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Besuch meiner besten Freundin.

Julia und ich
I
n diesem Bericht möchte ich meine ersten Eindrücke von Sri Lanka, den Kindern und dem Leben hier zusammenfassen. Aber zunächst kurz etwas zu mir persönlich und meiner Verbindung zu Julia. Ich lebe derzeit in Wien, komme aber ursprünglich aus... 

Meiningen/Thüringen. Julia kenne ich nun bereits seit über 18 Jahren, wir lernten uns in der Grundschule kennen und sind seit dem dicke Freunde. In dieser langen Zeit haben wir viele Dinge gemeinsam erlebt und uns beide natürlich auch immer wieder verändert und weiterentwickelt, trotzdem haben alle Etappen unserer Freundschaft uns nur immer mehr verbunden. So auch der Entschluss von Julia, nach Sri Lanka zu gehen, möglicherweise habe ich diesen nur halb so schlimm empfunden wie manch anderer. Ich wusste einfach, dass auch diese große Entfernung unserer Freundschaft nach so langer Zeit keinen Abbruch tun und wir Kontakt halten würden. Eigentlich war ich sogar froh, dass sie hierher ging. Nicht, weil ich sie dann nicht mehr sehen muss, sondern zum Einen, weil ich wusste, dass sie die Mädels und das Projekt so sehr ins Herz geschlossen hat und zum Anderen, weil ich noch genau im Kopf habe wie begeistert Julia bereits nach ihrem ersten Sri Lanka Urlaub mit 12 Jahren war. Ich wusste einfach, dass sie sich hier wohlfühlt, was in Deutschland vielleicht im Vergleich zunächst nicht so gewesen wäre. Und weil ich ja 'ne gute Freundin bin, im Dezember mein Studium beendet habe, Julia bereits lange versprochen habe, sie besuchen zu kommen, dachte ich mir, nutze ich die Gelegenheit noch einmal, 4 Wochen am Stück frei haben zu können und machte mich auf den Weg nach Marawila.

 

Meine Ankunft

In Colombo angekommen hat mich beim Ausstieg das Klima erst einmal erschlagen. In lange Winterklamotten eingepackt habe ich trotz eines relativ kühlen Tages sofort das Schwitzen angefangen. Es fiel die erste Zeit ganz schön schwer, zu atmen und ein Film bildete sich auf meiner Haut. Weiter auf meinem Weg zur Gepäckausgabe fühlte ich mich dann als weißes, blondes, allein reisendes Mädchen wie ein laufendes leckeres Rumpsteak. Alle schauten mir hinterher, als käme ich von einem anderen Stern, ich merkte richtig, wie sich alle nach mir umdrehten - ein echt komisches Gefühl. Draußen hat mich dann meine Julia empfangen, da hab ich mich aber gefreut und vor allem war ich endlich angekommen. Rukmal, der Fahrer von Julia und Frank, holte uns ab und auf ging's nach Marawila. Den ersten Kokosnussstand nicht an uns vorbeiziehen zu lassen und mir diese Leckerei gleich zu gönnen, war für Julia und Rukmal selbstverständlich. Ich als Touristin bekam einen Trinkhalm, Julia und Rukmal dagegen machen das singhalesisch - nur mit dem Mund. Im Haus von Julia und Frank haben mich dann auch Frank, Sophie und Verena begrüßt. Sie sind alle total nett und wir hatten auch schon riesigen Spaß zusammen. Am Nachmittag sind wir dann zu den Kindern ins Heim gefahren, natürlich per TukTuk, die günstigste, aufregendste, lustigste und schnellste Möglichkeit hier von A nach B zu kommen. Ich wurde von allen Kindern und Angestellten ganz lieb mit einem Blumenstrauß und Beifall begrüßt. Dann haben wir dort gegessen (ich den ersten Tag noch mit Gabel, aber die nächsten dann mit den Fingern).

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Was soll's, machen ja alle so. Aber nur mit der rechten ????, denn die andere benutzt man hier ja für was anderes. Später haben wir mit den Kindern Brennball gespielt und sind am späten Nachmittag wieder nach Hause.

 

Das Angels Home und die Kinder

Endlich kann ich nachvollziehen, warum Julia unbedingt hier arbeiten wollte. Die Mädels sind echt zuckersüß.

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Ihr Umgang untereinander, ihre Disziplin, ihre Tapferkeit und ihre Herzlichkeit haben mich sehr beeindruckt. Bereits nach ein paar Tagen, die ich im Heim verbracht habe, kamen die Kinder auf mich zu, wollten mit mir spielen oder haben mich einfach an die Hand genommen, um umher zu laufen. Wenn man bedenkt, was die Kinder teilweise durchgemacht haben, verwundert diese schnelle Vertrautheit und Körperlichkeit schon ein bisschen. Es macht richtig Spaß, mit den Kindern zu spielen. Sie haben Spaß an den einfachsten Spielen, beweisen dabei eine enorme Ausdauer und auch Langeweile kommt hier, glaube ich, selten auf. Ich meine jetzt schon sagen zu können, dass diese Mädels im Unterschied zu deutschen Kindern viel genügsamer und mit viel kleineren Dingen zu begeistern sind - eine tolle Eigenschaft. Alles in allem haben es die Mädels im Angels Home sehr gut. Sie haben einen strukturierten Tagesablauf, viele Möglichkeiten, zu spielen, sie werden bei den Hausaufgaben unterstützt, bekommen Nachhilfe und lernen auch alltägliche Dinge wie Kochen, Waschen, Fegen und Ordnung zu halten.

 

Die Singhalesen und das Land

Die Singhalesen sind wirklich ein lustiges und nettes Völkchen. Ihre Langsamkeit, scheinbare Unbeschwertheit und Kontaktfreudigkeit haben schon einen gewissen Charme. Man erlebt hier Situationen, die in Deutschland wahrscheinlich nie passieren würden, aber auf ihre ganz eigen Art und Weise einfach nur lustig sind. Zum Beispiel waren wir alle zusammen Essen in einem neuen kleinen Imbiss. Nachdem wir alle bestellt hatten und Julias und mein Essenswunsch an diesem Tag leider aus war, bestellten wir darauf hin Reis und Hühnchen. „Kein Problem", sagte der Kellner. Nach 20 Minuten haben dann Verena und Frank ihr Essen bekommen und wir nicht, auch noch nicht weiter ungewöhnlich, weil das ist hier auch normal, dass nicht immer alle zum gleichen Zeitpunkt ihr Essen bekommen. Weitere lange und hungrige Minuten vergingen, als plötzlich ein Motorrad angefahren kam - der Fahrer bepackt mit zwei Säcken Reis. Frank meinte: „Guck mal, da kommt euer Reis." Folglich war auch der Reis aus, aber das mussten sie uns ja nicht sagen. Als wir dann nach ca. 45 Minuten oder mehr immer noch kein Essen hatten, ging Frank in die Küche und fragte, warum das so lange dauert. Da stand der Kellner hinterm Herd und hat unser Essen zubereitet, während der Koch daneben lag und schlief. Wir wollten gar nicht glauben, dass der Kellner nicht einmal auf die Idee kam, den Koch zu wecken. Julia und Frank meinten nur: „Das ist Sri Lanka. Solche und ähnliche Situationen passieren uns hier jeden Tag." Ich kann noch darüber lachen und finde die Situationen einfach nur unglaublich und vor allem witzig, aber ich denke, nach einer Zeit können diese Verhaltensweisen auch schnell sehr anstrengend werden.

 

Ich

Ich erlebe noch nicht jede Minute bewusst. Es fällt mir auch schwer, die Eindrücke alle in Worte zu fassen, weil ich vieles, glaube ich, noch gar nicht wirklich realisiere. Zum Beispiel, welche Dimensionen die Armut hier hat, unter welchen Lebensbedingungen die Menschen hier ihre Tage verbringen oder auch was die Kinder vom Angels Home in ihrer Kindheit schon alles durchgemacht haben müssen, all das kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Frank erzählte zwar bereits viel über die finanziellen und ideellen Umstände der Menschen vor Ort, trotzdem fällt es schwer, alle Erfahrungen, die ich hier mache, zum Einen bewusst wahr zu nehmen und zum Anderen zu formulieren. Ich weiß noch nicht, woran das liegt und hoffe, es ändert sich noch. Was ich jedoch schon bewusst aufnehme, sind die extremen Gerüche und Geräusche, die hier kursieren. Abends, wenn man auf dem Balkon sitzt und die Augen schließt, sind da so viele Geräusche, die im Zusammenhang so interessant sind, dass sie jeden Fernseher ersetzen.

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Von gackernden Hühnern, grunzenden Schweinen, zirpenden Grillen bis hin zu Vöglen, Ziegen, Geckos (ja die geben auch sehr lustige Töne von sich). Auch der Hahn von gegenüber, die rauschenden Bäume und die ratternden TukTuks und Motorräder reihen sich in dieses Konzert mit ein - und das sind bei weitem nicht alle Musikanten.

Zu den Gerüchen und den weiteren Eindrücken von Land und Leuten schreibe ich dann in meinem nächsten Bericht, weil ich glaube, es reicht fürs erste.

Liebe Grüße aus Marawila

 

 

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