Besuch aus der geliebten Heimat
Anfang September besuchte mich meine Freundin Kika aus der Heimat, welche ich bereits seit dem Kindergarten kenne. Sie absolviert ein Auslandssemester in Taiwan, sodass es für sie völlig selbstverständlich war, zuvor einen kleinen Abstecher nach Sri Lanka zu machen, um auch einige Tage in dem Land zu verbringen, von dem ich ihr bereits so viel erzählt hatte. Wir hatten es vor meiner Abreise leider nicht mehr geschafft uns nochmals zu sehen, da sich die Überbrückung der Entfernung unserer Studienorte (Siegen-München) besonders während der Klausurenphase äußerst schwierig gestaltet hatte. Ich freute mich demnach umso mehr darüber, als sie mir die verbindlichen Flugdaten mitteilte und zählte schon heimlich die Tage bis zu ihrer Ankunft in Sri Lanka.
In der vergangenen Woche hatte ich mir einen freien Tag aufgespart, sodass ich zwei komplette Tage zur Verfügung hatte, um mit ihr ein kleinwenig das Land zu bereisen. Für unser Wochenende hatte ich das Reiseziel Sigiriya ausgesucht. Da wir beide äußerst spontan sind, buchten wir zunächst lediglich die Unterkunft in Sigiriya und ließen die Planung der sonstigen Stationen zunächst noch offen. Zuvor hatte ich bereits meinen Reiseführer sowie das Internet nach potentiellen Ausflugszielen der Umgebung durchforstet und mir einige Notizen gemacht, auf die wir im Notfall hätten zurückgreifen können.
Als wir uns am frühen Samstagmorgen an der Bus Station Negombos trafen, hatte sie bereits drei Tage in Sri Lanka verbracht und war bis nach Galle im Süden der Insel gereist. Da ich mich in den vergangenen Wochen während meines Aufenthalts bereits schon durch die verschiedensten Möglichkeiten des Frühstücks probiert hatte, war ich bereits in einer Bäckerei gewesen, um uns mit Proviant für die lange Busfahrt einzudecken. Wir nahmen den Bus in Richtung Kurunegale, der dank der frühen Uhrzeit noch viele freie Sitzplätze zur Verfügung hatte. Nachdem wir unseren Platz eingenommen und unsere großen Rucksäcken auf der kleinen Fläche neben dem Busfahrer verstaut hatten, machte sich die lange Zeit bemerkbar, in der wir uns nicht gesehen hatten. Zahlreiche Geschichten und Geschehnisse mussten aufgeholt werden, die in den letzten Wochen und Monaten passiert waren. Unser lautes Lachen mischte sich mit der singhalesischen Musik im Bus, sodass wir merkwürdige Blicke der Singhalesen ernteten. Dies machte uns jedoch nichts aus, denn umso schneller verging uns so die Zeit im Bus. Nach etwa zweieinhalb Stunden erreichten wir Kurunegale, von wo aus wir weiter in Richtung Polonnaruwa fuhren. Der Bus passierte Teile des Minneriya National Parks. Der Blick aus dem Fenster war ein anderer geworden, denn allmählich begann sich die Landschaft deutlich zu verändern. Große Berge klafften am Horizont auf und vermehrt fuhren wir an größeren Seen entlang.
Weitere Stunden verbrachten wir im Bus, sodass wir schließlich erleichtert in Polonnaruwa ausstiegen. Hastig eilten sich die Einheimischen um uns, um neue Kunden für mögliche Touren zu gewinnen. Dass sie bei uns falsch gelandet waren, konnten sie ja zunächst nicht ahnen. Wir bevorzugen es neue Orte auf eigene Faust zu erkunden und sind zudem immer bedacht auch mit wenig Geld tolle Erlebnisse zu sammeln. Kika und ich zogen es vor an dem nächstgelegenen Fahrradstand einen guten Preis auszuhandeln (200LKR pro Fahrrad), sodass wir uns auf die Räder schwangen und in Richtung des Stausees losradelten. Den Fahrtwind auf einem Fahrrad habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie so angenehm wahrgenommen. Im Zusammenspiel mit den hohen Temperaturen und der Mittagssonne stellte dies das Paradies auf Erden dar.
Die Ursprünge der zweiten Königsstadt liegen bereits in vorchristlicher Zeit. Polonnaruwa ist daher vor allem für seine alten und äußerst gut erhaltenen Ruinen aus diesem Zeitalter bekannt. Da es seit dem Jahre 1982 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, ist es besonders für Touristen ein Anziehungspunkt geworden. Mit den Fahrrädern konnten wir die Straße passieren, welche durch das Gelände der Ruinen führt. Da unsere Zeit in Polonnaruwa eher begrenzt war, gestaltete es sich durchaus angenehm, den Weg auf diese Weise zurückzulegen. Bei den einzelnen Bauten hielten wir an, um uns die alten Ruinen – natürlich barfuß – aus nächster Nähe anzuschauen.
Einige Zeit und zahlreiche geschossene Fotos später machten wir uns wieder auf den Weg zurück zum See. Seitdem ich Kika kenne, kann ich sagen, dass sie immer Überraschungen jeglicher Art bereithält und so hatte sie bereits vor dem Ausleihen der Fahrräder zwei Bikinis in ihrer Umhängetasche verstaut. Mit den Worten „wenn hier ein See ist, müssen wir doch auch schwimmen gehen!“ folgte ich ihr ins Wasser. Der See war unheimlich warm wenn nicht sogar vergleichbar mit der Temperatur einer Badewanne. Nach unserem abendlichen Schwimmen bei Sonnenuntergang aßen wir uns noch traditionelles Kotthu in einem der vielen Restaurants, die sich nebeneinander an der Hauptstraße aufreihten und begaben uns auf den Weg nach Sigiriya.
Unsere Unterkunft erreichten wir erst in tiefster Dunkelheit. Die zahlreichen Eindrücke des Tages ließen uns beide recht schnell einschlafen, was uns jedoch zugutekam, denn der Wecker riss uns bereits um sechs Uhr am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Wir gingen beide nach draußen, um am Tisch auf unser Frühstück zu warten, bis uns der Ausblick plötzlich wie einen Schlag traf. Mir war zwar bewusst, eine Unterkunft gewählt zu haben, welche sich in der Nähe des Lion Rocks befinden. Ich konnte jedoch nicht ahnen, diesen Magmafelsen buchstäblich vor meinen Augen zu haben!
Das Frühstück beinhaltete viele Köstlichkeiten des Landes, sodass der weltbekannte Ceylon-Tea, Rottis, Eierkuchen und frische Früchte natürlich nicht fehlen durften. Gut gestärkt begaben wir uns in Richtung des Lion Rocks, sodass wir den Eingangsbereich pünktlich um 7 Uhr passieren konnten. Mit erhobenen Köpfen starrten wir dem Lion Rock entgegen, welcher sich in der eher flachen Landschaft besonders empor hob. Wir näherten uns durch den Garten dem Felsen an und begannen den Aufstieg der zahlreichen Stufen. Die hohen Temperaturen machten sich beim Laufen trotz der frühen Uhrzeit bereits bemerkbar. Zwar war das Treppensteigen nicht mit einem Spaziergang am Strand zu vergleichen, doch dennoch zogen wir an zahlreichen Einheimischen vorbei, die sich während des Aufstiegs auf die Geländer stützten, um Pausen einzulegen. Schmunzelnd betrachteten wir weitere Touristen, die jedoch aufgrund ihres äußerst passenden Schuhwerks - Flip-Flops - durchaus Probleme beim Aufstieg hatten.
Den ersten Halt machten wir bei den berühmten Wolkenmädchen. Diese berühmten Höhlenmalereien, die aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. stammen, sind noch äußerst gut erhalten und sind etwa auf der halben Höhe des Berges zu finden. Von dieser Station an wurden die Treppenstufen allmählich etwas steiler. Mit jedem weiteren Schritt in die Höhen des Felsens erblickten wir eine Aussicht, die vor unseren Augen selbst kilometerweit kein Ende zu nehmen schien. Verschwitzt aber glücklich hatten wir schließlich den Gipfel des Berges erreicht. Zusammen liefen wir an die Klippe des Felsens, setzten uns hin und staunten für einige Zeit, ohne auch nur ein Wort miteinander zu wechseln. Der Ausdruck „Wow!“ hätte es womöglich sehr gut beschrieben, doch der Ausblick gab eine derart unbeschreibliche Sicht frei, dass sich das eigene Auge zunächst einmal satt sehen musste. Das weite Land ließ den Felsen wirken, als hätte man ihn durch eine magische Hand an diesen Ort gesetzt.
Noch eine ganze Weile genossen wie den atemberaubenden Ausblick, welcher sich vom Fels aus zu allen Himmelsrichtungen bot. Der Abstieg gestaltete sich erheblich schneller. Zum Glück hatten wir den Löwenfelsen zu früher Morgenstunde erklommen. Alle Passanten, welche uns entgegen kamen, kämpften bereits mit der aufsteigenden Sonne, die den Ort mit zunehmender Höhe in ihre Hitze eintauchte. Unten angelangt machten Kika und ich uns auf den Weg zum Pindurangala Felsen, der in einem Fußweg erreicht werden konnte. Während des Laufens hielten mehrere Tuk-Tuk-Fahrer an, die uns für wenig Geld zu unserem Ziel bringen wollten. Als wir ihnen mitteilten, keinen einzigen Cent mehr in der Tasche zu haben, blieb ein Fahrer dennoch stehen und bot uns seine Hilfe an. Nach einigen kleinen Versuchen selbst das Tuk-Tuk über die holprigen Landstraßen fahren zu dürfen, machte er an einem Ort halt, welcher abseits von jeglichem Tourismus lag. Wahrscheinlich gerade deshalb strahlte dieser Platz für mich eine besondere Schönheit aus. Der Tuk-Tuk-Fahrer hatte uns an einen See gebracht, welcher durch seine umliegende Landschaft und die Vielzahl an Vögeln, die auf Ästen Platz genommen hatten, wie gemalt wirkte. Am Horizont türmte der Löwenfelsen neben dem Pindurangala Felsen empor. Manchmal sind die Erlebnisse, welche man ohne jegliches Geld sammelt, letztlich die kostbarsten!
Auf der linken Seite der Straße lag ein weites Feld mit mehreren Baumhäusern. Er führte uns zu einem von diesen und erklärte, dass er von hier oben nachts häufig die Elefanten des Minneriya National Parks beobachtet, welche sich in geringer Distanz um die Baumhäuser scharen. Zu gerne hätten wir selbst einmal eine derartige Erfahrung gemacht, doch leider mussten wir kurz darauf schon wieder den Rückweg antreten, denn wir hatten noch ein weiteres Ziel für diesen Tag eingeplant.
Dambulla hieß unser nächstes Ziel. Genauer gesagt, wollten wir uns den Besuch im berühmten Höhlentempel nicht nehmen lassen. Ein immenser, vergoldeter Buddha zierte den Eingangsbereich und gab hinter sich den Weg auf den Felsen frei. Kika hatte sich auf dem Hinweg am Straßenrand eine frische Wassermelone gekauft und freute sich bereits darauf, diese am Gipfel des Berges genüsslich zu verspeisen. Falsch gedacht! Diesen Plan hatte sie ohne die große Anzahl an Affen gemacht, welche sich auf dem Fels tummelten und nur auf die nächste Möglichkeit zu warten schienen, ihre nächste Beute zu ergattern. Kurzerhand legten wir fix eine Pause und vernaschten die leckere Wassermelone im Eiltempo, bevor es die Affen tun konnten. Der Höhentempel hielt eine riesige Anzahl an Buddha Statuen bereit, die in mehreren Räumen aufgereiht waren. Die niedrigen Decken der Säle zierten bunte Malereien und auch der Blick in die Ferne hielt wiedermal eine atemberaubende Aussicht parat, der selbst noch denüber Kilometer entfernten Löwenfelsen erkennen ließ.
Von nun an trennten sich wieder unsere Wege. Kika nahm einen Bus in Richtung Kandy und ich fuhr zurück in Richtung Kurunegale. Zwar war die Zeit leider viel zu schnell vergangen, doch hatte uns unser unschlagbares Wochenende unvergessliche Ereignisse und Momente beschert.
Bis zum nächsten Mal,
Steffi
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