Zum Hauptinhalt springen

Glassklar Achive

Der Partybus rollt zur Unterwasserwelt

Der Bus ist abfahrbereit Die langen Ferien der Mädchen neigten sich gegen Ende des Monats August dem Ende zu. Alle Kinder, die ihre freie Tage bei ihrer Familie oder Verwandten verbracht hatten, kehrten zurück zum Angels Home, sodass die Anzahl der Mädchen im Heim in den letzten Tagen zurück auf das Doppelte angestiegen war.

Vor dem Schulbeginn Anfang September, welcher wieder den gewohnten Alltag der Mädchen einläuten würde, begaben wir uns am frühen Donnerstagmorgen auf einen Tagesausflug nach Kelaniya. Die Aufregung der Mädchen war bereits am Vortag zu spüren und wurde durch zahlreiche Fragen wie „Tomorrow trip?“ zum Ausdruck gebracht. Viele strahlende Kinderaugen warteten bereits aufgeregt an der langen Tafel im Essensraum, noch bevor ich die Glocke zum morgendlichen Wecken läutete. Das Personal, welches noch bis spät in die Nacht mit den Essensvorbereitungen beschäftigt war, schaute am frühen Morgen zwar sichtlich müde aus, doch auch ihre Vorfreude ließ sich nicht abstreiten. Ein breites Grinsen brachte ihre Zufriedenheit zum Ausdruck doch noch alles rechtzeitig geschafft zu haben, als ich mich beim Morning Tea nach dem aktuellen Stand der letzten Vorbereitungen erkundigte.

Ich konnte mein Schmunzeln kaum unterdrücken, als ich die bemerkenswerte Schnelligkeit wahrnahm, in der die Mädchen an diesem Morgen in ihre Uniformen schlüpften und sich gegenseitig die Krawatten ansteckten und zurecht zogen. Gegen kurz vor 6 in der Früh versammelten wir uns vor dem Gate, an dem unser Bus bereits wartete. Nachdem alle 57 Mädchen samt Rucksäcken und Proviant, das Personal als auch Julia, Melanie und ich im Bus einen Platz gefunden hatten, konnte die Reise losgehen.

Was zunächst nach einer völlig normalen Busfahrt aussah, entwickelte sich schlagartig zu einer Transformation eines Partybusses, als der Busfahrer die Fahrt mit Musik untermalte. Die Kinder sprangen von ihren Sitzen auf und begannen wild in die Hände zu klatschen und sich zu den Rhythmen der Musik zu bewegen. Mit großer Begeisterung beobachtete ich die Freude, welche die singhalesischen Lieder in den Köpfen der Mädchen auslöste.

Unser erster Zwischenstopp war die Bus Station in Negombo, von wo aus wir uns leider von Melanie verabschieden mussten. Ihr Aufenthalt im Angels Home war nun zum Ende gekommen und nach letzten Umarmungen, die ausgetauscht wurden, konnte man den Mädchen durchaus ansehen, wie gern sie Melanie bei sich gehabt haben. Mit einem lauten „Bye!“ verabschiedeten sich die Kinder von ihr. Gefolgt von wildem Winken nahm der Bus von dort an wieder seinen Lauf.

Das stärkende Frühstück am TempelNach etwa 60 Kilometern erreichten wir unser erstes Ziel des Ausflugs, den buddhistischen Tempel in Kelaniya, welcher sich in einem Vorort der Hauptstadt Colombo befindet. Große Tore mit unterschiedlichsten Skulpturen schmückten den Eingang der Tempelanlage. Sobald wir einen geeigneten Parkplatz gefunden hatten, konnten wir mit dem Frühstück beginnen, welches das Personal portionsgerecht für jeden Einzelnen verpackt hatte.

Auf den Stufen vor dem buddhistischen Tempel von KelaniyaWohl gestärkt stapften wir die Stufen zum Tempel empor. Selbstverständlich wurden die Schuhe vor dem Betreten des Tempels ausgezogen, welches vor dem Eingang ein riesiges Meer aus Schuhen entstehen ließ. Der Tempel selbst beinhaltete mehrere Räume mit hohen Wänden, die mit zahlreichen bunten Malereien versehen waren, die die Mädchen mit großen Augen betrachteten. Eine immense vergoldete Buddha Statue schmückte den inneren Teil des Tempels.

Nachdem wir unseren Rundgang mit abschließenden Gebeten beendet hatten, liefen wir die Straße zu einem Fluss entlang. Händler hatten dort kleine Stände mit verschiedensten Spielsachen ausgestellt, die die Kinderherzen ein wenig höher schlagen ließen. Einige Mädchen nutzten ihr Taschengeld, um sich den einen oder anderen Wunsch an den Ständen zu erfüllen, wobei andere wiederum ihr Geld in frische Früchte gemischt mit etwas Chilipulver investierten, was in Sri Lanka ein gern gesehener Snack ist.Der buddhistische Tempel in Kelaniya

Auf dem Weg zurück zum Bus überraschten uns noch einige riesige Warane, die mich mit ihrer schlangenähnlichen Zunge sowie ihrer stattlichen Größe von mindestens zwei Metern in einen kleinen Schockzustand versetzten. Für die Mädchen schienen die Echsen zwar äußerst interessant zu sein, jedoch schien keine von ihnen auch nur annähernd so verschreckt auf diese Tiere zu reagieren. Aus sicherer Entfernung schoss ich einige Fotos dieser Exemplare und beobachtete dann, wie sie sich allmählich wieder in den Fluss zurückzogen. Dies war mit Sicherheit ein Anblick, den ich so schnell nicht vergessen werde!Die plötzliche Begegnung mit einem immensen Waran

Unser nächstes Ziel war die „Water World“, auf die sich die Mädchen am meisten gefreut hatten. Nach einigen Missverständnissen und Problemen bei den Eintrittspreisen hatten wir es geschafft mit der großen Gruppe von Mädchen den Eingangsbereich zu passieren. Die Unterwasserwelt ist einzigartig in Sri Lanka und ist durch ihren begehbaren Unterwassertunnel sogar in ganz Südasien bekannt. Das Aquarium bietet nicht nur einen Aufschluss über die heimischen Fischarten, welche man um die tropische Insel im Indischen Ozean finden kann. Besonders interessant war es nämlich ebenso viele verschiedene Fische aus Ländern um den afrikanischen Kontinent dort erblicken zu können, die vielen Mädchen als auch mir noch völlig unbekannt und fremd waren.

Ein Fischschwarm im AquariumIn kleinen Gruppen unterteilt betraten wir den dunklen Tunnel, der durch den Beginn der Unterwasserwelt führte. Aufschlussreiche Details auf Singhalesisch sowie ebenfalls auf Englisch gaben Kenntnis über die Herkunft und spezielle Merkmale der zahlreichen Arten. Gespannt betrachteten die Mädchen die Aquarien, welche sich an der rechten und linken Seite des Tunnels vor ihnen auftaten. Mit großen Augen staunten sie nicht schlecht über die leuchtenden Farben einiger Fischsorten, die dank der Beleuchtung der Aquarien besonders hervorgehoben wurde. Die unterschiedlichen Formen als auch Fortbewegungsarten durch das Wasser machten den Besuch in der „Water World“ zu einem durchaus interessanten Besuch, der den Mädchen sichtlich große Freude bereitete. Mein persönliches Highlight ist der Unterwassertunnel gewesen, welchen man auf einem Laufband betreten konnte. Verschiedenfarbige Fischschwärme bis hin zu Stachelrochen schwammen buchstäblich über unsere Köpfe hinweg, sodass Julia und ich den erstaunlichen Tunnel direkt noch ein zweites Mal passieren wollten. Der beeindruckende Weg durch den UnterwassertunnelZum Abschluss durchliefen wir erneuten einen dunklen Tunnel, in dessen Mitte ein riesiges Haifisch-Becken zu finden war, wessen Größe vom Boden bis zur Decke reichte. Erstaunt beobachtete ich die Eleganz der Jäger der Meere, mit welcher sie sich durch das Wasser bewegten. Obwohl ich die Haie zwar noch zu den Jungtieren zählen würde, war ich dennoch sehr froh, eine dicke Glasscheibe zwischen ihnen und mir zu haben.

Im Anschluss an die „Water World“ lag ein kleiner Vogelpark, der bereits von weitem durch die lauten Ausrufe der verschiedenen Vogelarten zu hören war. Von bunten Papageien bis hin zu Schwänen hielt der Park zwar eine deutlich kleinere Auswahl als das Aquarium parat, doch er stellte einen super Abschluss zu unserem Aufenthalt in Kelaniya dar. Als auch die letzte Gruppe sich in aller Ruhe den verschiedensten Fisch- und Vogelarten des Parks gewidmet hatte, ging es wieder zurück zum Bus.

Jedes Mädchen hatte am frühen Morgen aus gutem Grund einen Rucksack gepackt. Der Ausflug hielt nämlich noch ein weiteres Ziel parat. Premalattha, welche gebürtig aus der Umgebung Negombos stammt, hatte einen Ort vorgeschlagen, an welchem die Mädchen schwimmen gehen könnten. Bei dem Gedanken daran hatte ich bildlich einen See vor Augen, in dem wir mit den Mädchen ein wenig plantschen gehen würden. Weitere Informationen zur Badestelle gab es aber erstmal nicht. In den vergangenen Tagen erzählte Premalattha von der Problematik des Wasserstandes, welche durch die Dürre der letzten Tage und Wochen hervorgerufen wurde und deutlich unter der des üblichen Volumens lag. Nach regelmäßigen Anrufen bei ihrem Bruder, der dort ebenfalls heimisch ist, gab sie vor dem Ausflug jedoch letztendlich ihr Okay, was ein breites Grinsen in die Gesichter der Kinder malte.

auf unserem Weg zur BadestelleDer Bus fuhr zunächst auf der üblichen Straße zurück. Nach einiger Zeit bog er in ein geringer besiedeltes Gebiet ab, welches einen Ausblick auf weite Felder gab. Größere Berge, die mit Wäldern aus Palmen bewachsen waren, hoben sich vorm Horizont ab. Die Mädchen schauten aufgeregt aus den Fenstern und beobachteten interessiert die wechselnde Landschaft, die sich vor ihren Augen auftat. Die Straße führte uns auf einen Waldweg, mit dessen Steigung wir langsam aber allmählich den Berg erklommen. Von nun an umgaben uns riesige Palmen und andere tropische Bäume, die mit langen Lianen umschlungen waren. Nach einer Weile wurde ich bereits ein wenig stutzig, als ich mich fragte, wo auf diesem Berg die Badestelle der Mädchen liegen sollte. Als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, kam der Bus mitten auf der Straße ganz allmählich zum Stehen.

Die Türen des Busses wurden geöffnet und ebenso schnell schartensich die Kinder nach draußen. Aufgeregt reihten sie sich vor dem Fahrzeug auf und warteten darauf, dass es endlich losgehen konnte. Noch immer schaute ich etwas verdutzt drein, denn bis auf die Geräusche der verschiedenen Vogel- und Insektenarten nahm ich nichts Weiteres wahr – geschweige denn einen Platz zum Baden. Premalatthas Bruder, der als eine Art Wegweiser fungiert hatte, um den Busfahrer an den richtigen Ort zu führen, deutete auf einen kaum merklichen Fußpfad, der einen kleinen Hügel hinunter führte. Dem Staff voran folgten die Kinder und schließlich erblickte auch ich am Fuße des Weges, wovon Premalattha gesprochen hatte. Ein Fluss, welcher aus dem Gipfel des Berges zu kommen schien, brachte Wasser an eine Art Badestelle, die nicht besser hätte sein können! Große Steine und Felsen bildeten Stufen, in denen sich das Wasser wie in einem Pool ansammelte. Die Mädchen schlüpften in ihre Badesachen und konnten es kaum erwarten ins Wasser zu hüpfen. Als auch ich mich umgezogen hatte und meinen Weg über die glitschigen Steine ins Wasser suchte, bemerkte ich erstmal, dass fließende Gewässer selbst in tropischen Ländern verhältnismäßig kalt sind. Langsam versuchte ich mich an die Wassertemperatur zu gewöhnen, doch die Kinder hatte bereits begonnen mich eifrig mit Wasser nass zu spritzen, sodass ich kurzerhand den Sprung in das kalte Wasser wagte.

Unsere BadestelleEinige Mädchen, die ich im bisherigen Alltag eher als etwas ruhiger eingestuft hätte, entpuppten sich als richtige Wasserratten und sprangen von einem Pool in den nächsten. Ich bemerkte mit welch einer Leichtigkeit die Kinder glücklich zu stellen waren und dass es sehr häufig gar nicht der Materialismus ist, welcher uns zu diesem Zustand führt. Meine Begeisterung über diesen Teil des Trips wurde nochmals angehoben, als Julia und die Mädchen mit ausgestreckten Armen auf die Bäume über unseren Köpfen deuteten. Zunächst konnte ich nichts erkennen, bis mir schlagartig mehrere Schwänze auffielen, die von einzelnen Ästen hingen. Ich verfolgte diese durch die einzelnen Baumkronen und wusste plötzlich, auf was sie uns aufmerksam machen wollten. Mehrere Affen saßen über unseren Köpfen und schauten dem wilden Treiben der Badestelle zu! Das Gefühl, zusammen mit den Mädchen den größten Spaß beim Planschen in einem Fluss zu haben und zugleich meine ersten wilden Affen in Sri Lanka zu sehen, die sich zudem auch nur in einigen Metern Höhe über meinem Kopf befanden, war einfach unbeschreiblich. Wie lange wir dort im Wasser umhergetollt haben, kann ich nicht sagen, jedoch war es ein tolles Erlebnis, welches mir mindestens genauso viel Freude bereitet hat wie den Mädchen.

Auf unserem Rückweg nach Marawila machten wir an einem Tempel halt, welcher in seiner Gebetshalle mehrere Tische und Bänke bereithielt. Etwas erschöpft vom auspowernden Schwimmen aßen die Mädchen dort ihr Mittagessen. Als der Bus sich jedoch wieder in Gang setzte und der Busfahrer die Musik aufdrehte, hatten die Kinder jegliche Müdigkeit hinter sich gelassen und schlossen den Trip mit wilden Tanzeinlagen im Bus ab, zu dem fast jedes Kind sich von seinem Sitz erhoben hatte. Als es bereits dunkel war, erreichten wir das Angels Home. Sichtlich glücklich über den durchaus gelungenen Tagestrip glitten die Mädchen wieder zurück ins Heim und gingen bald darauf zu Bett.

Gute Nacht aus Marawila,

Steffi

  • Aufrufe: 2410