Die kleinen Dinge schätzen lernen.
Mit meinen nun mehr 31 Jahren habe ich zuhause ein fantastisches Leben mit eigener Wohnung, tollem Job und viel Unterstützung durch Freunde und Familie. Vielleicht gerade, weil alles so gut läuft, verlässt man sich auf manche Gegebenheiten zu sehr und weiß die kleinen Dinge, die ein so angenehmes Leben ausmachen nicht immer richtig zu schätzen. Im Gegenteil, je mehr man zu „besitzen“ glaubt, desto mehr fängt man an über die eine oder andere Sache, die man vielleicht noch nicht hat, zu mäkeln oder zu jammern.
Umso ferner und fremder die Kulturen sind, mit denen man sich auf großen Reisen auseinandersetzt, umso mehr Erkenntnisse gewinnt man darüber, wie man diese Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens vermisst. Nun ist Sri Lanka sicher keines der völlig rückständigen Entwicklungsländer, doch auch hier muss man bei manchen Routinen Kompromisse eingehen.
Fangen wir bei den alltäglichen Grundbedürfnissen, dem Essen und Trinken an. Was mache ich, wenn ich zuhause ein Glas Wasser zu mir nehmen möchte? Natürlich- Wasserhahn auf, Wasser einfüllen und trinken. Hier im Angel’s Home habe ich mich schon das ein oder andere Mal dabei ertappt in unsere kleine Küche zu gehen, doch immer rechtzeitig fiel mir ein, dass ich stattdessen meine Wasserflasche am Trinkwasserspender zwei Stockwerke tiefer in der allgemeinen Küche auffüllen muss. Natürlich teilt man sich seinen Wasserkonsum dann so ein, dass man nicht jedes Mal sinnlos die Treppen hinunter und wieder hinauf läuft, sondern schleppt seine Flasche zu sämtlichen Mahlzeiten, Spielzeiten, Betreuungsstunden und Besprechungen mit, um diese immer auffüllen zu können.
Was die Mahlzeiten angeht gehöre ich zu den Menschen, die sehr gerne selbst kochen und dies auch leidenschaftlich gerne und vielseitig, fast schon zelebrieren. Ob für mich allein, oder für meinen Bekannten, Familien- oder Freundeskreis spielt dabei eine untergeordnete Rolle. (Was hier besonders fehlt: Salat) Tja, mit selbstkochen ist hier nicht viel und die schmackhafte, jedoch sehr einfältige und sich weiderholende Standartmahlzeit Reis mit verschiedenem, zu gar geratenem Gemüse hängt mir mittlerweile auch schon fast zu den Ohren heraus. Vor allem beim Frühstück gehört Reis zuhause eher nicht zu meinen bevorzugten Leibgerichten Dazu kommt noch der Umstand, dass das Essen für über 60 Personen natürlich vorgekocht werden muss und, weil es hier keine buffetartigen Wärmeplatten gibt, wird das Essen dann eigentlich immer kalt serviert, denn weder die Kinder noch das das Personal stört es ihre geliebten Reisgerichte kalt und mit den Fingern der rechten Hand zu essen.Umso größer ist dann die Begeisterung unter den Praktikantinnen, wenn wir zu besonderen Anlässen um Erlaubnis fragen und im Hotel nebenan ein „westliches Frühstück“ oder gar Pfannkuchen bestellen können. Oder wenn man zusammen mit unseren Chefs eine Pizza zum Abendessen verspeist, oder auch selbst ein Drei Gänge Menü zubereiten darf.
Da es hier meist sehr angenehme bis heiße Temperaturen hat, ist das Duschen mit kaltem Wasser keine große Sache. Doch irgendwie fühlt man sich nach ein bis zwei Wochen einfach nicht mehr richtig sauber, wozu das kleine Läuseproblem vom Kontakt mit den Kindern, oder auch die immer wiedermal vorbeischauenden Ratten natürlich ebenso beitragen.Auch das Wäschewaschen ist mit dem im Wasserkocher zubereitetem Warmwasser doch um einiges effektiver, als nur mit Kaltwasser und dennoch freue ich mich schon sehr darauf sämtliche hier getragene Kleidung in den Tiefen meiner Waschmaschine zu versenken, sobald ich wieder zuhause bin.
Zu meinem diesjährigen Geburtstag habe ich übrigens zusammen mit einigen Kindern, die in den Ferien nicht nachhause fahren konnten Muffins gebacken. Mag mein Rezept für Mango-Muffins zuhause immer für Begeisterungsstürme gesorgt haben, auch bei Veganen Essern, da es ohne Ei ist, so lief hier ungefähr alles schief, was schief laufen konnte und aus den Muffins wurden unförmige, klebrige Häufchen, die so kein bisschen nach Muffins aussahen. Den Kindern haben sie trotzdem geschmeckt, doch ich war ein wenig enttäuscht und kann bis jetzt noch nicht sagen, ob es am kaum funktionierenden Backrohr, dem geleeartigen Joghurt, oder doch dem Backpulver lag, warum das Rezept hier nicht das gewünscht „fluffige“ Ergebnis brachte.
Eine weitere massive Einschränkung in diesem Land stellt die Kleiderordnung dar, denn obwohl das Klima perfekt wäre um das ganze Jahr in Shorts und Top herum zu laufen, sollten die Schultern und die Knien bei uns Frauen verhüllt bleiben, wenn man nicht unangenehme Blicke auf sich ziehen möchte (Das das als blonde, weiße Frau sowieso unvermeidlich ist, möchte ich hier nicht weiter erläutern..). Während man am Straßenrand auch häufig einmal Männer in Unterhosen „bewundern“ darf, müssen sich die Frauen sehr bedeckt halten und gelten als „schlampig“, wenn sie sich zu auffällig schminken oder Nagellack tragen. Alles in allem lobe ich mir da mein offenes Österreich, wo ich herumlaufen kann, wie es mir gerade gefällt. Diese rückständige Denkweise wird höchstens einmal von ein paar, meist betrunkenen Dorfjünglingen laut artikuliert, die man aber getrost einfach auslachen und dann stehen lassen kann.
Das man hier ohne Fahrrad, oder gar eigenem Auto nicht täglich zum Einkaufen kommt, die W-LAN Verbindung nur dann funktioniert, wenn das Büro besetzt ist und natürlich keine Couch zum nächtlichen herumlümmeln vor dem Fernseher parat steht, versteht sich von selbst, doch sind dies genau die Kleinigkeiten, auf die ich mich unsagbar freue, wenn ich wieder zuhause bin.
Dennoch finde ich es sehr wichtig, dass man sich bei einem Aufenthalt in fremden Kulturen auch richtig bewusst, auf diese Umstellungen einlässt. Natürlich wäre es einfach sich die meisten Dinge des täglichen Bedarfs im Supermarkt zu besorgen, doch dann verzichtet man quasi auf die kleinen Freuden, die ein eben nicht alltägliches, normales Essen oder eine gespendete Portion Eiscreme hervorrufen. Man lernt kleine Dinge eben dann erst richtig zu schätzen, wenn man sie auf einmal nicht mehr hat.
Was ich durchaus vermissen werde, sind die traumhaften Sonnenuntergänge, die ich fast täglich von unserer Dachterrasse bewundern konnte und natürlich das Rauschen der Palmblätter und vor allem des Meeres, das mir in Österreich wieder fehlen wird. Immer wenn ich am Ufer eines Ozeans stehe überkommt mich eine unvorstellbare Ruhe und Zufriedenheit und ich fühle mich unendlich frei. Da reichen selbst meine geliebten Berge zum Klettern und die wunderschönen Gebirgsseen nicht immer aus, um dieses Gefühl zu kompensieren und meine nächste Reise geht sicherlich wieder in ein Land mit mehr Meer...
Ich wünsche euch weiterhin einen so tollen Sommer, wie ihr ihn bisher hattet. Ich freue mich jetzt auf 4 Tage mit meinen Mädels in einem 4*Hotel, gutem Essen, dem ein oder anderen Gläschen Wein und viel Sonne, Meer und Strand...meinen Urlaub
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