Nun sieht die Welt ganz anders aus
Neuneinhalb Wochen im Angel's Home in Sri Lanka gehören nun schon der Vergangenheit an. Kaum in Deutschland angekommen, bin ich auch schon wieder mitten im Alltag. Dennoch gibt es immer wieder Dinge, die mich an meine Zeit in Sri Lanka zurückerinnern, oder Solche, die mir klarmachen, wie unterschiedlich die beiden Länder doch sind.
Als ich am Flughafen in Colombo auf den Abflug wartete, holte ich einen Stapel an Abschiedskarten aus meinem Rucksack, die ich von vielen Kindern zugesteckt bekommen hatte. Nun hatte ich endlich Zeit, sie in Ruhe zu lesen. Es rührte mich sehr, wie viel Mühe sie sich dabei gegeben hatten, realisierte dabei aber, dass ich sie vielleicht nie wieder sehen würde. Das Armband von Chethana und der kleine Plüsch-Teddy von Kumari werden mich auf jeden Fall lange an die Zeit mit den Mädchen zurückerinnern. Dass die Kinder einen Teil ihres geringen Besitzes mir schenkten und auch dass Piumi zwei ihrer Fotos, die ihr ganzer Stolz sind, in die Abschiedskarte geklebt hat, bedeutet mir unendlich viel.
In Deutschland gelandet, fiel mir als erstes das mürrische Flughafenpersonal auf. Dazu kam dann die Sauberkeit und obwohl viele gestresste Reisende an mir vorbei hetzten, wirkte alles ruhiger und leerer als in Sri Lanka, wo eigentlich immer Trubel herrscht.
An meiner vorerst letzten Station, dem Gepäckförderband, gab es dann die erste negative Überraschung, nämlich dass mein Koffer nicht wie ich bis nach Hannover, sondern nur bis Frankfurt geflogen war. Dies kann man in sofern positiv sehen, dass es nicht auf dem Hinflug in Sri Lanka passiert ist, sondern im strikt organisierten Deutschland, sodass glücklicherweise noch am selben Abend mein Koffer vollständig bis vor meine Haustür geliefert wurde.
Beim Verlassen des Flughafengebäudes wurde ich gleich von der Frühlingskälte überströmt und noch die folgenden Tagen wünschte ich mir regelmäßig die asiatische Hitze zurück. Aber nicht nur an die Kälte des deutschen Wetters musste ich mich erst wieder gewöhnen, sondern auch an die der Einwohner. Nachmittags wollte ich mit meiner Familie im Schützenhaus unseres Dorfes endlich mal wieder ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee genießen. Als ich auch hier in einige mürrische, unbeteiligte wirkende Gesichter blickte, fiel mir erneut der Unterschied zu den immer freundlichen Singhalesen auf, die einen mit ihrer Offenheit, guten Laune und Gelassenheit regelrecht anstecken.
Heute habe ich versucht, einen kleinen Teil Sri Lanka herbeizuzaubern, indem ich mithilfe meiner mitgebrachten Gewürze versucht habe, Dhal zu kochen. Ob mein Lieblingsfrühstück aus Sri Lanka hier genauso gut schmeckt wie dort, wird sich später zeigen.
Ich bin sehr froh, mich für die Zeit in Sri Lanka entschieden zu haben und die Chance hatte, so Vieles zu lernen, mitzunehmen und neue Eindrücke zu sammeln. Lange werde ich mich an das Lachen und die lauten Stimmen der Mädchen zurückerinnern. An alltägliche Situationen, wie wenn Priyanka, die bis zum Ende ihre Probleme mit meinem Namen hatte, mich mit einem langgezogenen „Greescha!“ auf sich aufmerksam macht. Oder an das enttäuschte Gesicht von Sashini, wenn ich ihr nicht noch ein Gesellschaftsspiel gebe, das sich aber schnell in ein Lachen verwandelt, wenn ich mit ihr Badminton spiele. Oder wenn Achini und Sachini mit einem Strahlen auf mich zukommen und rufen „Today English class?“.
Auch, wenn schon bald die nächste Praktikantin meine Platz im Angel's Home einnehmen wird, werden diese neuneinhalb Wochen für mich immer eine ganz besondere Zeit bleiben und noch lange werde ich mit einem Lächeln an die 58 Mädchen denken, die dies zu einem unvergesslichen Lebensabschnitt gemacht haben.
Liebe Grüße aus Deutschland,
Gesa
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