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Glassklar Achive

Das Schulsystem in Sri Lanka

Lernen fürs ExamenHallo zusammen,

endlich haben für unsere Mädchen die Ferien begonnen! In den letzten Wochen wurde fleißig für die Examen gelernt und die freie Zeit haben sich jetzt alle wirklich verdient.

Da es hier einige Unterschiede zum deutschen Schulsystem gibt, dachte ich mir, ich erkläre euch heute ein bisschen, wie es hier in Sri Lanka so mit der Bildung aussieht. Grundsätzlich gibt es für alle Kinder zwischen 5 und 14 Jahren eine Schulpflicht.

Zuerst besuchen alle Kinder für 5 Jahre die Primary School, welche in Deutschland mit der Grundschule vergleichbar ist. Im Anschluss daran kommen die Kinder für weitere 6 Jahre auf eine Junior Secondary School. Am Ende dieser Zeit können sie hier das sogenannte O-Level (Ordinary-Level) absolvieren. Dieser Abschluss ist mit der deutschen mittleren Reife vergleichbar.

Gute Schüler können dann noch einen weiteren Abschluss erzielen, indem sie anschließend für 2 Jahre die Senior Secondary School besuchen. Sie erhalten damit dann die Hochschulreife, die in Sri Lanka als A-Level (Advanced-Level) bezeichnet wird. Anschließend könnten sie auf eine der 13 Universitäten in Sri Lanka gehen. Zudem sind die staatlichen Schulen hier kostenfrei und so hat grundsätzlich jedes Kind die Chance, Bildung zu erhalten.

Die Mädchen in ihren SchuluniformenIn den unterschiedlichen Schulen gibt es auch immer eine Schuluniform, die die Schüler tragen müssen. Die Kosten für den Stoff für eine Uniform jährlich übernimmt die Regierung. Das funktioniert über Voucher, die die Kinder bekommen und sich damit den Stoff kaufen können. Um das Nähen (lassen) der Uniform müssen sich die Familien selbst kümmern. Es können auch zusätzliche Uniformen auf eigene Kosten gekauft werden.

Ein weiteres sehr wichtiges Element des Schulsystems ist, dass Englisch ein Pflichtfach ist. So schön, so gut. Es gibt allerdings auch einige Hürden bzw. Probleme im singhalesischen Schulsystem. Beispielsweise müssen Kinder, die eine Schule besuchen möchten, offizielle Dokumente haben. Dies ist allerdings in Sri Lanka oft nicht der Fall. Gerade arme Familien können sich die Ausstellung der Geburtsurkunden nicht leisten, oder leben in so einfachen bzw. schwierigen Verhältnissen, dass sie an solche Dinge schlichtweg nicht denken.

Auch im Angels Home hat das schon mehrfach zu Problemen geführt. Für die Kinder mussten zuerst Dokumente beantragt werden und sie konnten deshalb manchmal erst etwas später die Schule besuchen. Dadurch können einige Mädchen noch nicht lesen und schreiben, obwohl das der Lehrplan eigentlich von ihnen erwarten würde.

Ca. ein Drittel aller Kinder in Sri Lanka wird außerdem aktuell vorzeitig aus der Schule genommen, oder besucht diese erst gar nicht. Durch finanzielle Schwierigkeiten müssen Kinder hier oft schon früh zu Hause helfen oder sogar für das Familieneinkommen mitarbeiten.

Es gibt also zwar eine Schulpflicht, diese wird aber wohl nicht ordentlich überprüft und geahndet. Trotzdem liegt die Quote der Analphabeten in Sri Lanka aktuell unter 10% (Weltbevölkerung 23%).

Leider herrscht in den singhalesichen Schulen auch noch viel Gewalt und viele Lehrer bestrafen die Kinder noch mit Schlägen, wenn beispielsweise die Schuluniform nicht sauber ist, sie Fehler bei den Aufgaben machen oder frech sind.

Die Mädchen des Angels Home sind auf drei Schulen verteilt. Die meisten Kinder gehen auf die nur wenige hundert Meter entfernte buddhistische Schule. Vier Mädchen können bisher eine etwas gehobenere katholische Mädchenschule besuchen, die besser ausgebildete Lehrer beschäftigt und somit einen qualitativ hochwertigeren Unterricht gewährleisten kann. Auch diese Schule ist kostenlos, es wird allerdings ein Eignungstest vorausgesetzt, den die Mädchen bestehen müssen. Wir haben aber auch vier Förderschülerinnen, auf deren Schule körperlich sowie geistig behinderte Kinder, verhaltensauffällige Kinder oder auch, wie im Falle unserer Mädchen, einfach Kinder, die eine gesonderte Förderung benötigen und auf einer normalen Schule nicht bestehen würden, gehen. Leider kann bei der Vielzahl der unterschiedlichen Defizite keine individuelle Förderung stattfinden. Kinder mit besonderen Ansprüchen fallen in Sri Lanka – oder zumindest in den ländlichen Gegenden wie Marawila – also leider durch das Raster.

Ein Teil der Mädchen geht hier auf die SchuleDas Schuljahr in Sri Lanka geht von Januar bis Dezember und ist in 3 Terms aufgeteilt, die jeweils von Januar bis April, von Mai bis August und von September bis Dezember gehen, wobei die Kinder den ganzen Dezember Ferien haben. Abgesehen davon gibt es Ferien im April (2 Wochen) und im August (4 Wochen). Immer an Vollmond feiern die Buddhisten den sogenannten Poya-Day. An diesen Tagen müssen die Schüler mit buddhistischem Glauben nicht zum Unterricht, sondern gehen in den Tempel. Die katholischen Kinder der Schule haben dann frei und können zuhause bleiben.

Wie bereits erwähnt, finden nach jedem Term und somit auch Ende November dann in jeder Jahrgangsstufe Examen in jedem Fach statt. Dafür lernen die Kinder zwar in der Regel sehr viel, sie sind aber keine Voraussetzung für das Vorrücken in die nächste Jahrgangsstufe. Ob ein Kind die Klasse wiederholen muss, wird von den Lehrern eher willkürlich entschieden.

Wir machen im Heim leider auch immer wieder die Beobachtung, dass das Lernniveau der Kinder, nicht vergleichbar mit dem in Deutschland ist. Die Kinder lernen beispielsweise in der Schule nicht richtig, wie sie zu Hause lernen müssen und sind oft mit einfachen Aufgaben überfordert. Natürlich helfen die Erzieherinnen, Praktikantinnen und auch Julia beim Lernen, doch oft stehen uns sprachliche Barrieren im Weg. Julia muss sich oft selbst wieder einige schwierige Mathematik-Themen in Erinnerung rufen, um den älteren Mädchen bei ihren Aufgaben helfen zu können. Darum beneide ich sie ehrlich gesagt wirklich nicht!

Aber auch hier gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Mädchen. Wie auch in Deutschland gibt es sehr fleißige Schülerinnen, die man auch abends um 23 Uhr noch beim Lernen auffindet und die eher faulen Damen, die während der Hausaufgabenzeit lieber Löcher in die Luft starren, als sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren.

Draußen lernenMeiner Meinung nach sind die Grundzüge des Schulsystems in Sri Lanka - dafür dass sich das Land noch so im Aufbau befindet - schon sehr gut. Besonders gut finde ich, dass die Bildung grundsätzlich kostenlos ist. Man kann nur hoffen, dass sich die Wichtigkeit von Bildung in den nächsten Jahren immer mehr in den Köpfen der Bevölkerung verbreitet und auch Familien aus ärmeren Verhältnissen ihre Kinder in die Schule schicken.

Leider hört man immer wieder, dass junge Frauen nach der Schule schnell eine Familie gründen und nach einigen Jahren der Kinderbetreuung nur einfache Jobs auf sie warten.

Ich würde mir wünschen, dass sich unsere Mädchen hier sehr gut entwickeln und eine gute Ausbildung machen oder sogar auf eine Universität gehen können.

Wir versuchen also weiterhin die Mädchen zu motivieren, ihnen viel beizubringen und vor allem ihren Wunsch zu verstärken, etwas aus ihrem Leben zu machen. Drückt uns also bitte ganze fest die Daumen!

Eure Louisa

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