Nun muss ich mich verabschieden
Wenn man jung ist, bekommt man unglaublich oft zu hören, dass die Zeit rennt, und zwar immer schneller umso älter man wird. Es wurde mir so oft gesagt, dass es irgendwann zu einer einfachen Floskel wurde, aber vor allem seit einem Jahr begreife ich, dass da wirklich was dran ist. In dem Jahr ist viel passiert und es hat sich viel verändert. Schule, Abi und dann ab nach Sri Lanka für 3 Monate, und nun, im Rückblick unfassbar schnell, liegen diese 3 Monate hinter mir.
Und das obwohl es sich zeitweise angefühlt hat, als würde die Zeit stillstehen, oder eher als würde ich mich wie in „Lola rennt“ in einem Zeitloop befinden. Obwohl der Tagesablauf und die Routine fast jeden Tag gleich ist, war die Zeit, die ich im Angels Home for Children verbringen durfte, geprägt von ständig wechselnden Eindrücken. Was ich damit sagen will ist, dass es schwer ist sich eine einzige Meinung zu bilden und die von Anfang bis Ende zu behalten, es gibt hier nicht den einen Standpunkt oder die eine Denkweise. Ständig verändert sich die Sicht auf die Dinge. Auf das Leben im Heim, auf den Alltag, die Gesellschaft, auf Erlebnisse und Selbstverständlichkeiten und auch auf das was man vermisst. Das hat sich auch bis jetzt, zwei Wochen nachdem ich das Kinderheim verlassen habe, nicht geändert. Seit ich nun alleine durch Sri Lanka reise habe ich viele sehr nette und interessante Leute kennnengelernt aber mitunter erwische ich mich selber dabei, dass ich teilweise in sehr ähnlichen Gesprächen und auf gleiche Fragen bezüglich meiner Zeit im Angels Home, sehr unterschiedliche Antworten gebe. Ich glaube mein Kopf ist einfach noch voll dabei die Zeit zu verarbeiten.
Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass ich die Entscheidung, mich für das Praktikum zu bewerben und nach Sri Lanka und ins Angels Home zu gehen nach wie vor nicht bereuen werde – ganz im Gegenteil. Ich hatte die Möglichkeit das Land anders kennen und schätzen zu lernen und vieles hier ist so selbstverständlich und normal geworden und wird mir fehlen, wenn ich wieder zuhause bin. Aber vor allem konnte ich auch viel dazulernen, durch den Alltag und die Kultur Sri Lankas und durch die Arbeit im Heim. Es würde schlichtweg nicht stimmen, wenn ich hier schreiben würde jeder einzelne Tag wäre super gewesen, und die Arbeit im Heim hätte immer Spaß gemacht, wäre immer interessant gewesen und ich wäre jeden Abend mit einem großen lächeln und dem Gefühl etwas guten und sinnvolles gemacht zu haben ins Bett gefallen. Nein natürlich nicht, das ist in Hinsicht auf die Zeitspanne wohl auch schlichtweg nicht möglich. Natürlich hat man auch schlechte Tage, ist genervt oder total fertig, vermisst etwas von zuhause oder kämpft mental mit einigen Sitten und Moralvorstellungen, die sich teils sehr von unseren unterscheiden – logisch. Dennoch hat mir die Arbeit sehr viel Spaß gemacht, und ich habe selten so selbstständige, lustige, liebenswürdige Mädels getroffen.
Nun verbringe ich die noch einige Zeit in Sri Lanka, und es ist erstaunlich zu sehen wie extrem auch die unterschiede innerhalb Sri Lankas sind. Hier unten im Süden ist es deutlich Touristischer und dadurch hat sich auch die Gesellschaft verändert. Ich hab auf jedenfall eine sehr schöne Zeit, im Moment vor allem mit viel surfen. Aber ja wenn ich hier im Bus sitze, das Gedudel der singalesischen Lieder höre und ein paar Schulmädchen in ihren weißen Schuluniformen in den Bus steigen und mich anlachen, dann werde ich schon etwas melancholisch und frag mich wie es den Mädchen so geht, erinnere mich an viele lustige, traurige und schöne Momente, und komischerweise vor allem an die Stimmen der einzelnen Mädchen. Am letzten Abend im Heim, wo der Abschied anstand hab ich aber auch noch etwas bekommen, was ich mit nach Hause nehmen werde und worüber ich mich riesig gefreut habe. Das ein oder andere der kleineren Mädchen hat sich bei der Gartenarbeit am letzten Tag ein wenig verquatscht- frei nach dem Motto – Caro wir machen keine Karte für dich als Abschiedsgeschenk Nein - was wirklich sehr niedlich war. Ich habe also schon geahnt, dass ich eine Karte bekommen würde, und fand das schon sehr lieb. Nach zahlreichen Stunden mit basteln und Briefe schreiben mit den Mädels, weiß ich wie viel Arbeit und Zeitaufwand das ist. Niemals hätte ich deshalb damit gerechnet, dass fast jedes einzelne Mädchen einen Brief oder ein Bild für mich machen würden. Zu sehen wie viel Liebe und Mühe sich alle gegeben haben um mir Danke zu sagen war wunderschön und hat den Abschied doch noch zusätzlich ganzschön schwer für mich gemacht. Dabei bin ich diejenige, die Danke sagen muss, dafür, dass ich so lieb aufgenommen wurde, die Erfahrungen machen und viel lernen, viele interessante Geschichten hören und so viele unterschiedliche Charaktere kennenlernen durfte. Und nach Sri Lanka werde ich auf jeden Fall zurückkommen, da bin ich mir sicher.
Danke Mädels, Danke an das Team und vielen Dank Frank und Julia, ohne euch hätte ich das alles nicht erleben können.
Caro
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