Verschiedene Kulturen- verschiedene Geschmäcker
Meine fünfte Woche im Angels Home habe ich hinter mir und nur noch drei Wochen liegen vor mir. Die Zeit vergeht wirklich rasend schnell und ich sehe mich schon im Flugzeug sitzen und auf die tollen Erfahrungen, die ich hier im Angels Home sammeln durfte, zurückblicken. Diese Woche wird meine letzte Nachhilfewoche werden, da bei den Kindern momentan Examen anstehen und sie während der eigentlichen Nachhilfezeit besser für ihre Klausuren lernen sollen. Eigentlich schade, die Stunden hatten mir immer sehr viel Spaß gemacht und auch die Kinder scheinen sich immer sehr auf die Stunden zu freuen: „Yvonne, do wehaveclasstoday?“. Wenn ich dann mit „No, not today.“ antworte bekomme ich zumeist sehr enttäuschte Gesichter zu sehen.
Auch diese Woche sammelte ich einige weitere interessante Erkenntnisse über Land und Leute und deren Gewohnheiten. Ich kaufte letzte Woche eine Avocado, da ich mich mit Theekshani über mein Frühstück in Deutschland unterhielt. Sie kannte Guacamole nicht und ich wollte ihr zeigen, wie mein tägliches Frühstück in Deutschland aussieht (in den letzten Monaten habe ich es mir so angewöhnt, Zwiebeln, Knoblauch, Salz und Pfeffer mit Avocado zu vermischen und aufs morgendliche Brot zu schmieren). Nachdem ich es ihr gab, wirkte ihr Gesichtsausdruck eher gequält als begeistert. Sie fragte mich, warum ich denn keinen Zucker rein getan hätte und aß den Rest dann sehr schnell auf, wahrscheinlich um schnellstmöglich ihren Mund danach ausspülen zu können
Einige der Kinder ließ ich auch probieren und die meisten verzogen ihr Gesicht. Nadisha holte dann Zucker und Sodi vermischte einen kleinen Teil mit Kokoshonig. Ich sollte dann die Sri Lankanische Guacamolenvariante probieren und in der Tat, es schmeckte richtig gut. Ich denke, es kommt ganz einfach darauf an, was man von klein auf gewohnt ist, zu essen. Unser deutsches Essen wäre den meisten Einheimischen Sri Lankas bestimmt auch zu geschmackslos. Bereits jetzt nach fünf Wochen, nehme ich mir noch eine weitere Portion Dahl, wenn es mir zu neutral schmeckt, um auf die gewohnte Schärfe zu kommen. Ebenso beim Zuckerkonsum bemerke ich hier einen starken Unterschied zu Deutschland. Der tägliche Schwarztee besteht glaube ich zur Hälfte aus Zucker. Natürlich schmeckt es richtig lecker und ich erwische mich nachmittags auch selbst dabei, von Tag zu Tag mehr Zucker in meinen Tee zu schütten, um die gleiche Süße wie beim Frühstückstee zu erhalten.Trotzdem darf man am besten gar nicht erst damit anfangen, sich der Süße wieder zu entwöhnen ist bestimmt sehr viel schwieriger.
Vor ein paar Tagen kaufte sich Ellen ein kleines Stück Kuchen auf einem Markt. Als sie es zu Hause auspackte, bemerkten wir, dass es in eine alte Klassenarbeit eingewickelt war. Recycling in Sri Lanka würde ich das nennen :D Seitdem schauen wir uns die Verpackungen genauer an und siehe da, alle Verpackungen bestehen entweder aus alten, mit Kleber zusammengehefteten Zeitungen oder ehemaligen Klassenarbeiten von Schülern, welche in eine Taschenform gebracht wurden. An sich ist das ja gar keine so schlechte Idee, es gestaltet sich für uns zumindest jetzt als Routine, zu entziffern, aus welchem Fach die Klassenarbeit stammt oder aus welcher Zeitung wir unsere Bananen essen. A propos Bananen: Meine Bananenzufuhr hat hier schätzungsweise ums Hundertfache zugenommen. Ich glaube an den zum Teil mehligen und nur halb so guten Geschmack der importierten Bananen in Deutschland muss ich mich leider auch erst wieder gewöhnen wenn ich zurückkomme. Allein zum Bananenessen lohnt sich ein Besuch nach Sri Lanka.
Bis zum nächsten Mal, eure Yvonne
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