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Glassklar Achive

Pizzabacken auf singhalesisch


Pizza auf SighalesischNeben den spielerisch-sportlichen Aktivitäten wie Elle, Fireball, Tischtennis oder Volleyball kommen in diesem Jahr im täglichen Ferienprogramm des Angel’s Home natürlich auch künstlerisch-kreative Elemente wie Wassermalfarbenbilder, Sockentiere, Dosenlichter, ein Talentwettbewerb und auch Ausflüge zur Cross Church oder in den Children Park nicht zu kurz.

Wassermalfarben machen immer LauneZusätzlich wollten wir drei Praktikantinnen, Katrin, Steffi und ich in diesem Jahr auch für kulinarische Erlebnisse sorgen und entschlossen uns gemeinsam mit den Kindern einen allerorts beliebten italienischen Klassiker zuzubereiten: PIZZA. Dass dieses Unterfangen dermaßen kompliziert und fast nervenaufreibend werden würde, kam uns passionierten Köchinnen nicht wirklich in den Sinn.
Ein kleiner Abstecher zum StrandErste Hürde, die es zu bewältigen galt, war das Einverständnis unseres Chefs und damit auch dem finanziellem Verantwortlichen. Nicht wirklich überzeugt von der von uns so geliebten Idee, bat er uns gleich um eine Kostenaufstellung, damit er sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen konnte. Unsere tollen DosenlichterDrohen wir Zuhause oft einmal in der Flut der alltäglich anfallenden Werbeprospekte zu versinken, so hat man hier zumindest als Praktikantin kaum Zugang zu Flugblättern dieser Art, was eine Einschätzung von Daumen mal Phi zur Folge hatte, da uns nur einige Preise von bisherigen Einkäufen halbwegs im Gedächtnis geblieben waren. In weiser Voraussicht was das Budget anbelangt und aus Mangel einesfunktionierenden Backofens zum Überbacken, verzichteten wir von Anfang an auf eines der Lebensmittel, die bisher nur bei Laktose intoleranten Pizzaessern fehlen durften – dem hier sehr teuren Käse. Nach der ersten Kalkulation sämtlicher Zutaten, kam schließlich ein, für uns annehmbarer Betrag von 113Rupies pro Portion also anfallende Kosten von insgesamt rund 4600 Rupieszustande. Da dieser Betrag auch von unserem Finanzier genehmigt wurde, stellten wir uns der zweiten Hürde: eine Einkaufsliste auf Singhalesisch zu verfassen, damit alle frischen Zutaten von Köchin Suneetha möglichst kostengünstig vom freitäglichen Markt besorgt werden konnten.

Man setzte sich mit den englischen Vokabeln für die Zutaten auseinander und ging dann am Donnerstag  mit der an sich gut englisch sprechenden Assistent Managerin des Angel’s Home die Einkaufsliste durch. Unsere EinkaufslisteDiese übersetzte alles in die Landessprache, erkundigte sich, wann die Zutaten besorgt werden sollten und schließlich wurde im Beisein des Küchenpersonals besprochen, dass der Pizzabacktag in der kommenden Woche am Dienstag stattfinden sollte und damit an diesem Abend einmal kein „reislastiges“ Abendessen gekocht werden müsse. Die Liste wurde an die Köchin weitergereicht und zur Sicherheit erklärte ich mich bereit, am nächsten Tag mit auf den Markt zu fahren, um auch gleich ein wenig bei den Besorgungen des Gemüses über die Schulter schauen und die eigentlichen Kilo-Preise herausfinden zu können. Am Markt selbst schien alles reibungslos zu funktionieren und wir kauften zusammen für die Woche ein, wobei sich Suneetha auch fleißig Notizen über Preise und Mengen machte.

Am darauf folgenden Tag, meinem freien, besorgte ich schließlich Tomatensauce, Gewürze und frische Tomaten und wähnte mich in Sicherheit nun alle Zutaten für das Dinner am Dienstag zu haben. Nehm ich noch etwas mehr SauceFalsch gedacht, als nämlich am Sonntag zufällig die Sprache auf die Aktivitäten der nächsten Woche fiel und das Pizzathema angeschnitten wurde, kam heraus, dass Suneetha keine Ahnung davon hatte. Es hatte wahrscheinlich bei der Übersetzung leichte Kommunikationsschwierigkeiten gegeben, auf jeden Fall war unserer guten Köchin selbstständig nicht in den Sinn gekommen, dass man eine Einkaufsliste dazu bekommt auch tatsächlich Besorgungen zu machen und so lag die Einkaufsliste noch selig Zuhause - Singhala-Stil halt. Unsere klare Antwort: „Ihr habt bis spätestens Dienstag Früh die Zutaten der Liste zu besorgen, ansonsten lasst ihr euch ein Programm für die Kids einfallen und führt es selbstständig durch!“ - deutsch-österreichischer Stil. Mit dem Vertrauen auf die singhalesische Faulheit sich ein eigenes Programm zu überlegen, wurde das Thema von uns nicht mehr angesprochen. Am Ende des Tageswurden wir überraschend mit einer Liste von allen ausständigen Kilopreisen versorgt. Die Ansage schien Wirkung zu gezeigt zu haben.

Fast wurden unsere Pläne noch von höherer Gewalt durchkreuzt. Nachdem ein morschUnd los geht die Knetereier Baum in den Morgenstunden des Montags auf das Nebengebäude fiel und unser lieber Frank, neue Unkosten auf sich zukommen sah, wollte er die Kosten für die Zutaten nicht mehr tragen. Leider waren zu diesem Zeitpunkt bereits alle Ingredienzen für den nächsten Tag zusammengetragen worden und da wir statt unserer ursprünglichen Kalkulation deutlich unter den 4000 veranschlagten Rupies geblieben waren, stand dem Pizzabacktag nichts mehr im Wege.

Pizzamachen macht richtig SpaßNur ein kleiner Zwischenfall schien das ganze Unterfangen noch fast umzuwerfen, denn als wir nach Öl für das Vorbraten des Gemüsebelags fragten, wurde uns lediglich gesagt: „Das stand nicht auf der Liste!“ und die von uns gefundene Flasche wurde von der Köchin einfach wieder weggesperrt. Auf unsere forsche Antwort, dass auch Pfeffer und Salz nicht auf der Liste standen und diese, wie Öl, einfach als Standardzutat in keiner guten Küche fehlen durften, bekamen wir schließlich großzügiger Weise doch noch etwas Fett zum Anbraten und für das Abendessen von über 40 Personen, die Belegschaft natürlich miteingerechnet.

Am Ende gings ans BelegenDass uns das Küchenpersonal während des gesamten Tages argwöhnisch bei jeder Arbeit beäugte, störte, bis auf den schmierigen Zwischenfall, weder die Kinder noch uns wirklich. Denn allein das Strahlen der Kinderaugen, als der Teig über die Behälter wuchs – „Look, look, it’sfalling out!“ - beim abendlichen Pizza Formen,dem Backen auf der „Roti-Platte“ und dem selbständigen Belegen in der Küche, waren eigentlich alle Mühen wert gewesen. Zusätzlich überzeugte zumindest uns drei Praktikantinnen auch der Geschmackstest und obendrein war vielen Kindern anzusehen, dass sie die Abwechslung schätzten.

Für alle zukünftigen Pizzabäckerinnen im Angel’s Home habe ich folgende Tipps: Erstens solltet ihr den italienischen Fladen gemeinsam mit den Mädels machen wollen. Begnügt euch mit Pizzabrot und Es ging heiß her am RottiofenTomatensauce, denn mehr als die Hälfte des Gemüse Belags landete auf unseren Tellern, einfach aus dem Grund, weil die Kinder gar nicht so viel davon essen können. Zweitens, lasst euch nur auf eigenständige Unterfangen wie Basteln, Kochen etc. ein, wenn ihr hundertprozentig wisst, was ihr tut, denn auf die Hilfe des Personals könnt ihr nur sehr geringfügig zählen. So rein nach dem Motto: Nichts ist (in Sri Lanka) selbstverständlich und eigenständiges Denken schon gar nicht oder „Was der Bauer ned kennt...“

Auf meine letzte Woche im singhalesischen Chaos.

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