Skip to main content

Besucher

Fotoprojekt und mehr ...

Erfahrungsbericht von Aileen Rogge. 3 Wochen im Angels Home.

Es war eine recht spontane Entscheidung Frank, Julia und die Mädchen zu besuchen bzw. fotografisch zu begleiten und einen kleinen Einblick von Sri Lanka zu bekommen. Die Idee war zum einen, mit meiner Arbeit dem Angels Home zu helfen und zum anderen, durch eine kleine Auszeit gestärkt zurück...

Aileen und ihr Patenkind Subanizu kommen. Sehr gefreut habe ich mich natürlich auch Subani, das Patenkind - nun Freundin - meiner Mutter, meiner Schwester und mir kennen zu lernen. Subani habe ich sehr in mein Herz geschlossen. Nach kurzem, schüchternen Beschnuppern beiderseits, war das Eis auch schon gebrochen. Subani war mir immer eine große Hilfe. Sie hat den anderen Kindern, die fast kein Englisch sprachen, auf singalesisch erzählt, was ich gerade vorhabe oder auch Fragen übersetzt wie z.B. meine Familie heißt, wie alt alle sind usw. Oft habe ich so meine Familie an Hand von Fotos vorstellen müssen.

Jedes Kind zeigt sehr stolz die Fotoaufnahmen der eigenen Pateneltern  oder auch die schönen erhaltenen Geschenke. Am Anfang wunderte ich mich, wie wertvoll die Geschenke für die Kinder sind, z. B. entfernen die Kinder weder die Verpackung noch das  kleine Hinweis-Schildchen.

Oft sind es die einfachen Dinge, die den Mädchen Freude bereiten, wie Seifenblasen, Stempel oder Glanzbildchen mit Blumenmustern. Hätte ich das gewusst hätte ich Subani keine Stifte mitgebracht, da es diese vor Ort günstig zu erwerben gibt. Gut, dass ich wenigsten von meiner Mutter  Buntstifte und keine Filzstifte mitbekommen habe. Denn die trocknen hier einfach zu schnell aus.

Aileen und die kleinen Foto-StarsDa für die Mädchen, sowie scheinbar für alle Singalesen, Fotos etwas ganz besonderes sind, war es für mich eine große Freude zu fotografieren. Oft hieß es nur „Picture, Picture“ und schon rannten die Mädels zur nächst stehenden Blume. 

Das Alter spielt dabei keine Rolle,  jede weibliche Singalesin möchte gerne mit Blumen im Bild zu sehen sein.  Schön, dass ich auch Aufnahmen einfach beim Spielen. Herumtollen, Lernen, Beten, Lesen - also vom Alltagsleben - machen konnte.

Fischer in Marawilia bei der ArbeitEin besonderes Erlebnis war für mich, Fischer beim Einholen des Netzes zu fotografieren. Ich war mit Petra (Franks Schwester und eine super Assistentin) und dem Tuk Tuk Fahrer Christi am Strand. Christi stellte mich beim Chef vor und ich durfte starten.

In erster Linie waren die Fischer, glaube ich, sehr stolz, dass sich jemand für sie und ihre wirklich harte Arbeit interessierte.

Gerade als ich die ersten Bilder gemacht hatte, fiel den Fischern, Petra, Christi und mir alles aus dem Gesicht:  Sehr leicht bekleidete Touristen wollten das Schauspiel auch gerne festhalten. Anstand und Respekt hatten die drei Reisenden allerdings im Hotel gelassen.

Dazu sollte ich erwähnen, dass es in Sri Lanka nicht üblich ist, schulterfrei oder gar  im Badeoutfit herumzulaufen.  Regungslos standen also die Fischer neben den Netzen und sahen fassungslos zu, wie die beiden weiblichen Touristinnen sich auf den eben eingeholten Netzen räkelten und Meerjungfrauen spielten.  Singalesen sind sehr gastfreundlich und möchten in jeder Situation ihr Gesicht wahren.  So erklärte ich den Touristen ihr unangemessenes Verhalten und auch, dass es ungehörig sei, sich auf das gerade hart erarbeitet Essen zu werfen. Gott sei Dank  gingen sie dann auch.

Damit war dann die vorherige natürliche Distanz gebrochen und alle nahmen die jeweilige Tätigkeit wieder auf. Singend, um ihre Schubkraft zu verstärken, beendeten die Fischer ihre Arbeit und platzierten das Boot direkt am Strand in eine  gute Übernachtungsposition. Petra verteilte nun die mitgebrachten Zigaretten. Die Männer freuten sich sehr darüber.  Anschließend zeigten sie uns ihre direkt am Strand gelegenen Hütten.  Es war erstaunlich zu sehen, wie wenig diese Menschen besitzen. Ein ordentlicher Sturm kann jederzeit die wenigen Habseligkeiten und die Behausung aus Palmen vernichten. Ziemlich „geflasht“ von den Eindrücken verabschiedeten wir uns.

Zehnter Tag, die Hälfte meines Aufenthaltes ist um, und ich merke, dass ich immer noch nicht sagen kann, wo ich überhaupt gelandet bin. Das Beste an der Situation ist, dass für mich genauso wie für die Mädchen, das Angels Home ein Platz für Sicherheit und Geborgenheit ist.

Es ist schon skurril, wenn ich erfahre, was die Mädchen für Schicksale erlebt haben oder teilweise immer wieder erleben.

Vor einem Kurzbesuch bei den Erzeugern, Eltern wäre das falsche Wort, erzählte mir ein Mädchen nebenbei, dass es wohl auch Schläge geben wird, aber sie freue sich so sehr auf Ihre Oma.

Diese Vorfreude ist dann groß genug, so dass das Lächeln die ganze Zeit, während der Erzählung, auf dem Gesicht bleibt.

Mädchen aus dem Angels HomeTrotz harter Schicksale haben die Mädchen die Lebensfreude nicht verloren oder haben diese  in ihrem kleinen Paradies wiedergefunden.

(Wobei ich mit klein nicht das wunderschöne und g r o ß e Gelände meine! )

Im Angels Home einfach Kind sein dürfen, bedeutet für viele Mädchen etwas paradiesisch Schönes.

Vor Julia und Frank ziehe ich meinen Hut!

Mir war nie bewusst wie viel Zeit, Bürokratie und immenser Verwaltungsaufwand die Arbeit in einem Kinderheimbedeutet. Von einer sieben Tage Woche sind die beiden fast nur im Büro, in einer Besprechung oder sind damit beschäftigt die einfachsten Dinge des Alltags zu regeln. Diese nehmen oft Stunden in Anspruch. Das Leben in Sri Lanka funktioniert nach dem  Motto: Warum einfach, wenn es auch umständlich geht ...   Grinsen

Das Lächeln der Kinder, das gemeinsame Essen, die gemeinschaftlichen Aktivitäten und die Spielzeit ist für Julia und Frank die schönste Entschädigung und bringt Licht in all das verrückte, korrupte und skurrile Leben dort. Daher noch mal meine Hochachtung an Julia und Frank.

Selbst die Behörden machen Julia und Frank das Leben nicht gerade leichter.

Die Schule vor Ort gibt den Kindern im Heim gerne mal Zettel mit, worauf dann z.B. steht, dass ein Mädchen 20 Stifte benötigt. In Wirklichkeit werden dann diese Stifte an alle verteilt.

Schade ist, dass die Schule, um bei diesem Beispiel zu bleiben, nicht offen darüber spricht, dass Geld für notwendige Anschaffungen fehlt. Julia und Frank drehen selbst jeden Rupie dreimal um.

Schwarz auf weiß steht geschrieben, dass ein staatliches Kinderheim für Ordnung zu sorgen hat, falls ausländischer Besuch kommt. Vermutlich sind die Lebensbedingungen für Kinder (z.B. Ernährung, Unterbringung und Ausbildung) dort längst nicht so gut wie im Angels Home. Somit ist Neid vorprogrammiert.

Was soll ich darüber denken? Ich habe viel Schönes gesehen aber auch viel Widersprüchliches. Ich glaube, Sri Lanka braucht nach Jahren der Besetzung, des Bürgerkriegs, der Unruhen und der Naturgewalten Zeit für Normalität, für die eigene Kultur und Zeit wirtschaftlich und seelisch genommene Schäden zu verarbeiten. Auf- und Umbruch ist spürbar.

Das Angels Home ist ein kleiner Anfang, den Mädchen zu zeigen, dass sie wertvoll sind und eine gute Zukunft haben können. Hier wird ihnen Mut gemacht,  selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln, ehrlich zu sein. Eine gute Schulausbildung wird angeboten, Englisch kann gelernt werden.

Mädchen haben hier das Rüstzeug, um ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen zu können.  Grundsteine sind von Julia und Frank gelegt und werden täglich vermittelt.

Ich hoffe, Sri Lanka erkennt, dass das Leben ein ewiges Miteinander ist. Und Mann nicht über Frau bestimmen darf! Ich hoffe weiterhin, ein Teil der Mädchen schafft es und wird dazu beitragen, das Leben und den Alltag - gerade den der Frauen- selbstbestimmter zu gestalten.

Zwei Tage habe ich dann noch das Kontrast-Programm Colombo und Umgebung gewählt.

Mit Hilfe zweier Freunde, Mimi und Eike, erkundeten wir einige Ecken von Colombo. Arm und Reich leben Tür an Tür. Das Gefühl welches ich dort hatte kann ich nicht in Worte fassen.  Oft war ich froh meine Kamera auch als mentales Schutzschild benutzen zu können. Dennoch waren die Menschen in ärmeren Vierteln sehr fotografierwillig und freuten sich über mein Interesse.

Merkwürdig empfand ich, dass selbst in einer Großstadt wie Colombo Razzien durchgeführt werden, um Liebespärchen hinter ihren Sonnenschirmen aufzuspüren. In der Öffentlichkeit ist es verpönt, selbst harmlose Zärtlichkeiten auszutauschen. So oder so: zwei randvolle Tage mit Gegensätzen; die Zeit war einfach zu kurz um eine fundierte Meinung abzugeben. Ich war voll mit Eindrücken! Und mein Rechner mit Bildern....

Das Land hat unglaublich viele Gesichter. Da ich nur einen sehr kleinen Teil von Sri Lanka gesehen habe, hoffe ich, dass ich bei meinem nächsten Aufenthalt mehr von Land und Leuten kennenlernen werde.

Mein Reise-Fazit ist der Gedanke „Was geht es mir doch gut.“

Wir haben ausreichend zu essen und medizinische Vorsorge ist selbstverständlich. Wird nicht oft einfach nur grundlos gejammert?

Ich jedenfalls kann mich nun wieder über einfache Dinge freuen, und hoffe, dass ich dieses leise Glück nicht so schnell vergesse oder es als selbstverständlich ansehe. Denn das ist es nicht.

 

  • Aufrufe: 4896