Erste Eindrücke aus dem Angels Home
Die ersten 2 Wochen im Angels Home liegen nun hinter mir und ich habe bereits einiges erlebt. Ich muss zugeben, dass mir die Zeitverschiebung von 4,5 Stunden, sowie das Klima und das Essen zunächst sehr zu schaffen gemacht haben. Auch die laute Natur, die man vor allem Nachts wahrnimmt, hat mir ziemlich den Schlaf geraubt. Um mich an alles zu gewöhnen habe ich etwa eine Woche gebraucht. Mittlerweile kommt mir das alles schon so normal vor, dass es mir gar nicht mehr auffällt. Das gleiche gilt für das barfuß laufen und das Essen ohne Besteck.
Im Angels Home leben momentan 46 Mädchen im Alter von 5 bis 19 Jahren. Ich dachte mir, dass ich mir die Namen niemals alle merken könnte. Vor allem, weil es hier auch noch Zwillinge gibt, die sich sehr ähnlich sehen. Aber auch das funktioniert mittlerweile prima. Davon abgesehen, hat es auch gedauert bis die Mädels alle meinen Namen richtig aussprechen konnten.
Der Tagesablauf ist hier sehr strikt. Aufstehen um 5 Uhr, gefolgt von Morgensport, "Teatime" , Gartenarbeit und Schule. Essen gibt es um 14 Uhr, wenn alle wieder da sind, mit anschließender Zeit für Hausaufgaben und Englischnachhilfe. Um 16 Uhr gibt es Tee mit einem kleinen Snack. Der Garten wird danach noch einmal aufgeräumt, bis um 17 Uhr endlich eine Stunde Zeit zum Spielen ist. Darauf folgt Zeit fürs Waschen. Um 19 Uhr wird gemeinsam gebetet und zu Abend gegessen. Gegen 21 Uhr geht es ins Bett. Es ist ganz schön schwierig bei dem Zeitplan jedes einzelne Mädchen genauer kennen zu lernen. Da die Mädchen aber den Dezember über Ferien haben und die Hälfte ungefähr nach Hause ist, habe ich quasi einen leichteren Einstieg. Mittlerweile merkt man, welches der Mädchen beispielsweise der ruhigere oder lautere Typ ist, wer gerne in der Spielzeit lieber ein Puzzle macht oder toben möchte.....aber auch wer sich gerne vorm Beten, Zähneputzen oder vor der Gartenarbeit drückt.
Ohne die anderen beiden Praktikantinnen Louisa und Sophie wäre ich ganz schön aufgeschmissen gewesen. Nicht nur aufgrund des Tagesablaufs sondern auch, weil manche Mädchen versuchen einen bei gewissen Dingen übers Ohr zu hauen, z.B. wenn es ums Essen geht. Allerdings war ich durch Louisa und Sophie bereits bestens informiert. Aufgrund der Masse an Kindern hilft es oft etwas strenger und konsequenter zu sein. Es fällt einem aber nicht so leicht, wenn man von großen braunen Augen ganz lieb angeschaut wird....Wenn mal jemand richtig aus der Reihe schlägt reicht es meistens aus mit einem gelegentlichen TV-Verbot zu drohen. Allerdings darf man sich auch nicht zu schade sein, mal lauter zu werden oder eine Strafarbeit zu verteilen.
Meine Lieblingszeit ist allerdings die Spielzeit, weil man sich dabei richtig schön zusammen austoben kann. Während der Ferien steht jeden Tag eine andere gemeinsame Aktivität an, wie zum Beispiel Malen, Volleyball spielen oder den Weihnachtsbaum schmücken. Das bringt natürlich doppelt Spaß und jedes Mädchen kann sein individuelles Talent ausleben: Nirosha ist ein echtes Schauspieltalent, Charita ein richtiges Volleyballass, Harisha ist gut im Singen und Tanzen und Sodi ist unfassbar kreativ....oder man macht auch einfach mal lustige Bilder mit der Kamera ????
Nachdem ich eine Woche von der Schulzeit noch mitbekommen habe, sind einige Kinder von ihren Eltern oder Verwandten abgeholt worden, um die Ferien zu Hause zu verbringen. Ob es den Mädchen dort besser oder schlechter geht als im Angels Home sei mal dahingestellt. Trotzdem verehrt jedes Mädchen seine Familie. Vor allem die Eltern, insofern es noch welche hat, und jeder, der abgeholt wurde, hat sich unfassbar gefreut. Einige Kinder warten allerdings immer noch darauf, dass sie abgeholt werden. Viele erzählten mir vor 2 Wochen voller Vorfreude, dass sie nach Hause gehen, und haben ihre Taschen gepackt....und sie sind immer noch da. Den Kindern merkt man selbstverständlich an, dass sie traurig und enttäuscht sind. Ich frage mich permanent: Wieso sind Kinder, gerade Mädchen, hier so wenig wert? Wieso lässt man sein Kind so lange warten ? Ich hoffe, dass diese Situation sich in Zukunft ändern wird, wenn auch nur langsam. Nicht nur die Kinder, sondern auch mich haben einige Situationen getroffen, sodass ich ein paar stille Minuten für mich brauchte, um es zu verarbeiten. Daran habe ich direkt gemerkt, dass meine Zeit hier auch nicht so schöne Seiten haben wird. Trotzdem werde ich mich bemühen, solche Dinge nicht so nah an mich ranzulassen, sie als eine Erfahrung mitzunehmen und die Zeit der Mädchen so schön wie möglich zu gestalten.
P.S.: Eine Schlange habe ich leider noch nicht gesehen ????
Liebe Grüße und bis nächste Woche!
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