (in Deutschland evtl. vergleichbar mit einem Landtagspräsidenten) eröffnet die Veranstaltung. Er erklärt, dass es in unserem Distrikt insgesamt 58 registrierte NGO´s gibt und dass man sich wünschen würde, dass diese in Zukunft enger miteinander kooperieren und Investitionen besser absprechen. Aus diesem Grund möchte man mit dem heutigen Meeting einen ersten Grundstein legen und sich die NGO´s gegenseitig vorstellen lassen. Damit eröffnet man die Präsentationsrunde und für die nächsten 1,5 Stunden stellen sich insgesJulia am Rednerpultamt 19 Organisationen vor, die im Distrikt Puttalam tätig sind, wobei wir die einzige sind, die durch Ausländer präsentiert werden. Aufgrund des verspäteten Veranstaltungsbeginns wird die Redezeit der einzelnen Teilnehmer kurzerhand von 7 auf 2 Minuten verkürzt – eine Vorgabe, an die sich kaum jemand halten kann. Unsere Präsentation ist bereits an zweiter Stelle dran und spontan entscheiden Theekshani und ich uns dafür, ihre singhalesische Übersetzung wegzulassen, da ein Großteil des Publikums den Eindruck macht, Englisch zu verstehen und wir uns somit zumindest annähernd an die Zeitvorgabe halten können. Den singhalesischen Begrüßungstext lasse ich mir jedoch nicht nehmen und verkünde voller Stolz: „Ayubowan. Präsentation der Angels FoundationMage name Julia. Mate Sinhala kathakaranne bä. Ithin mame Ingrisi kathakarannewa." (Guten Tag. Mein Name ist Julia. Ich kann kein Singhalesisch und werde deshalb Englisch sprechen.) Amüsierte Gesichter und aufgelockerte Stimmung schwingt mir entgegen und ich berichte kurz und knapp mit Hilfe meiner 2 Präsentationsfolien, was unsere in Sri Lanka registrierte NGO Angels Foundation ausmacht, was wir bisher erreicht haben und was unsere Zukunftspläne sind. Ich habe interessierte Zuhörer und die eine Person, die der Meinung ist, die Hälfte meines Vortrags telefonieren zu müssen, ignoriere ich gekonnt, weil ich mittlerweile gelernt habe, dass so etwas in Sri Lanka normal ist und keineswegs als unhöflich betrachtet wird. Ich verlasse mich darauf, dass Alicia ein paar gute Fotos geschossen hat und verlasse zufrieden und unter verhaltenem Applaus das Rednerpult. Geschafft!

Folie 1 meiner PräsentationDie folgenden Präsentationen sind durchwachsen, sowohl inhaltlich, als auch gestalterisch. Zumindest fühlen sich die Redner, die unmittelbar nach mir an der Reihe sind, dazu ermutigt, ihre Präsentation ebenfalls auf Englisch zu machen. Wobei einige von ihnen wohl lieber doch beim Singhalesisch bleiben sollten. Auch wenn sich nicht alle an die vorgegebene Folienanzahl halten können und es sich nicht nehmen lassen, ihre Präsentation mit großen Blumenarrangements oder sogar 3-sprachig (inkl. Tamil) auszugestalten, finde ich das immer noch besser, als die vielen Folien, die man aufgrund der viel zu kleinen Schriftgröße gar nicht lesen kann. Nunja, immerhin muss ich positiv hervorheben, dass fast alle Folien in englischer Sprache gestaltet sind, auch wenn Folie 2 meiner Präsentationdie NGO-Vertreter selbst singhalesisch sprechen. So können auch Alicia und ich einiges verstehen – vorausgesetzt wir können es lesen – und das ist definitiv eine Weiterentwicklung im Vergleich zu einem Meeting vor ca. 4 oder 5 Jahren, wo fast alles auf Singhalesisch war. Etwas enttäuscht bin ich von der Eintönigkeit der Folien. Kaum jemand hat Fotos oder Farbe eingebaut, es geht nur um die reine Faktenvermittlung. Außerdem weist einer der Leiter der Veranstaltung bereits nach wenigen Vorträgen darauf hin, dass es doch schön wäre, wenn die weiteren NGO´s nicht nur darüber berichten würden, was sie schon alles gemacht haben, sondern auch darüber, was sie für die Zukunft planen. Was mir persönlich auch ein bisschen fehlt, sind Angaben zu ein- und ausgegangenen Geldern, worüber neben uns lediglich World Vision mit seinen 4 Zweigstellen im Distrikt Puttalam berichtet.

Präsentation der Angels FoundationTrotzdem bin ich insgesamt überrascht, wie viele NGO´s mit wie vielen verschiedenen Wirkungsbereichen es in unserem Distrikt doch gibt und ich finde es richtig, dass man sich Mühe gibt, einen Austausch zwischen den Projekten zu fördern. Klar könnte am organisatorischen Rahmen – wie fast immer in Sri Lanka – noch gearbeitet werden, sodass es beispielsweise pünktlich losgeht und die Short Eats mit Tee dann eben auch wirklich in einer Pause und nicht einfach zwischendurch verteilt werden, sodass alle Teilnehmer das Essen interessanter finden als die vorgestellte NGO. Auch ein Stromausfall wird eben noch gekonnt ignoriert und einfach weitergemacht, wobei es keine Rolle spielt, ob man den jeweiligen Redner noch versteht und dass seine Folien dann nicht mehr auf die Wand projiziert werden. Technik wird schließlich vollkommen überbewertet. J Trotzdem ist es gut, dass man den NGO´s eine Möglichkeit zur Kooperation gibt, anstatt jede für sich allein kämpfen zu lassen.

Theekshani und ich hören aufmerksam zuIm Anschluss an die Präsentationen findet noch eine offene Diskussionsrunde statt, in der die Teilnehmer Fragen stellen, um Hilfe bitten und Anregungen geben können. Wir halten uns dezent zurück, da wir nicht – wie die meisten anderen NGO´s – in mehreren Projekten mitwirken und jährlich ein bestimmtes Budget zur freien Verfügung haben. Als kleine NGO, die sich einzig und allein einem Hauptprojekt widmet (okay, mit den Ausbildungsstätten sind es bald zwei...), stellen wir hier die Ausnahme dar. Trotzdem sind wir stolz darauf, was wir geschafft haben und dass wir einen so guten Überblick über unsere Arbeit und unsere Gelder haben. Bei der Diskussionsrunde beeindruckt mich eine Frau, die Mitarbeiterin einer Zweigstelle des Sozialamts in einem kleinen Dorf ist. Sie kritisiert ganz offen, dass viele NGO´s die Hilfeleistungen sofort einstellen, sobald sie keine Spendengelder von „oben" mehr bekommen. Die Frau ist der Meinung, dass man auch personell – ohne viel Geld – eine Menge bewirken kann, aber sobald das Geld knapp wird, sieht man von den NGO-Mitarbeitern niemanden mehr. Sie selbst habe sich jetzt mit ein paar Frauen im Dorf zusammen getan, mit denen sie gemeinsam Gemüsebeete anlegt und Kinder unterrichtet, die in den überfüllten Schulen nicht mehr unterkommen. Das nenne ich mal Engagement!

Nach der Veranstaltung müssen wir uns beeilen, um den 17 Uhr Bus Richtung Colombo zu erwischen, der uns, diesmal sitzend und etwas umsichtiger – zurück nach Marawila bringt. Beim Abschied am Tor des Angels Home sind wir uns sicher, dass dies ein ereignisreicher und lehrreicher Tag war und wir alle freuen uns auf eine Dusche, etwas Gutes zum Abendbrot und schließlich das wohlverdiente Bett.

Liebe Grüße aus Marawila,

Julia

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