Sieben Frauen, eine buddhistische Segnung
Wie sieht eigentlich eine buddhistische Segnung aus? Diese Frage stellte ich mir letzten Freitag als es hieß „morgen werden unsere Mädels gesegnet“. Dass wir hohen Besuch erwarten, wurde mir jedoch sehr schnell bewusst. Anstatt um 6 sollte das ganze Kinderheim schon um halb 5 aufstehen und wie sich herausstellte, haben alle unsere Erzieherinnen die ganze Nacht kein Auge zugemacht um für unseren Besuch zu kochen. Das nenne ich mal eine Aufopferung!
Und nun war es auch schon so weit. Aufstehen, Waschen, Zähneputzen und auf zum buddhistischen Altar. 7 Frauen in weißer Kleidung betreten den Raum. Nachdem vor jeder Frau ihr Festmahl auf Palmblättern serviert wurde, wird zuerst einmal gebetet. Für mich hört sich es eher wie ein Gemurmel der 7 Frauen an, jedoch können unsere buddhistischen Kinder alle in das Gemurmel mit Einstimmen.
Nun die Segnung: Die erste Frau leuchtet jedes Kind von oben bis unten mit einer Kerze ab, die Frauen danach streichen mit Kokosöl über die Haare. Nachdem alle Kinder gesegnet wurden, waren unsere Erzieherinnen und zur Überraschung auch wir an der Reihe.
Zur Feier des Tages gab es zum Schluss auch für die Kinder ein kleines Festessen mit Milchreis, Pudding und einem anderen kleinen Küchlein
Genauso wie ich das Engagement für diese Segnung bewundere, bewundere ich jeden Tag aufs Neue die Freude der Kinder am Beten. 2mal am Tag heißt es bei uns im Angels Home „praying time“, in welcher die katholischen Kinder an den unteren Altar gehen und die buddhistischen Kinder an den Oberen. Ohne Hilfe von den Erzieherinnen wird dann eine viertel Stunde gesungen und gebetet. Die „praying time“ ist jeweils morgens und abends vor dem Essen, trotzdem wird vor jeder Mahlzeit noch einmal ein Tischgebet gesprochen...und wehe wir beginnen schon vorher mit dem Essen, das gibt dann einige böse Blicke von unseren Mädels
Wird hier nun gebetet weil es eben zum Tagesplan gehört und am Ende doch irgendwie Pflicht ist, oder wirklich aus der Überzeugung der Kinder? Ich würde sagen teils teils. Klar muss man manchen Mädels auch sagen, sie sollen jetzt zum Altar gehen, obwohl sie gerade viel lieber rumalbern würden, oder würden sie bestimmt auch manchmal lieber mit dem Essen beginnen anstatt zuerst noch einmal zu warten um beten zu können.
Trotzdem kann man ganz klar sehen, dass ihnen ihre Religion doch sehr am Herzen liegt. Fast jedes Mädchen hat unter ihrem Kopfkissen eine Gebetskette oder ein Gebetsbuch, welche uns Praktikantinnen auch sehr oft stolz gezeigt werden. Auch haben die meisten Mädchen in ihren Federmäppchen ein Bild von Buddha oder Jesus. Ganz gerne schau ich auch zu, wenn die Kinder in einem ruhigen Moment an den Altar gehen und die Jesus oder Buddha Statue berühren und dabei wohl ein kleines Blitzgebet Richtung Himmel schicken. Was unsere Mädels auf jeden Fall nicht verstehen können, ist wenn eine Praktikantin weder katholisch noch buddhistisch ist und im schlimmsten Fall sogar an gar nichts glaubt
Viele liebe Grüße aus dem Angels Home!
Eure Selina
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