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Glassklar Achive

Ungleiche gleiche Welt

Auf dem Weg zum SchwimmenNun bin ich auch schon die zweite Woche hier im Angels Home im schönen Sri Lanka. Letzten Montag hatte ich meinen ersten freien Tag und fuhr mit dem TukTuk auf Julias Empfehlung in ein etwa 15 Minuten entferntes Hotel, um schwimmen zu gehen. Es war echt riesig und auch wunderschön aber passte so gar nicht in diese Gegend. Die meisten Gäste waren europäischer Herkunft und ließen sich jegliche Getränke vom einheimischen Personal an ihre Liege bringen. Ich empfand es als ziemlich unpassend in einem so armen ländlichen Gebiet ein so riesiges Luxusobjekt zu errichten, dass ich mich fast dafür schämte, unter Beobachtung einiger Einheimischen, das Hotel mit den Sicherheitsmännern am Eingang zu betreten. Ich frage mich immer wieder was einen dazu treibt, sich auf solch eine lange Reise in ein weit entferntes Land zu begeben um dann trotzdem weiterhin die bekannten europäischen Standards zu genießen. Warum möchte man denn in ein fremdes Land? Um alles so zu erleben wie zu Hause… nur wärmer?! Es ist mir ein Rätsel wieso manche Menschen so viel Geld in eine weite Reise investieren, um letztendlich den gesamten Tag am hotelinternen Pool zu verbringen, lediglich die altbekannten Speisen zu sich zu nehmen und vor Scheu nichts Neues ausprobieren. Ich möchte dabei nicht alle Leute, die ihren Urlaub am Pool verbringen, unter einen Kamm scheren.Ich finde es auch mal toll nichts tun zu müssen und mache das auch (sehr) gerne. Das ist aber gar nicht das Thema. Es gibt nur tatsächlich Einige, so kommt es mir zumindest vor, die eigentlich kein wirkliches Interesse daran haben, in eine neue Kultur einzutauchen und da verstehe ich den Hintergrund so einer Reise nicht. Da hätte es dann auch ein europanäheres Land getan (mal ganz abgesehen von den Kosten, die auf einen zukommen). Palm Bay Beach Resort

Um etwas mehr auf meinen Alltag mit der „Sri Lankanischen“ Lebensweise hier im Heim einzugehen: Natürlich ist es auch für mich einfacher und angenehmer meine Wäsche mit der Waschmaschine zu waschen, aber wenn ich mich ein eine neue Kultur begebe in der dies nicht dem Alltag entspricht, möchte ich doch möglichst viel davon mitnehmen, neue Erfahrungen machen und mich voll und ganz auf das andere Leben einstellen. WaschplatzHätte ich hier den Luxus einer Waschmaschine und würde täglich den Kindern beim Handwaschen ihrer Kleidung helfen, würde ich mich glaube ich ziemlich schlecht dabei fühlen. Daher bin ich doch ganz froh meine Wäsche die nächsten zwei Monate per Hand zu waschen! Smile

Vor ein paar Tagen während der „Playtime“ saß ich mit ein paar Kindern im Garten und Sandiya schüttete Wasser auf den Sand vor mir, um meine Beine darin einzugraben und den Sand somit schwerer zu machen.  Als ich meine Beine aus der Grube wieder rausholte, waren sie logischerweise dreckig und Kumari wollte den Matsch wegrubbeln. Theekshani, unsere Matron hier, rief dann Kumari zu sich und sagte mir später, da sie das Wegrubbeln des Drecks beobachtet hatte, dass ich das hier lieber nicht machen solle, falls andere Leute (Besucher, Leute die über den Zaun schauen,...) so etwas zu Gesicht bekämen und dann das Bild entstünde, die „Weißen“ ließen sich von „dunkelhäutigen Kindern“ die Füße waschen. An so etwas hätte ich niemals gedacht und fand es sehr erschreckend, dass dieses Rassendenken tatsächlich noch so aktuell ist. Wäre es ein Problem gewesen, bzw. würde es andere Leute zum Reden bringen, wären unsere Hautfarben vertauscht? Ich finde es wirklich schlimm dass es überhaupt ein Thema ist, mit dem man sich beschäftigen und darauf achten muss, dass nichts falsch ankommt. Ich redete mit Julia über das Thema und sie erzählte mir, dass eine Praktikantin vor ein paar Jahren mit einem Kind „Hund an der Leine“ spielte. Einmal war die Praktikantin der Hund und einmal das Mädchen. Auch dieses Spiel sollte dann unterbrochen werden. Hätte das Spiel auch beendet werden müssen, wäre  die Praktikantin der einzige Hund an der Leine gewesen?

Meine Moralgeschichte ist nun endlich beendet Smile…es ist nur so, dass ich hier von Tag zu Tag daran erinnert werde welche Unterschiede es auf der Welt gibt, die so eigentlich gar nicht sein müssten. Nicht, dass ich es vor meinem Aufenthalt hier nicht schon gewusst hätte, aber täglich neu damit konfrontiert zu werden lässt einen dann doch noch etwas stärker über das Thema grübeln.

SandiyaDie Mädchen sind alle total freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend erzogen worden. Sie teilen gegenseitig alles, auch wenn sie selbst eigentlich gar nicht genügend haben. Wenn ich mein Wasser fertig getrunken habe, fragen einige sogar ob sie mir etwas Neues bringen dürfen (nicht sollen!). Es wirkt wirklich so, als mache es ihnen Spaß uns Praktikantinnen zu „bedienen“. Solch eine Freundlichkeit ist man oftmals ja gar nicht gewohnt. Jeden Tag wird dir ein Lächeln geschenkt und morgens ein freundliches „Goodmorning“, nach der Schule eine freundliches „Goodafternoon“ und abends ein freundliches „Goodevening“. Es wirkt so, als wäre niemandje richtig schlecht gelaunt. Im Garten während der Spielzeit gibt es momentan täglich Matschkuchen zu probieren. Gesa und ich werden dann meistens dazu genötigt jede Sorte des leckeren Törtchens zu kosten und dürfen so lange nicht gehen, bis wir alles „aufgegessen“ haben. Ich finde es immer wieder schön zu sehen dass die Kinder hier keine Spielsachen brauchen um fröhlich zu sein oder ohne Vorgaben auf Ideen kommen, was sie spielen könnten.. Alte Kokosnussschalen, Blumen, Sand, Steine sind so ziemlich das einzige was die Kinder hier zum Spielen haben… und es reicht allemal.Matschkuchen

Natürlich ist hier nicht alles toll und einwandfrei. Womit ich ganz stark meine Probleme habe ist die Rollenverteilung von Mann und Frau. Hier im Heim gibt es nur Mädchen, deshalb kann ich keine Männer beurteilen, die ich nicht kenne. Ich finde es nur sehr schade dass man hier als Frau keinem Mann auf der Straße einen wie in Deutschland neutralen „Guten Tag“  Blick zuwerfen kann, ohne dass es falsch aufgefasst und erst einmal mit dem Fahrrad oder Moped verfolgt wird. Und das auch, wenn man die männlichen Wesen hier komplett ignoriert oder auch noch zusätzlich böse anschaut.

Bis zum nächsten Bericht, Yvonne

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