Die kleinen Momente
Wenn man mitten im Alltagsgeschehen steckt und manche Dinge schon fast wie von selbst zu passieren scheinen, übersieht man manchmal die kleinen Augenblicke. Genau diese Momente geben einem aber so viel!
Wenn ich morgens um fünf Uhr aufstehe, nach unten gehe um die Mädchen aufzuwecken und selbst noch nicht richitg wach bin, kommt mir manchmal schon ein Mädchen entgegen, lächelt mich an und wünscht mir einen guten Morgen. Was mir dann auch selbst ein Lächeln ins Gesicht zaubert ist, wenn ich versuche die kleine Anne zu wecken und sie während sie aufwacht lustige Schmatzbewegungen mit ihrem Mund macht. Während ich warte, bis sich alle Mädchen dann umgezogen haben, kommen so gut wie jeden Morgen Madushani, Subani und Gimhani bei mir vorbei um ein bisschen geknuddelt zu werden. Morgens wenn alles noch ruhig ist und die Mädchen noch leicht verschlafen sind, fühlen sich diese Momente besonders intim an.
Jedes Mal, wenn ich die Mädchen für ein paar Stunden nicht gesehen habe, etwa wenn sie in der Schule sind oder wenn ich frei habe und unterwegs war- kommen sie fast schon auf mich zugerannt um mich freudestrahlend zu begrüßen. Ich freue mich immer, sie wiederzusehen ?
Wenn neue Mädchen zu uns kommen, beobachte ich immer wieder, wie offen alle anderen Mädchen sind und wie gut sie die Neuen integrieren. Morgens helfen sie schon beim Haare flechten und abends beim Waschen haben sie sich in null komma nichts in die ganz eigene Dynamik des ‚Washing place‘ eingefunden. Da ist es auch kein Wunder, dass man sich als Praktikantin schnell einlebt und sich gut aufgehoben fühlt.
Nicht nur die Mädchen, sondern auch die Mitarbeiterinnen zaubern schöne Momente. Jeden Abend, wenn unsere Night-Matron Jacintha zur Arbeit kommen, wird man von ihr aufs herzlichste begrüßt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie spürt, dass wir ab und an unsere Familie vermissen und versucht auch für uns ein bisschen Mama zu sein. So kommt sie auch oft beim Abendessen zu uns und gibt uns etwas von ihrem mitgebrachten Essen.
Ab und zu vergisst man die Umgebung des Angels Home, weil man so sehr in den Alltag integriert ist. Doch auch das wird einem in manchen kleinen Momenten wieder deutlich. Wenn es aus heiterem Himmel anfängt zu regnen, stehe ich auf unserer Dachterrasse, schaue dem Regen zu und lasse den Moment auf mich wirken. Das mag vielleicht etwas doof klingen, aber es ist wirklich faszinierend, wenn man beobachten kann, wie der Regen vom Meer her zieht uns es von einer Sekunde auf die andere in Strömen regnet. Besonders wenn es zuvor längere Zeit nicht geregnet hat. Man merkt, wie es auf einmal etwas kühler wird und die Luft frisch riecht. Der Boden oder auch unser Wassertank fangen an zu dampfen und alles wirkt irgendwie beruhigend. Fast schon wie ein Sommerregen in Deutschland.
Auch der Mond ist ein tolles Naturschauspiel. Hier in Sri Lanka wirkt es so, als scheine der Vollmond noch heller – gut verständlich, dass der Vollmond im Buddhismus ein Feiertag ist.
Neben diesen kleinen Momenten gibt es noch so viele mehr, die mich zum lächeln bringen und mir das Gefühl geben, dass ich genau am richtigen Ort bin.
Bis zum nächsten Mal,
Lisa
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