Hoch hinaus im Reich der Palmen
Palmen sind für viele von uns das Sinnbild schlechthin für tropische Gebiete, Sonne, Meer und exotische Strände. Hier in Sri Lanka sorgen die hohen sich sanft im Wind wiegenden Giganten jedoch für noch viel mehr als ein schönes Urlaubsgefühl. Denn die Verwendungsmöglichkeiten ihrer Früchte, Säfte, Nüsse, Palmwedel und Stämme sind vielfältig. Dabei besagt eine Legende, dass sie besonders gut in der Nähe von menschlichen Stimmen und Behausungen gedeihen. Da wundert es nicht, dass auf dem Gelände des Angels Homes hier in Marawila jede Menge Palmen zu finden sind. Umgeben ist das Angels Home vor allem von der Kokosnusspalme, deren Gaben auch das Personal und die Kinder für ihre Zwecke zu nutzen wissen: ob Kokosnusshonig, Öl zum Kochen und für die Haarpflege, Kochlöffel und Schöpfkellen, Schmuck aus „coconut cups“, Blumentöpfe, Brennholz, aus Palmfasern gebastelte Spülschwämmchen oder nicht zuletzt für den Verzehr des von Suneetha, unserer Köchin, köstlich zubereiteten Sambols.
Eines Morgens staunte ich nicht schlecht, als ich auf unserer Dachterrasse stand und mehrere kleine, flinke Geschöpfe an verschiedenen Palmen heraufklettern sah. Dann erkannten meine noch müden Augen verwundert, dass es sich dabei um schlanke Männer handelte, die wie kleine Äffchen geschickt die Palmen hoch und herunter kletterten, um reife Kokosnüsse zum Fall zu bringen.
Oft schon hatte ich in der Nacht den lauten Knall gehört, wenn eine Kokosnuss von der Palme fällt. Damit hier auf dem Gelände niemand eine lebensgefährliche Kopfnuss im wahrsten Sinne des Wortes erhält, kommen deshalb regelmäßig diese virtuosen Gärtner und sorgen somit für die Sicherheit der Bewohner. Gleichzeitig liefern sie damit aber auch jede Menge Kokosnüsse, die versorgt werden wollen. So hörte man an diesem Tag das Geräusch der herunterfallenden Nüsse in besonders hoher Frequenz.
Dabei hieß es sich schön fern zu halten. Nachdem die scheinbar von jeglichem Schwindel befreiten Männer auf bis zu 25 Metern Höhe ihre Arbeit verrichtet hatten, hieß es dann für die Kinder, uns Praktikantinnen und die Angestellten ihren Teil der Arbeit zu verrichten. So wurden emsig Palmwedel hin und her getragen und natürlich Kokosnüsse eingesammelt, sortiert und von unnötigem Geäst befreit.
Allmählich füllte sich so wieder der Vorrat an Brennholz und Kokosnüssen, die uns für die nächsten Wochen treue Dienste leisten werden.
Wie die Fasern der Kokosnusspalmen zu Stricken und Seilen verarbeitet werden, konnte ich auch schon hier in Marawila bestaunen. Bei einem Ausflug mit den Kindern kamen wir an einer solchen Produktionsstätte vorbei. Wir Praktikantinnen wunderten uns, warum hier so viele Kokosnussschalen und -fasern auf einem Haufen lagen, als uns Theekshani über die Seilproduktion aufklärte.
Faszinierend finde ich Palmen auch aufgrund ihrer enormen Widerstandsfähigkeit. Zieht einmal ein Sturm auf und beobachtet man dabei, wie sich die großen langen Stämme im Wind verbiegen können, wird deutlich, wie fest ihre bis zu sieben Meter langen Wurzeln im staubigen Boden verankert sind. Die Tatsache, dass viele Palmen an der Küste die enorme Wucht des Tsunamis von 2004 unbeschadet überstanden haben, zeigt dies einmal mehr. Wie es der robusten Pflanze gelingt, das für die Früchte und grünen Palmwedel nötige Wasser die hohen Stämme hinaufzupumpen, bleibt mir dabei ebenso ein Mysterium.
Nach einigen Wochen scheint es mir schon ganz gewöhnlich, wenn ich mich umsehe und von den vielen schönen Palmen umgeben bin. Wenn ich wieder in Deutschland bin, wird mir dieses von ihnen transportierte Urlaubsgefühl sicherlich fehlen. Für meine nächste Zeit hier Sri Lanka möchte ich unbedingt noch einmal an einem der vielen Straßenläden genüsslich frische Milch aus der „King Coconut“ schlürfen .
Liebe Grüße und bis bald.
Eure Julika
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