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Glassklar Achive

Lebhaft, lehrreich und besonders.

Am 15.11.2019 hat meine Reise nach Sri Lanka begonnen. Von Hamburg aus ging es über Warschau nach Colombo, die Hauptstadt Sri Lankas. Als ich nach der langen Reise gelandet war und die Sicherheitskontrolle hinter mir hatte, wurde ich bereits von Julia und dem Fahrer Onkel Dissa herzlich empfangen.

Angekommen im Angels HomeGemeinsam fuhren wir mit dem Auto nach Marawila zum Angels Home. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mich an diesem frühen Morgen erste lachende Gesichter empfangen und damit angefangen haben, meinen schweren Koffer die Treppe hochzutragen. Nach einer kurzen Hausführung durch die damalige Praktikantin Betty konnte ich mir einen Überblick über die Räumlichkeiten und die Atmosphäre im Heim verschaffen. Ich war sehr beeindruckt, was Julia und Frank über all die Jahre geschaffen haben. Das gut strukturierte und klar organisierte Kinderheim zeigte, wieviel Arbeit, Geduld und Durchhaltevermögen die beiden dafür aufgebracht haben!

In den ersten Tagen nach meiner Ankunft hieß es für mich anzukommen, auszuschlafen und sich an das heiße Wetter sowie das scharfe Essen zu gewöhnen. Das alles ging relativ schnell und schon nach zwei Tagen hat mein Praktikum offiziell gestartet. Gegen Ende November hat bereits die Vorweihnachtszeit im Angels Home begonnen und daher habe ich in meiner ersten Woche gemeinsam mit Betty einen Adventskalender für die Mädchen gebastelt. Es war spannend, heimlich im Computerraum am Adventskalender zu basteln, um Anfang Dezember den Mädchen damit eine kleine Freude zu machen.

Jede Menge Spaß bei GruppenspielenIn den kommenden Wochen war es dann soweit, die Weihnachtsferien standen vor der Tür. Jeden Tag haben wir mit den Mädchen, die im Heim geblieben sind, verschiedenste Aktivitäten unternommen. Das war eine gute Möglichkeit für mich, die einzelnen Mädchen besser kennenzulernen und zusammen mit ihnen Neues zu erleben. Auch wenn es manchmal herausfordernd war, die Truppe bei Mannschaftsspielen zu koordinieren und einen reibungslosen Ablauf zu schaffen, hatte ich selbst Spaß dabei und war sehr erleichtert, dass alles gut geklappt hatte und die Mädchen zufrieden und glücklich waren.

Englischunterricht mal andersIn der zweiten Hälfte meines Praktikums war schließlich die neue Praktikantin Carina zu uns gestoßen. Zusammen haben wir Englischunterricht für verschiedene Gruppen gestaltet und dabei nach Alter sowie Sprachkenntnissen differenziert. Dabei war mir zum ersten Mal aufgefallen, wie stark sich die Englischkenntnisse der Mädchen voneinander unterscheiden und wie schwierig es war, den Unterricht so zu gestalten, dass alle - unabhängig von den Niveauunterschieden - davon profitieren können. Während einige Kinder ein deutlich größeres Interesse an der Sprache und besseren Kenntnissen gezeigt haben, waren andere etwas unsicher und schüchtern. Meine kurze Erfahrung hat mir auch gezeigt, dass der klassische Englischunterricht, wie ich ihn aus meiner eigenen Schulzeit kenne, nicht dazu geeignet war, die Englisch-Fähigkeiten der Mädchen im Angels Home weiterzuentwickeln. Es hat sich herausgestellt, dass es deutlich zielführender war, den Mädchen durch Singen, Spielen und Malen die Sprache näherzubringen. Durch diesen Ansatz legten sie nicht nur mehr Fokus und Motivation sondern auch Lernwillen an den Tag. 

Eine weitere Erfahrung, die ich während meines Praktikums im Angels Home gemacht habe, sind Unterschiede in der Mentalität aber auch dem Wissensstand der Mädchen im Vergleich zu europäischen Kindern. Damit würden sich sicherlich neben dem Englischunterricht noch weiteren Themen anbieten, auf die bei der Erziehung und Ausbildung der Mädchen fokussiert werden könnte. Beispielsweise könnte verstärkt Aufklärung zu medizinischen / hygienischen Themen betrieben werden. Vor allem für die Mädchen zwischen 14-18 sollte auch Sexualerziehung Teil des Erziehungsprogamms sein. Weitere Möglichkeiten sehe ich bei Themen rund um Nachhaltigkeit, insbesondere im Umgang mit Plastikmüll. Während sich vor allem westliche Länder in den letzten Jahren auf reduzierten Plastikkonsum und bessere Wiederverwertbarkeit fokussiert haben, ist dieses Thema in Sri Lanka noch in den Kinderschuhen bzw. gar nicht präsent. Daher könnte es meiner Meinung nach ein Anfang sein, diese Themenbereiche ins Erziehungs- / Bildungsprogramm der Mädchen aufzunehmen - ob in der Schule oder auch im Heim. Auch die aktive Einbindung internationaler Praktikantinnen vor Ort könnte hierbei relevant sein, da diese meist unterschiedliche Erfahrungen aus westlichen Ländern mitbringen.

Viele strahlende Gesichter - jedes einzigartigMeine Praktikumszeit im Angels Home hat mich nicht nur viel Neues gelehrt, sondern mich auch oft zum Nachdenken angeregt. Ich bin glücklich und sehr dankbar für die Möglichkeit 2,5 Monate in einem Land verbracht zu haben, das sich in vielen Bereichen sehr von meiner Heimat Bulgarien oder Deutschland unterscheidet. Ich durfte hier eine neue Kultur und Mentalität kennenlernen und hatte zahlreiche Begegnungen mit warmen, herzlichen und hilfsbereiten Menschen. Sowohl unerwartete Situationen als auch viele neue und einmalige Erlebnisse waren Teil dieser spannenden Zeit. In Sri Lanka konnte ich unsere westliche Gesellschaft aus einem neuen Blickwinkel sehen. Während der hohe Lebensstandard in vielen westlichen Ländern oft auch anspruchsvolle und kritisierende Züge mit sich bringt, konnte ich durch meine Arbeit mit den Kindern erkennen, wie wenig man eigentlich braucht, um glücklich sein zu können. Außerdem wurde mir bewusst, wie selbstverständlich alltägliche Dinge wie gute medizinische Versorgung, Demokratie, Sexualität und Bildung für uns sind, während diese in einem Land wie Sri Lanka noch nicht oder kaum Teil der Gesellschaft sind.

Die Vielzahl an Eindrücken werde ich mit Sicherheit auch noch die kommenden Monate verarbeiten. Einige Erinnerungen werden verblasen, während andere mit der Zeit an Intensität gewinnen werden. Dieses Praktikum war eine lebhafte, lehrreiche und sehr besondere Erfahrung für mich. Alle Mädchen sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich werde mit großem Interesse die Weiterentwicklung jeder einzelnen unter anderem durch die Website von Dry Lands verfolgen und hoffen, dass alle Mädchen eine glückliche und zufriedene Zukunft vor sich haben. 

Eure Hristina

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