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Blogs von Julia

Tagebuch Julia Fischer 1 Woche

Sonntag, 30.07.06

Mein Name ist Julia Fischer, ich bin 22 Jahre alt und studiere zur Zeit im 6. Semester Kommunikationspsychologie in Görlitz. Da wir vom Studium aus mehrere Kurzpraktika absolvieren müssen und ich eigentlich schon immer mal ein Auslandspraktikum machen wollte, bin ich nun hier bei Frank in Sri Lanka. Ich war schon einmal in diesem wunderschönen Land und wollte seitdem auch unbedingt mal wieder hierher. Ich hoffe, dass mir die Arbeit mit Frank viele neue Erfahrungen bringen wird und dass ich durch meine Berichte auf dieser Homepage etwas dazu beitragen kann, dass sich noch mehr Menschen für dieses Projekt interessieren und Frank in seiner Arbeit unterstützen.

Nach einem ca. 10-stündigen Flug von Frankfurt aus landete ich gegen 10 Uhr in Colombo am Flughafen. Als ich ausstieg und Richtung Passkontrolle lief, begegneten mir bereits zahlreiche Srilankaner mit Schildern in ihren Händen, auf denen sämtliche Namen standen. Ich schaute mich um, doch meinen konnte ich nicht entdecken. Also ging ich erst einmal zur Passkontrolle, wo ich zunächst so eine Art Aufenthaltsantrag ausfüllen musste. Als ich dann ohne Probleme meinen Stempel in meinen Reisepass bekam, konnte ich endlich meinen Koffer holen und Richtung Ausgang gehen. Auch hier hielten mir wieder sehr viele Menschen ihre Schilder vor die Nase und fragten mich in welches Hotel ich will. Ehe ich mich versah, schnappte ein Mann meine Koffer, packte sie auf einen Wagen und sagte: „Neckermann. You come with me!” Okay, ich habe meinen Flug zwar über Neckermann-Reisen gebucht, aber er fragte mich ständig, in welchem Hotel ich bin und ich versuchte ihm begreiflich zu machen, dass ich privat untergebracht bin. Während diesem ganzen Gerammel und Gequatsche hielt ich ständig die Augen offen nach „einem Weißen“. Dann endlich entdeckte ich Frank – Gott sei Dank. Er bezahlte den Kofferjungen und rief seinen Freund Rukmal an, der dann mit dem Auto zu uns kam. Nun begann die Fahrt nach Mudukatuwa. Dazu kann ich nur sagen: Wahnsinn, was die hier in Sri Lanka für einen Fahrstil haben! Das wichtigste ist, dass man fahren kann, wie ein Geisteskranker und dass man ständig die Hupe benutzt.

Als wir schließlich doch noch heil im Angels Home angekommen sind, wurden wir sehr herzlich von Latta und Anne begrüßt. Die Hunde Buddy und Sina waren nicht so begeistert und knurrten mich erst einmal kräftig an. Frank meinte jedoch, das sei normal, da sie mich einfach noch nicht kennen und sehr gute Wachhunde sind. Ich denke, die werden mich schon noch mögen in der nächsten Zeit. Dann zeigte mir Frank erst einmal das ganze Haus und schließlich auch mein Zimmer, wo ich die nächsten vier Wochen übernachten werde.

31.07.zimmer
Nachdem wir uns dann ein wenig unterhalten hatten, wollte ich unbedingt erst einmal zum Strand. Also schnappte ich mir meine DigiCam und machte mich auf den Weg. Unterwegs merkte ich sehr schnell, das es hier einfach nicht so ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich kam an zahlreichen einheimischen Palmhütten vorbei und wurde auf dem ca. 500 m langen Weg ungefähr 10mal angesprochen; „How are you?“ „Where do you come from?” „Where do you go?” Ein kleines Mädchen kam auf die Straße gerannt und sagte: „Hallo. Hast du Bonbon? Hast du Molli?“ Es war sehr schwierig für mich, damit umzugehen. Frank meinte vorher zwar zu mir, dass es gut sein kann, dass mich jemand anspricht, aber mit derartigen vielen Reaktionen hätte ich nicht gerechnet. Ich habe eben einfach auf gar nichts reagiert und bin stur meinen Weg gegangen. Als ich dann am Strand war, freute ich mich zwar, endlich mal wieder das Meer zu sehen, aber auch dort hatte ich die ganze Zeit über ein komisches Gefühl, da ich genau merkte, wie die Einheimischen aus den Hütten jeden einzelnen Schritt von mir beobachteten. Ich bekam einfach ganz krass zu spüren, dass ich eine „weiße“ bin, die diese Menschen nun mal nicht jeden Tag zu sehen bekommen. Ich hatte das Gefühl, das war für sie eine kleine Attraktion. Schließlich habe ich nur ein paar Fotos von dem völlig menschenleeren Strand gemacht und bin dann wieder zurück gelaufen.

Nachdem ich dann erst einmal ausgepackt, geduscht und mich ein wenig ausgeruht habe, sind wir mit Rukmal und seinem TukTuk in die City gefahren. Das war echt ein Erlebnis, mit so einem kleinen Fahrzeug durch die Straßen zu fahren und teilweise auch noch andere zu überholen. Ich kaufte mir dann im Supermarkt etwas Wasser und wir machten noch einen kleinen Abstecher zum Strand. Dort hielten sich nur Srilankaner auf, die entweder die Abendsonne genossen oder auch im Meer badeten. Wir als „Weiße“ sind dort richtig aufgefallen und alle Menschen schauten uns an. Frank meinte, dass ihn zwar schon viele Leute hier kennen, aber dass es auch normal ist, wenn man so angesehen wird. Schließlich holten wir uns ein paar Nudels mit Chicken zum Mitnehmen. Wieder im Angels Home angekommen, machten wir Abendbrot. Das Essen war sehr lecker, aber wahnsinnig reichlich. Ich habe nicht einmal die Hälfte geschafft. Frank hat jedoch auch nicht alles aufgegessen, was mich dann sehr beruhigte. Unsere Reste wurden schließlich an die Hunde verfüttert.

Nach dem Essen saß ich mit Frank noch den ganzen Abend auf der Terrasse und wir haben uns gut unterhalten. Nebenbei haben wir auch 3 Arrak (Palmenschnaps) mit Cola getrunken. Es hat mich echt gewundert, dass ich das alles so gut weg gesteckt habe. Immerhin hat mir fast eine komplette Nacht Schlaf gefehlt.

Allgemein kann ich sagen, dass ich am Ende dieses ersten Tages sehr gemischte Gefühle hatte. Ich glaube, hätte ich einige Unterhaltungen mit Frank eher geführt, hätte ich mich nicht für dieses Praktikum entschieden. Ich bin ein totaler Schisser, was Insekten angeht und als Frank mir erzählte, dass es hier auch giftige Schlangen und wahnsinnig große Spinnen gibt, musste ich erst einmal schlucken. Außerdem sind alle Insekten ungefähr doppelt so groß als in Deutschland. Ich habe zwar erst einmal kräftig mit meinem Insektenspray in meinem Zimmer rumgesprüht, aber die Moskitos sind überall und kommen auch immer ins Haus. Zum Glück habe ich ein Moskitonetz und durch die drei Arraks am Abend konnte ich letztendlich auch ganz gut einschlafen.

Frank ist jedenfalls sehr nett zu mir. Ich kann mich sehr gut mit ihm unterhalten und er ist ziemlich locker drauf. Wir haben geplant, dass ich mir in den nächsten Tagen hier erst einmal alles anschaue und er mir ein paar andere Waisenheime und auch die Schule zeigt. Dann kann ich entscheiden, in welchem der Heime ich eventuell ein paar Tage arbeiten will. Rukmal würde mich jeden Tag mit dem TukTuk hinfahren und auch wieder abholen, wenn ich nicht in den anderen Heimen übernachten möchte. Außerdem werde ich meinen Aufenthalt hier genau dokumentieren und ca. alle 1-2 Tage wird ein Bericht über meine Tätigkeiten auf der Homepage zu finden sein.

Ich sage mir einfach „aller Anfang ist schwer“ – und wenn ich erst einmal ein paar Nächte hier verbracht und keine außergewöhnlich großen oder gefährlichen Insekten oder Schlangen gesehen habe, werde ich die Zeit hier schon gut rumkriegen. Immerhin sind es nur 4 Wochen und diese Zeit wird wahrscheinlich wie im Fluge vergehen. Bestimmt werde ich viele Erfahrungen sammeln können und im Endeffekt das Praktikum bestimmt auch positiv bewerten. Vielleicht bin ich ja danach auch nicht mehr ganz so ängstlich vor Spinnen, wer weiß...

 

Montag, 31.07.06

Die erste Nacht habe ich super gut überstanden, keine besonderen Vorkommnisse. Als ich heute um ca. 8 Uhr aufgestanden bin, hat Latta mir erst einmal einen leckeren Milktea und Toast gemacht. Ein ordentliches Frühstück ist für mich immer schon die halbe Miete. Nun konnte der neue Tag beginnen.

Etwa gegen 10 Uhr sind wir mit Rukmal nach Wennappuwa in ein anderes Kinderheim gefahren, wo auch das Foto auf meinem Tagebuch entstanden ist. Dort leben im Moment 74 Kinder und die Chefin führte uns durch alle Zimmer und erklärte uns, wie die Tage dort so ablaufen und was in einem solchen Kinderheim für Personal gebraucht wird. Ich fand das alles sehr interessant. Normalerweise arbeitet dort auch eine Kinderfrau, die ganz gut englisch kann, jedoch liegt diese momentan leider im Krankenhaus. Ich stelle mir die Verständigung mit den anderen Frauen und mit den Kindern zwar etwas schwierig vor, trotzdem möchte ich gerne einige Tage in diesem Kinderheim arbeiten. Die Kinder hier sind echt alle total niedlich. Wenn man in ihre großen braunen Augen schaut und sie Lächeln sieht, ist das einfach wunderschön.

Danach sind wir wieder zurück nach Marawila gefahren und waren kurz in der Englisch-Schule. Dort fragten wir, ob es okay ist, wenn wir mal einen Tag vorbei kommen und am Unterricht teilnehmen. Frank ist das den Kids sowieso noch schuldig und mich würde es natürlich auch brennend interessieren. Die Chefin meinte, dass es überhaupt kein Problem wäre (wie eigentlich alles hier).

Auf dem Rückweg habe ich am Straßenrand meine erste Kokosnuss getrunken – superlecker! Ich habe mir auch gleich noch 2 Bananen und eine Annanas mitgenommen.

Außerdem habe ich heute auch erst mal ca. 15-20 Postkarten gekauft, da fast jeder von meiner Familie und von meinen Freunden eine Postkarte von mir haben will und die sollen sie natürlich auch bekommen.

Nachmittags hatten wir Besuch von einer netten deutschen Ergotherapeutin aus Deutschland, die wir frühs in einem Shop getroffen haben und sich unbedingt mal das Angels Home ansehen wollte. Frank hat sie überall rumgeführt und ihr alles gezeigt. Sie war sehr begeistert und möchte auf jeden Fall in Zukunft öfters mal auf der Homepage vorbei schauen. Für Frank ist es natürlich super, wenn viele Leute dieses Projekt hier kennenlernen, die Homepage besuchen und auch Werbung dafür machen. Umso mehr Leute werden natürlich auf seine Arbeit aufmerksam.

Am Abend waren wir noch mit Rukmal in einem kleinen Restaurant essen und zwar ganz normale Pommes und Chicken – das hat fast wie zu Hause geschmeckt.

Als wir dann wieder zu Hause waren, haben wir noch ein wenig gequatscht und später habe ich meinen Freund zu Hause angerufen. Das war einfach super, seine Stimme zu hören und ihm meine ersten Eindrücke zu schildern.

Ich bin dann auch etwas eher ins Bett gegangen, da ich ziemlich kaputt war. Wahrscheinlich kam dann erst mal so richtig die Müdigkeit vom Flug durch. Auch an die feuchte Hitze hier muss ich mich erst noch gewöhnen. Die macht einen ganz schön fertig, wenn man das nicht gewöhnt ist.

 

Dienstag, 01.08.06

Heute morgen sind wir um 8 Uhr aufgestanden und mit Christie (ein anderer TukTuk-Fahrer) zu einer Schule in Marawila gefahren. Dort gibt es ein kleines Mädchen namens Shakina, welches keine Eltern mehr hat, die sich um sie kümmern, und momentan jede Woche bei einem anderen Lehrer dieser Schule lebt. Sie soll deshalb in Zukunft auch in das Angels Home kommen und hier ein liebevolles zu Hause finden. Frank hat sich von dem Direktor der Schule die Daten des Kindes geben lassen, um sie auf die Homepage setzen zu können (was ja mittlerweile auch schon geschehen ist). Als die Kleine da so in dem Büro stand und Frank dann noch ein Foto von ihr gemacht hat, hätte ich gerne gewusst, was sie wohl gerade denkt, da sie auf mich sehr traurig und verängstigt wirkte.

Später sind wir noch einmal an die Englisch-Schule in Marawila gefahren, um den Direktor der Grundschule zu fragen an welchem Tag wir denn kommen könnten, um am Unterricht teilzunehmen. Er war sehr nett, erklärte mir gleich alles und stellte mir die einzelnen Klassen vor. Die Kinder waren alle total niedlich und die Lehrerinnen machten einen sehr freundlichen Eindruck. Schließlich sind am Donnerstag um 9 Uhr eingeladen, zum Unterricht zu kommen. Ich könnte mir jedoch auch gut vorstellen, hier noch öfters vorbeizuschauen.

Am Nachmittag habe ich mich draußen hingesetzt, um schon ein paar meiner Postkarten zu schreiben. Als irgendwann Anne mit Latta an mir vorbeilief, habe ich einen meiner Luftballons aus meiner Hosentasche geholt und ihn für sie aufgeblasen. Ich machte einen Knoten hinein und schenkte ihn ihr. Dann ist sie gleich wieder mit Latta verschwunden und ich habe weiter an meinen Postkarten geschrieben. Ungefähr 30 Minuten später kamen die beiden wieder zu mir an den Tisch und Latta sagte mir, dass Anne gerne mit mir spielen würde. Ich war total erstaunt, aber gleichzeitig auch glücklich, denn Frank meinte zu mir, dass sie anfangs nicht so begeistert war, als sie hörte dass ich hierher komme und dass sie sicherlich einige Zeit brauchen wird, bis sie sich an mich gewöhnt hat und mit mir spielen will. Also haben wir angefangen, den Luftballon hin und herzuspielen. Anfangs war sie sehr schüchtern und hat immer eine gewisse Distanz mir gegenüber gewahrt. Sie zeigte auch kaum ein Lächeln, so dass ich mich fragte, ob sie überhaupt Spaß daran hat. Mit der Zeit wurde sie jedoch immer lockerer und wenn sie sich von mir nicht beobachtet fühlte, strahlte sie übers ganze Gesicht. Es machte ihr irgendwann auch nichts mehr aus, wenn wir beide zur gleichen Zeit versuchten, an den Luftballon zu kommen und uns demzufolge auch etwas näher kamen. Wir haben insgesamt fast eine Stunde zusammen gespielt und wenn ich zwischendurch mal kurz reingegangen bin, um was zu trinken, ist sie die ganze Zeit auf der gleichen Stelle stehen geblieben und hat auf mich gewartet. So gegen 17 Uhr kam dann Latta und sagte zu ihr, dass sie jetzt gehen müssen. Anne hätte am liebsten noch weiter mit mir gespielt, aber ich habe ihr versprochen, dass wir morgen wieder spielen können. Als sie dann mit Latta Richtung Tor lief, drehte sie sich ungefähr noch 3mal zu mir um und winkte mir. Das fand ich echt total süß, zumal sie mir am Anfang überhaupt nicht gewunken hat oder mir ein Lächeln zeigte.

 

Mittwoch, 02.08.06

Letzte Nacht habe ich das erste Mal so richtig gut geschlafen. Ich bin um 8.30 Uhr aufgestanden und hatte einen Milktea, etwas Ananas und eine Banane zum Frühstück. Dann habe ich Rukmal angerufen und er holte mich ab, um mit mir zum Altenheim und zu einem Behindertenheim in der Nähe von Marawila zu fahren. Frank wollte heute einmal richtig ausschlafen und außerdem muss er ja auch nicht überall mit mir hinfahren.

Als erstes wollten wir in das Altenheim. Dort angekommen lernte ich endlich auch Father Richard kennen, von dem Frank mir schon so viel berichtet hat. Leider war die zuständige Schwester nicht da, die mir das Heim zeigen und einiges dazu erklären könnte. Deshalb machten wir aus, heute nachmittag um 15.30 Uhr noch einmal wieder zu kommen.

Somit fuhren wir weiter zu dem Behindertenheim. Dort angekommen sahen wir schon fast alle Kinder und einige Betreuerinnen sowie den Chef auf der Terrasse. In dem Heim leben sowohl geistig als auch körperlich behinderte Kinder sowie Kinder mit erheblichen psychischen Störungen. Das Durchschnittsalter lag meiner Meinung nach so zwischen 13 und 14 Jahren, auch wenn die Kinder teilweise noch viel jünger aussehen. Der Anblick der Kinder ist mir schon etwas schwergefallen. Nicht, weil sie behindert sind, sondern weil einige Mädchen und Jungen dort einfach nur auf dem Boden lagen und sich kaum bewegt haben. Die Arbeit in diesem Heim beschränkt sich hauptsächlich auf die hygienische, medizinische und Nahrungsmittel-Versorgung der Kinder. Ich hatte das Gefühl, dass sich kaum anderweitig mit ihnen beschäftigt wird. Allerdings muss man dazu sagen, dass es in Sri Lanka insgesamt nur sehr wenige Behindertenheime gibt, da sich kaum Menschen dazu bereit erklären, diese Kinder oder auch die Erwachsenen zu pflegen. Behinderungen sind in Sri Lanka eher ein Tabu-Thema und viele dieser Kinder werden von ihren Eltern einfach abgeschoben oder sterben. Von dieser Seite aus betrachtet ist es schon gut, dass überhaupt einige Behindertenheime ins Leben gerufen wurden, auch wenn die Betreuung dort vielleicht teilweise noch zu wünschen übrig lässt.

Während meines Besuches in diesem Heim kamen auch 2 Engländer, die einige Lebensmittel und Spielsachen vorbei gebracht haben. Der Chef und einige Kinder haben sich sehr über diese Sachen gefreut. Der eine Engländer schenkte einem Jungen einen Spielzeug-Fotoapparat, woraufhin dieser total begeistert war. Er hat über das ganze Gesicht gestrahlt und war nur noch damit beschäftigt, die anderen Kinder zu „fotografieren“. Auch 2-3 andere Kinder hat man hin und wieder mal lächeln sehen, aber die restlichen lagen entweder regungslos da oder starrten vor sich hin. Es war schon kein besonders erfreulicher Besuch.

Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, etwas von dem Geld, was ich nach den 4 Wochen hier noch übrig habe, diesem Heim zugute kommen zu lassen. Es ist sehr wichtig, dass diese Kinder wenigstens jeden Tag genug zu essen bekommen und einigermaßen gut versorgt werden.

Am Nachmittag um 15.30 Uhr war ich dann noch in dem Altenheim in Marawila. Dort begrüßte uns wieder Father Richard und stellte mir eine Schwester dieses Heimes vor, die mir dann alle Räumlichkeiten zeigte und mir einiges erklärte. In dem Altenheim leben ca. 100 Frauen und 45 Männer. Alle waren sehr freundlich zu mir und lächelten mich an. Einige der alten Leute waren sehr interessiert, was ich hier mache und wo ich her komme. Ein Mann sagte zu mir (bzw. die Schwester übersetzte es mir), dass er sein ganzes Leben lang mal nach Deutschland wollte, aber es nie geschafft hat. Ein anderer meinte, dass er Bekannte in Deutschland hat. Dann traf ich eine alte Frau, die zwar eine Singhalesin ist, aber schon von Geburt an genauso eine helle Haut wie wir Deutschen hat. Als sie mich sah, lächelte sie schon über das ganze Gesicht. Dann ging ich zu ihr hin und hielt meinen Arm neben ihren, da ist sie aus dem Grinsen gar nicht mehr rausgekommen. Das war echt voll süß!

Ich denke, dass die alten Leute es sehr gut in diesem Heim haben. Die Schwestern sind sehr lieb mit ihnen und sie wissen sich zu beschäftigen. Die Schwestern erzählten mir auch, dass regelmäßig zusammen singen und kleine Vorführungen machen. Ich finde das echt toll! So können wenigstens die Menschen, die noch einigermaßen fit sind, ein bisschen Spaß an ihrem restlichen Leben haben und vegetieren nicht nur so vor sich hin, wie es sicherlich in vielen anderen Altenheimen der Fall ist.

Am späten Nachmittag war ich dann mit Frank und Buddy am Strand. Eigentlich wollte ich den Sonnenuntergang sehen, nur leider war der Himmel zu bedeckt. Buddy hat ständig eine Kokosnuss aus dem Wasser gezogen, die Frank immer wieder hineinschmiss. Das war sehr amüsant, da Buddy noch ziemliche Angst vorm Wasser hat

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Donnerstag, 03.08.06

Heute morgen sind wir um 8.30 Uhr an die Englisch-Schule gefahren, um dort – wie vereinbart – einen kompletten Unterrichtstag zu verbringen. Der Direktor hat uns wieder sehr freundlich begrüßt und uns mit in seine Klasse genommen. Es war die 4. Klasse mit insgesamt nur 6 Kindern. Dort konnten wir zunächst ein wenig den normalen Unterricht verfolgen. Den Kindern wurde auf Englisch über ihr Land Sri Lanka berichtet und sie mussten einige Fragen dazu beantworten. Sie waren wirklich gut bei der Sache und haben aufmerksam zugehört.

Plötzlich kam der Direktor zu mir und sagte, ich solle die Klasse unterrichten. Ich schaute Frank an und war erst mal total überrumpelt. Was sollte ich ihnen schon großartig erzählen? Was denken sie dann? Da kommt so eine „Weiße“ und will ihnen irgendetwas beibringen. Aber was soll’s? Ich bin halt aufgestanden und habe mich vor die Klasse gestellt. Ich war total aufgeregt, als mich die Kinder voller Erwartung mit ihren großen braunen Augen anstarrten. Als erstes habe ich die Kinder gefragt, wie sie heißen und wie alt sie sind. Dann habe ich gesagt, sie sollen mir mal die Zahlen aufsagen. Als sie schließlich schon bei 30 angekommen sind, habe ich gesagt, das sei genug. Schließlich habe ich ihnen ein bisschen etwas über Deutschland erzählt. Ein Junge ist sogar schon einmal da gewesen. Als ich versuchte, ihnen zu erklären, was Schnee ist, waren sie alle ganz verwundert. Irgendwann war ich dann schließlich „erlöst“ und wir sind gemeinsam mit dem Direktor zur nächsten Klasse gegangen. Dies war die 3. Klasse und auch hier haben wir erst etwas dem Unterricht gelauscht. Der Direktor war sehr bemüht darum, dass die Kinder uns ordentlich begrüßen und uns willkommen heißen. Schließlich begann das Spiel von vorne und auch in dieser Klasse wurden wir gebeten zu unterrichten. Diesmal habe ich jedoch Frank vorgeschickt, der sich nämlich bereits bei der anderen Klasse eins ins Fäustchen lachte, wie ich da vor der Klasse stand und nicht wusste, was ich sagen sollte. Ihm erging es dann wenigstens ganz genauso... Grinsen

Als nächstes gingen wir zur zweiten Klasse. Hier lernten die Kinder gerade spielerisch einige Tätigkeitsbegriffe wie „talking“, „sitting“, „walking“, „singing“, „dancing“ usw. Die Lehrerin war sehr lieb mit den Kindern und diese hatten sichtlich Spaß am Unterricht. Die Kinder haben auch gerade die verschiedenen Gemüse-Sorten ihres Landes geübt und mit Hilfe einiger Bilder benannt. Dann durften die sie uns wieder ein paar Fragen stellen, jedoch war es diesmal nicht so schlimm, da wir uns nicht vor die Klasse stellen mussten. Nach ein paar Fragen ertönte dann die Pausenglocke und wir konnten erst einmal aufatmen.

Der Unterricht in der Englisch-Schule beginnt jeden Tag um 8.15 Uhr und endet um 13.15 Uhr. In dieser ganzen Zeit haben die Kinder insgesamt nur eine 20-minütige Pause, in der sie frühstücken können. Wenn die Pausenglocke klingelt, stellen sie sich alle in einer Reihe an der Tür auf. Dann geht einer nach dem anderen hinaus und wäscht sich an einem kleinen Wasserbehälter die Hände. Danach gehen sie alle wieder hinein und essen ihr Frühstück. Wenn sie dann noch etwas Zeit haben, können die Kinder draußen auf dem Spielplatz noch ein wenig spielen. Pünktlich um 10.20 klingelt ein Schüler wieder mit der Pausenglocke und alle gehen wieder an ihre Tische.

In der Pause haben Frank und ich den Kindergarten besucht, der sich auch auf dem Gelände befindet. Auch dort haben uns alle Kinder und Betreuer ganz lieb begrüßt. Die Kinder sind wirklich alle total niedlich und haben immer ein breites Grinsen auf dem Gesicht.

Nach der Pause haben wir schließlich noch am Unterricht in der 1. Klasse der Schule teilgenommen. In dieser waren 26 Kinder, die von 2 Lehrerinnen betreut wurden. Insgesamt war das die am besten besuchte Klasse. Der Direktor meinte, das liegt daran, dass diese Schule erst kurz nach dem Tsunami eröffnet wurde und somit die Kinder, die bereits die zweite oder eine noch höhere Klasse besuchten, bereits in anderen Schulen untergebracht waren. Er geht jedoch davon aus, dass in ca. 3-4 Jahren in allen Klassen ca. 20 Kinder unterrichtet werden.

In der ersten Klasse hatten die Kinder gerade Mathematik und mussten einige Zahlenreihen fortsetzen. Immer wenn sie nach vorne an die Tafel kommen mussten, waren sie ganz aufgeregt und haben ständig zu uns geschaut und gelacht. Später übten sie noch ein paar englische Wörter und buchstabierten diese. Irgendwann kam die eine Lehrerin wieder zu uns und meinte, wir sollen die Kinder unterrichten. Okay, nun musste ich wohl wieder dran glauben. Also ging ich nach vorne und habe mich vorgestellt. Dann habe ich die Kinder das Alphabet aufsagen lassen. Ich war total erstaunt, dass sie schon alle Buchstaben kannten, obwohl sie doch gerade einmal in der ersten Klasse sind. Anschließend habe ich nacheinander jeden einzelnen Buchstaben an die Tafel geschrieben und die Kinder ein Wort mit diesem Buchstaben benennen lassen. Die Kids hatten voll Spaß dabei, vor allem, weil ich wohl einige Buchstaben ganz anders geschrieben habe, als ihre Lehrerin.

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Später konnten wir noch zuschauen, wie die Mädchen der 1. Klasse einen Tanz für eine Aufführung einstudierte, die im November in der Schule stattfinden soll. Die Kleinen hatten sehr viel Spaß dabei. Die Jungs wurden währenddessen von 2 Mädchen einer älteren Klasse beaufsichtigt, was ich sehr bemerkenswert fand.

Insgesamt hat mir dieser Tag an der Schule sehr viel Spaß gemacht. Frank und ich haben beschlossen, noch einmal wieder zu kommen und ein paar von den vielen Kugelschreibern, die ich von Deutschland mitgebracht habe, sowie für jedes Kind einen Jogurt mitzubringen.

Nach dem Besuch an der Schule hatten wir beide ganz schönen Hunger. Also haben wir uns von Christie zu einem kleinen einheimischen Restaurant fahren lassen, wo ich das erste Mal Reis and Curry gegessen habe. Die Singhalesen essen alle nur mit den Fingern und Frank meinte zu mir, dass es in diesem Restaurant auch kein Besteck gäbe. Also musste ich mich wohl darauf einlassen. Die Bedienung brachte uns eine große Schüssel mit Reis und mehrere kleine mit anderen Beilagen. Man packt sich dann alles, was man gerne möchte, auf den Teller, vermischt es mit den Fingern und dann kann’s losgehen. Bei mir sah das dann so aus:

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Das Essen war sehr gut und gar nicht so scharf, wie ich anfangs dachte. Jedenfalls kann ich jetzt von mir behaupten, dass ich auch einmal wirklich singhalesisch essen war. Zwar sagte mir Frank dann nach dem Essen, dass sie auch Besteck gehabt hätten, wenn wir danach gefragt hätten (er hat mich mal wieder verarscht), aber das hat mich dann auch nicht mehr gestört.

Am Nachmittag waren wir bei Father Richard, um zwei weitere Mädels kennenzulernen, die demnächst ins Angels Home kommen werden. Es handelt sich um Dilki und Minosha, deren Daten ja nun auch schon auf der Homepage zu finden sind. Die beiden sind auch total niedlich und als ich so ihre Geschichten erfuhr, hätte ich sie am liebsten sofort mit ins Waisenheim genommen. Sie wollen jedoch morgen Nachmittag beide ins Heim kommen und sich erst einmal alles ansehen. Anne wird ja dann auch da sein und so können die Mädchen sich wenigstens schon einmal kennenlernen und ein wenig miteinander spielen.

Als wir wieder im Angels Home angekommen sind, habe ich wieder mit Anne Luftballon gespielt. Diesmal habe ich auch Frank bescheid gesagt, dass er mal ein Bild machen soll.

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Sie war echt wieder total happy, dass ich mit ihr gespielt habe. Als Latta dann kam und sie gehen musste, habe ich ihr meine Hand hingestreckt und gesagt: „Good night, my friend!“ Da hat sie mir tatsächlich die Hand gegeben und sich von mir verabschieden. Das war echt voll süß! Latta sagte dann noch zu mir, dass sie mich sehr mag und gerne mit mir spielt.

Ich freue mich wirklich schon sehr darauf, wenn dann endlich ein paar mehr Kinder hier sind und ich mich jeden Tag mit ihnen beschäftigen kann.

 

Freitag, 04.08.06

Heute morgen war ich zunächst einmal damit beschäftigt, meine Berichte in Kurzfassung (auch das kann ich  Lachen  für die Homepage ins Englische zu übersetzen.

So gegen 10 Uhr habe ich dann endlich auch Chanchala kennengelernt. Sie ist auch ein total niedliches Mädchen und hat mich von Anfang an angegrinst. Ich dachte mir, wenn ich nun schon ein paar Mal mit Anne gespielt habe, dann bin ich Chanchala das auch schuldig. Ich fragte sie (natürlich über Latta), was sie gerne spielen würde. Auch sie wollte unbedingt mit dem Luftballon spielen, also haben wir das getan. Chanchala war gleich sehr locker und hatte überhaupt keine Berührungsängste. Manchmal hat sie sogar richtig laut gelacht, zum Beispiel wenn sie mir den Luftballon an den Kopf schoss.

Nach ca. einer halben Stunde waren wir beide so sehr am Schwitzen, dass wir beschlossen haben, etwas am Tisch zu machen. Da ich von Frank wusste, dass Chanchala gerne puzzelt, habe ich ihr gesagt, sie soll uns mal ein Puzzle holen. Sie war wirklich ziemlich gut darin. Nur hin und wieder musste ich ihr ein wenig helfen, wenn sie das passende Teil nicht finden konnte oder langsam keine Lust mehr hatte. Schließlich haben wir jedoch zwei Puzzlemotive zusammen gemacht.

Gerade als wir fertig waren, kam auch schon Latta und sagte, dass sie jetzt erst einmal gehen müssen, um Mittag zu essen. Ich sagte zu Chanchala, dass wir gerne heute nachmittag gemeinsam mit Anne und den anderen zwei Mädels, die heute kommen, spielen können.

Zum Mittag waren Frank und ich wieder Reis and Curry essen. So langsam kann ich mich daran gewöhnen, auch an die Schärfe von dem Essen. Ich habe heute sogar freiwillig mit den Fingern gegessen, obwohl ich ja diesmal wusste, dass es in dem Restaurant auch Besteck gibt. Das einzige, was mich an diesem Essen immer stört, ist die Temperatur. Normalerweise esse ich am liebsten richtig heiß, jedoch ist hier meistens alles nur lauwarm (was wahrscheinlich daran liegt, dass alle mit den Fingern essen) und wird somit auch ziemlich schnell kalt. Naja, was soll’s? Auch daran werde ich mich wohl noch gewöhnen.

Als wir vom Mittag zurück kamen, habe ich mich wieder an meine englische Zusammenfassung gesetzt, bis schließlich gegen 15 Uhr Latta, Anne und Chanchala sowie auch die beiden Mädels von gestern und auch Shakina, die wir am Dienstag in der Schule kennenlernten, mit ihren Angehörigen kamen. Zunächst einmal versuchte Frank, sich über Latta ein wenig mit den Angehörigen zu verständigen. Dann machten sie einen kleinen Rundgang durch das Haus. Währenddessen habe ich mich schon mal mit den Kids beschäftigt. Ein Mädel war noch so dabei und als dann schließlich noch Lattas Tochter mit ihrer Freundin kam, hüpften plötzlich einige Kinder auf dem Grundstück rum. Als erstes haben wir Memory gespielt, woran einige Mädels richtig viel Spaß hatten.

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Als wir damit fertig waren, habe ich ein paar Luftballons verteilt und die Kids spielten damit ausgelassen auf dem Hof.

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Auch die kleine Shakina, die am Dienstag noch aussah, als könnte sie kein Wässerchen trüben, hielt mich ganz schön auf Trab. Ich habe das Gefühl, dass sie und natürlich auch die anderen Mädels es faustdick hinter den Ohren haben und hier ganz schön viel Leben in die Bude kommt, wenn die erst mal alle hier wohnen. Auch Frank wird sich erst noch daran gewöhnen müssen...

Als dann gegen 17 Uhr alle wieder verschwunden waren, atmeten Frank und ich erst einmal auf. Dann ließen wir uns von Christie abholen und zu Rukmals Shop fahren, der sich ganz in der Nähe von der Kirche in Marawila befindet. Dort haben wir einen Nescafé getrunken und das Getümmel auf der Straße beobachtet. An jedem ersten Freitag im Monat ist hier besonders viel los. Die Menschen kommen von überall her, um die Kirche zu besuchen und zu beten. Auch ich wollte mir das natürlich einmal anschauen und bin schließlich zur Kirche gelaufen.

Dort fand ich eine Menschenschlange von ca. 250 Menschen, die alle darauf warteten das große Jesuskreuz ganz vorne zu berühren und eine Spende für die Kirche zu geben. Außerdem saßen auf der großen Fläche vor dem Kreuz noch einmal ca. 200-300 Menschen auf dem Boden und sprachen ihre Gebete. Wenn sie damit fertig waren, zündeten sie noch eine Kerze an und ließen sich von den Pfarrern mit Weihwasser bespritzen.

Insgesamt kommen an jedem ersten Freitag im Monat ca. 1000 Menschen zur Kirche und dieses Ritual stellt für sie etwas ganz besonderes dar. Sie machen sich alle sehr schick und kommen gemeinsam mit ihren Familien hier her. Die Kirche ist für sie auch eine Art Treffpunkt, wo sie sich ein wenig unterhalten und austauschen können.

Als ich genug gesehen habe, bin ich schließlich wieder zurück zu Rukmals Shop gelaufen, wo Frank auf mich wartete. Wir haben dann noch ein bisschen die Menschen beobachtet und mit Rukmal gequatscht und uns schließlich von Christie wieder abholen lassen.

Auf dem Heimweg haben wir uns noch ein paar Nudeln mit Chicken zum Abendbrot mitgenommen. Im Angels Home haben wir dann den Abend wieder einmal vor dem PC ausklingen lassen.

 

Samstag, 05.08.06

Heute morgen wollte ich ja eigentlich um 10 Uhr mit Rukmal zu dem anderen Waisenheim in Wennappuwa fahren, um auch den ganzen Tag dort zu verbringen. Als ich jedoch am Morgen feststellte, das die Kinder auch den ganzen Tag im Angels Home sind, habe ich beschlossen, lieber hier zu bleiben und mich mit den Mädels zu beschäftigen. Schließlich bin ich ja hauptsächlich wegen ihnen hier, und warum sollte ich dann in ein anderes Waisenheim fahren? Die Kinder fanden das dann natürlich total klasse.

Nach dem Frühstück führte uns Chanchala ihr neues Kostüm vor, was sie in der Schule für einen Tanzauftritt bekommen hat. Da lag es nun auch nicht mehr weit, dass sie und Anne tanzen wollten. Also suchte Frank eine passende Musik aus und die beiden haben losgelegt. Ich muss schon sagen, dass sie sich echt super zur Musik bewegen konnten. Wahrscheinlich liegt den Singhalesen das auch so ein bisschen im Blut. Bei Anne hat zwar noch ein wenig das Rhythmus-Gefühl gefehlt, aber die Bewegungen sahen trotzdem total niedlich aus.

Nach einer Weile kam auch Minosha vorbei. Ihr hat es wahrscheinlich gestern so gut gefallen, dass sie heute gleich wieder kommen wollte. Also konnte ich mich den ganzen Tag über mit den Mädchen beschäftigen. Wir haben wieder sehr viel mit dem Luftballon gespielt. Ich glaube, das macht ihnen echt am meisten Spaß. Jedes Mal, wenn ich sie fragte, was sie spielen wollen, zeigten sie auf die Luftballons. Ich habe von zu Hause ca. 200 Luftballons mit hier her gebracht. Eigentlich wollte ich davon auch ein paar in den anderen Waisenheimen verteilen, doch wie ich die Lage so einschätze, werde ich zum Schluss wohl kaum noch welche haben. Alleine in den letzten paar Tagen habe ich bestimmt schon 30 Stück gebraucht, da ständig einer platzt. Frank hat schon so aus Spaß gemeint, wenn ich wieder in Deutschland bin, muss ich erst mal eine neue Ladung Luftballons hierher schicken.

Außerdem habe ich mit den Mädels heute auch ein paarmal Memory gespielt und sie etwas malen lassen.

05.08.malen05.08.malen_01

Allgemein konnte ich feststellen, dass die Kinder hier sich viel länger mit einer Sache beschäftigen können, als das bei den meisten deutschen Kindern der Fall ist. Auch wenn sie vielleicht manchmal schon gar nicht mehr so richtig Lust auf ein Spiel haben, bleiben sie meistens bis zum Schluss bei der Sache. Sie spielen meistens auch alle zusammen und es kommt selten vor, wenn sie ein Spiel gemeinsam begonnen haben, dass ein Kind eher aufhört und sich etwas neues sucht. Es ist auch krass, wenn man sich überlegt, wie viel Freude man einem Kind hier mit einem Luftballon machen kann. Bei uns zu Hause würden die meisten Kinder wahrscheinlich gerade mal 5 Minuten damit spielen und dann wäre es schon wieder langweilig. Jedes Mal, wenn hier ein Luftballon geplatzt ist, waren sie total erschrocken und auch ein bisschen traurig. Dann schauen sie mich immer mit großen Augen an und ihr Blick sagt mir: Ohje, hoffentlich hat sie jetzt noch einen!

Mit Minosha habe ich am Nachmittag ein Puzzle gemacht. Dafür, dass sie schon 11 Jahre alt ist, hat sie meiner Meinung nach ziemlich lange dafür gebraucht. Wahrscheinlich muss sie in Zukunft sehr gefördert werden. Sie kennt noch nicht alle Buchstaben und im englischen Zählen ist Chanchala mit ihren 9 Jahren wesentlich besser.

Am Nachmittag wollten die Kids dann unbedingt noch einmal tanzen. Auch Minosha kann sehr gut tanzen. Ich habe ihnen dann gezeigt, dass man auch zu zweit tanzen kann, indem ich immer jeweils ein Mädel an die Hände genommen habe und mit ihr ein paar Drehungen gemacht habe. Das fanden sie total witzig und sie haben sich dabei halb kaputt gelacht. Hier ist noch mal ein Foto von den drei Mädchen, wo sie alleine tanzen:

05.08.tanzen
Zum Schluss nun noch ein paar Worte zu mir: Ich habe mich mittlerweile sehr gut hier eingelebt. An das (teilweise) scharfe Essen und die Insekten habe ich mich auch schon einigermaßen gewöhnt. Das einzige, was mir wirklich zu schaffen macht, sind die Sch...Moskitos!!! Die sind echt nicht zu vergleichen mit unseren deutschen Mücken. Mein Anti-Mücken-Körper-Spray interessiert die nicht die Bohne und wenn sie einmal zustechen, dann auch richtig. An meinem linken Fuß habe ich zur Zeit 6 Stiche, die alle wahnsinnig hart und dick sind. Hier mal ein Foto, damit ihr eine Vorstellung davon bekommt:

05.08.fuss Gestern abend hat der Stich am Knöchel so sehr wehgetan, dass ich gar nicht mehr normal laufen konnte. Heute geht’s zwar wieder einigermaßen, aber von angenehm kann natürlich keine Rede sein.

Außerdem habe ich schon seit Dienstag einen schönen Ausschlag im Gesicht und am Hals. Frank meint, dass dieser wahrscheinlich vom Essen kommt, da ich vermutlich irgendein Gewürz nicht vertrage. Der Ausschlag juckt ganz besonders abends und wenn ich im Gesicht sehr schwitze (z.B. wenn ich mit den Kids rumtobe). Ich werde noch einmal bis Montag abwarten und wenn dann immer noch keine Besserung in Sicht ist, werde ich einen Hautarzt aufsuchen.

Alles in allem sind das aber nur kleine Übel, wenn ich dafür täglich das Lachen der Kids sehen kann. Dafür nehme ich gerne das Jucken und Brennen in Kauf!

Frank heitert mich mit seinem (teilweise echt dunklen) Humor auch immer wieder auf, wenn ich mal wieder am Rumjammern bin. Er sagt immer: „Jetzt weißt du wenigstens mal, wie es mir schon seit 18 Monaten geht!“ Ja, ja... toller Trost...

Ich bin jedenfalls mittlerweile sehr froh darüber, dass ich das Praktikum hier mache. Es ist in jedem Fall eine komplett andere Welt, deren Sitten und Gebräuche mich immer wieder aufs Neue erstaunen. Außerdem denke ich, dass ich den übrigen 3 Wochen noch viele neue Erfahrungen sammeln kann.

 

Sonntag, 06.08.06  

Eigentlich wollte ich zum heutigen Tag einmal nichts schreiben, da nichts besonderes passiert ist und ich mir ja auch mal eine Auszeit nehmen kann. Aber da es heute abend noch eine kleine Sensation gab, will ich euch das halt doch nicht vorenthalten. Aber dazu gleich...

Ich habe mich heute wieder den ganzen Tag mit en Kindern beschäftigt. Nachmittags sind Frank und ich mit den beiden mal zum Strand gegangen. Sie hatten sehr großen Spaß daran, vor den Wellen wegzurennen oder irgendwelche Bilder oder Wörter in den Sand zu schreiben. Ich habe den beiden abwechselnd auch hin und wieder eine Rechenaufgabe in den Sand geschrieben und sie zeigten viel Elan, diese zu lösen. Irgendwann haben beide ihre anfängliche Scheu vorm Wasser überwunden und ließen sich die Wellen um die Beine spülen. Einmal passten wir alle nicht auf, als plötzlich eine riesengroße Welle kam. Da waren wir natürlich schön nass. Die Kids fanden das total witzig und haben sich vor Lachen kaum eingekriegt. Es hat dann auch nicht mehr lang gedauert und Anne hat sich einfach ins Wasser gesetzt. Es war jedenfalls sehr schön, Chanchala und Anne so glücklich zu sehen. Leider hatte ich meine DigiCam vergessen, um das Ganze festzuhalten.

Als wir wieder im Angels Home waren, habe ich den beiden erst einmal eine ordentliche Dusche verpasst und ihnen frische Sachen angezogen.

Nun noch zu dem Wahnsinns-Erlebnis am Abend: Ich habe Frank gerade eine gute Nacht gewünscht und bin in mein Zimmer gegangen, als ich ihn plötzlich rufen hörte: „Julia, bring mir mal einen Fotoapparat! Schnell!“ Ich war total erschrocken, griff mir die Kamera und rannte in die Küche. Dort sah ich Frank mit einem Besen in der Hand unter der Feuerstelle herumstochern. Als er dann zu mir sagte, hier sei eine Schlange in der Küche, musste ich erst einmal tief durchatmen... Okay, hier ist eine Schlange... Und Frank hat nichts besseres zu tun, als erst einmal nach dem Fotoapparat zu schreien, dachte ich mir. Naja, so ist er halt. Nachdem er dann noch ein bisschen in der Ecke rumgestochert hat, kam sie schließlich zum Vorschein.

06.08.schlange
Mich hat es schon voll die Überwindung gekostet, überhaupt dieses Foto zu schießen. Schließlich war ich dabei für einen Moment lang unaufmerksam und die Schlange hätte mich anspringen können. Es war zwar nur eine ganz kleine, aber Frank meinte, sie sei hochgiftig. Na toll! Er hat sie dann irgendwie mit dem Besenstiel bezwungen und ihr ein paarmal damit auf den Kopf geschlagen. Aber irgendwie hat sie jedes Mal danach immer noch gelebt. Die Viecher sind echt robust. Frank hat sie dann in einen Eimer gepackt, einen Deckel drauf gemacht und dann will er morgen früh noch einmal nachsehen, ob sie noch lebt. Er meinte, dass er normalerweise nur ungern Schlangen tötet, aber diese sei nun mal sehr giftig und außerdem schon öfters in der Küche gewesen. Wenn ich ehrlich bin, war ich ganz froh, dass die Schlange dann erst einmal außer Gefecht gesetzt war. Es hat zwar dann noch eine Weile gedauert, bis ich eingeschlafen bin, aber ansonsten habe ich dieses erste Schlangen-Erlebnis eigentlich ganz gut verarbeitet.

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