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Besucher

Besuch von Marion & Wolfgang Fischer. 04.02.2008

Größte Überzeugung gewonnen

Vom 11. bis zum 27. Januar 2008 leisteten wir uns nach 1995 den zweiten Sri Lanka Besuch.

Diese Reise machten wir aus zwei vordergründigen Erwägungen.

Erstens wollten wir unsere Tochter Julia besuchen, die seit August 2007 nach Abschluss ihres Studiums in Sri Lanka lebt und ehrenamtlich mit Frank Lieneke ein Waisenheim mit 20 Mädchen betreut, das „Angels Home for Children" in Marawila. Julia berichtete ja schon mehrfach in der Vergangenheit über den Aufbau dieses Heimes während ihres Studienpraktikums, einem weiteren Urlaubsbesuch sowie in der Zeit ihres jetzigen Aufenthaltes.

Zweitens wollten wir uns natürlich vor Ort überzeugen, wie das Geld, welches wir zur Unterstützung dieses Heims im vergangenen Jahr in Spendenaktionen sammelten bzw. das wir als Pateneltern für ein Mädchen zur Verfügung stellten, im Sinne des Wohlergehens dieser Kinder und für den Fortbestand dieses Heimes vollwertig angelegt wird.

Die Eltern von Julia wollten sich selber überzeugen und besuchte das Projekt in Sri Lanka

Wir haben diesen Besuch also auch als ein Stück Verantwortung gegenüber unseren fleißigen Spendern und Gebern verstanden, ihnen zu Hause zu bestätigen, dass sie ihr Geld in einer äußerst sinnvollen, höchst notwendigen und grundehrlich angelegten Aktion investiert haben.

Drittens wollten wir nach einem arbeitsreichen Jahr natürlich auch etwas die Seele in unbeschwerten Urlaubstagen baumeln lassen, weshalb wir uns auch in ein kleines Hotel mit besonderer Umgebung in Marawila am Meer einmieteten.

Viel zu schnell und ereignisreich sind die Tage vergangen, und es ist Zeit, ein kleines Fazit zu ziehen.

Alle Bekanntschaften, die wir machten, ob Besucher des Heimes wie Hänschen und Biggi aus Koblenz, Gerda Tauber aus München, Eltern Horst und Renate sowie Schwester Petra von Frank und seinen Freund Jan, Einheimische, die mit Zulieferungen von Plantagenfrüchten unterstützten, Hana, die spontan 5 Wochen Urlaub in 5 Wochen Kinderbetreuung im Heim umwandelte oder Stefanie Popovits, eine rüstige 74-jährige Wienerin, alle waren des Lobes voll über soviel glückliche und liebenswerte Kinder und die für sie geschaffenen Lebensbedingungen.

Jedes Kind hat seine eigene Lebensgeschichte, seinen eigenen sozialen Hintergrund in Armut, Elternlosigkeit, Familienzerwürfnissen, Verstoßung und zurückgebliebener körperlicher, geistiger und seelischer Verfassung. Aber hier haben sich die Kinder, unter dem mittlerweile internationalen sozialen Netz der vielfältigen Geld- und Sachspenden, mit Hilfe der Erwachsenen ein Lebensumfeld aufgebaut, in dem sie sich unterstützen, liebevoll und verantwortungsbewusst miteinander umgehen, Altersunterschiede zwischen 5 bis 17 Jahren in einem unbeschreiblichen Zusammengehörigkeitsgefühl abbauen und sich gegenseitig, auch bei unterschiedlichem Glaubensbekenntnis - 13 Mädchen katholisch und 7 Mädchen buddhistisch - achten und helfen.

Es gibt ein widerspruchslos geregeltes Leben, wo man sofort erkennt, dass die Kinder stolz sind auf ihr jetziges Zuhause, auf ihre Leistungen und ihr Können und auf die Fürsorge des Heimpersonals und der Kinderfrauen, wo man sich auch mal bei kleinen Problemen, die bei jungen Mädchen durchaus vorhanden sind, anlehnen und Rat suchen kann!

So gehören zum Wochenprogramm der regelmäßige Schul- und Kirchen- oder Tempelbesuch, die bei den größeren Mädchen alleinige Wäsche und Pflege der Tages- und Freizeitkleidung sowie der weißen Kleider der Schuluniformen, die organisierten und betreuten Schularbeiten, der zusätzliche Englischunterricht, das gemeinschaftliche Spielen, die Erhaltung und Pflege der Beete im gemeinschaftlichen Garten, die Sauberhaltung des Heimes und des Geländes sowie der Unterricht in national-traditionellen Tänzen.

Außer der Reihe werden auch zusätzliche Interessen bedient, so das Einstudieren verschiedener Sketche, das Üben auf einem Keyboard, der Umgang mit einem Computer oder auch mal das Schauen einer Fernsehsendung.

Besonders aufgefallen ist uns, mit welcher Hingabe und Begeisterung diese Kinder auch mit den einfachsten Mitteln noch spielen können. Fünf Steinchen bei einem Greif- und Fangspiel oder ein Luftballon fesseln in einem stundenlang begeisterten Spielen. Mit großer Freude widmen sie sich auf dem Hof im Kricket, dem Nationalsport Sri Lankas, oder veranstalten Staffelläufe bis zur letzten Verausgabung. Die Kinder sind Bewegungstalente geworden, am besten zu sehen in ihren selbst gestalteten Tanzspielen, wo man ihren Erfindungsgeist, ihre Geschicklichkeit, aber auch ihr Musikverständnis und ihren Humor bewundern kann. Man sieht mit Freude, dass unter dem fürsorglichen Betreuungsprozess die Kinder an Körper und Geist genesen und wie sie ihre Gefühlswelt in der behüteten Gemeinschaft ausleben können.

Wir konnten uns gleichfalls bei der Einladung zum Standardmittagessen „Rice and Curry", ein Gericht mit dem Hauptnahrungsmittel Reis, mehreren verschiedenen Gemüsezubereitungen sowie Fisch und Fleisch, überzeugen, dass man ständig bemüht ist, die Entwicklung der Kinder mit einer vollwertigen Ernährung zu unterstützen und ihnen auch immer Schmackhaftes zuzubereiten. Obst, Säfte, Früchte, Joghurt, Tee und Kekse sind reichlich vorhanden und runden die Mahlzeiten ab. Alle Mahlzeiten werden gemeinschaftlich eingenommen und auch der Tischdienst wird zusammen ausgeübt. Nicht selten werden die Größeren, auch zur Erlernung des Kochens und der Zubereitung von Speisen, zu Handreichungen bei der Küchenarbeit herangezogen.

Besondere Ereignisse im Leben der Kinder sind die Besuche von Gästen, insbesondere von Pateneltern, sowie die liebevolle Ausgestaltung der Geburtstagsfeiern der Mädchen mit selbst gebackener Torte, Feierstunde, Kulturprogramm und kleinen Geschenken. Uns hat sehr gerührt - unser Patenkind Anne wurde am 12. Januar, als wir ankamen, gerade 9 Jahre - dass dieses Feiern in der Gemeinschaft, dieses höchste Glücksempfinden des Geehrtwerdens, der Würde und Achtung des Einzelnen in ihrer schönsten feierlichen Kleidung, den Kindern offensichtlich mehr wert ist als jedes Geschenk. Geschenke nehmen sie natürlich, fast unterwürfig, dankbar an und ziehen sich mit diesen in ihren kleinen Intimbereich eines eigenen Schrankspindes zurück. Erst Tage später sieht man sie dann stolz mit neuen Ohrringchen, einer Halskette oder anderen Geschenken in der Gemeinschaft.

In solchen Situationen wandern einem sehr wehmütig die Gedanken ab zu unserer Überflussgesellschaft, wo es ohne Handy, Play-Station, Computer und ihre Spiele, Elektronikspielzeug und Markenartikel in Massen und in allen Lebensbereichen in unserer Kindererziehung mit teilweise übersteuerten Wertvorstellungen nicht mehr geht.

Sehr berührt hat uns der Abschied von den Kindern, bei denen wir oft in ihrem Heimleben integriert waren und die uns nun auch persönlich als Paten und Helfer kennen gelernt hatten. Jedes Kind verabschiedete sich persönlich von uns mit einer lieb gestalteten Karte oder einem Brief, nicht selten mit den Anreden: „Mama and Papa, come back to Sri Lanka", „God bless you and good luck - Papa and Mama" oder „I love you, Papa and Mama" usw. Alle knieten vor uns nieder und drückten damit nach Landessitte ihre Hochachtung und Liebe vor uns aus.

Nun sitzen wir wieder zu Hause, hatten einen wirklich schönen Urlaub, aber das Herz läuft uns vor Wehmut und tiefem Mitgefühl mit den Kindern in Sri Lanka über!

Erfreulich ist, dass wir jedem unserer Spender und Interessenten versichern können, Julia, unsere Tochter, und Frank Lieneke machen einen tollen ehrenamtlichen Job. Man spürt, dass diese beiden dort sehr geliebt und noch mehr gebraucht werden! Sie bieten den Kindern ein Stück Kindheit und Menschwerdung, dass unter anderen Bedingungen unmöglich wäre. Wir haben draußen im Lande viel Armut und Elend gesehen, das Kinderheim ist eine andere Lebensqualität!

Da man aus der Darstellung des Projekts im Internet unter der Adresse www.dry-lands.org unschwer entnehmen kann, dass das Mädchenwaisenheim „Angels Home for Children" in Marawila in Sri Lanka ohne jede staatliche Bezuschussung auskommen muss und einzig und allein auf privaten Spendenmitteln und Patenschaften basiert, schwingt natürlich auch für uns immer die Sorge mit - wie geht es weiter?

Zunächst einmal möchten wir allen Helfern versichern, und davon konnten wir uns persönlich überzeugen, dass jeder gespendete finanzielle Beitrag, wie auch im Internet ersichtlich, dem Heim und den Kindern unmittelbar zugute kommt. Mit Hilfe von Frank Lienekes Eltern wurde in Deutschland ein Hilfsverein für dieses Kinderheim gegründet, der auch das in Deutschland liegende Konto für Spendengelder überwacht und von dem Frank die Mittel für die Betreuung des Projekts abzieht. Sowohl Frank als auch Julia beziehen aus diesen Mitteln keine Zuwendungen, sieht man von der täglichen Mittagsversorgung im Heim ab.

Wir schildern das ganz bewusst so, weil man von so vielen Hilfs- und Spendenaktionen leider auch viel Korruptives mitbekommt, was die Spendenwilligkeit immer wieder absenkt!

Bei diesem Projekt haben wir die größtmögliche Überzeugung gewonnen, dass es hier keine Trittbrettfahrer und andere Nutznieser gibt, die sich an Spendengeldern bereichern. Glückliche Kinderaugen haben da ganz einfach die Antwort gegeben!

Trotzdem bleibt die Sorge um das Weitergehen! Im Falle unserer Tochter und der Erhaltung einer bestimmten finanziellen persönlichen Grundlage für sie, werden wir als Familie auch weiter mithelfen. Aufmerksam werden wir aber auch die Situation im Lande beobachten, an dem natürlich auch die Teuerungen auf dem Internationalen Markt nicht spurlos vorüber gehen, die Waren- und vor allem die Nahrungsmittelproduktion in den letzten Monaten hohen Preisanstiegen unterliegt und ein Friedensprozess zwischen Tamilen und Singhalesen noch nicht abzusehen ist.

Die Lebenshaltungskosten schlagen natürlich auch auf das Heimgeschehen durch. Bisher war es immer möglich, manchmal mit Zusatzaufwendungen, das Heimleben abzusichern. Dafür möchten wir uns, auch im Namen von Frank und Julia, bei allen Spendern recht herzlich bedanken, die bisher mithalfen.

Vielleicht gelingt es uns aber auch auf Grund unseres persönlichen Erlebnisberichts, weitere Herzen aufzuschließen und damit wieder einen kleinen Beitrag für glückliche Kinder in einem wunderschönen Land zu leisten.

 

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