Wir Geben und wir Nehmen
Es scheint noch nicht lange her zu sein, dass ich zu Hause meinen Vorstellungstext für die Webseite geschrieben habe. Die drei Monate sind unglaublich schnell vergangen, auch wenn es mir wie eine kleine Ewigkeit vorkommt, dass die ersten Kinder nach meiner Ankunft auf mich zukamen und nach meinem Namen gefragt haben. Nun sitze ich wieder zu Hause, diesmal schreibe ich meinen Abschlussbericht. Es ist einige Grad kälter, ich bin drei Monate älter und habe eine tolle Zeit in einem beeindruckenden Land hinter mir.
Jetzt stellen sich mir vor allem zwei Fragen: Was konnte ich von der Zeit mitnehmen? Und vor allem: Konnte auch ich den Mädels etwas geben?
Wenn Shashikala während der Gartenarbeit nach unserer gemeinsamen Englischstunde die „problems of a big town“ murmelnd für sich wiederholte oder Salami mir ein nahezu perfektes „capital B“ aufgeschrieben hat, wusste ich, dass ich ihnen für den Moment etwas beibringen konnte, auch wenn es vielleicht am nächsten Tag schon wieder aus ihren Köpfen verschwunden ist.
Wenn Udenika oder Achini bei unserer allabendlichen Kitzel-Einheit vor Lachen fast aus ihren Betten gekullert sind, sich die Mädels nach fertig gelösten Englischhausaufgaben überschwänglich bedankt haben, ich mit Subani neue Deutschvokabeln gelernt habe oder Shakina mir abends „sleep well“ ins Ohr flüsterte, hatte ich das Gefühl, dass auch ihnen meine Zeit im Angels Home gefallen hat und sie mich gerne an ihrem alltäglichen Leben teilhaben ließen.
Was ich für mich aus Sri Lanka mitnehmen kann, lässt sich wahrscheinlich erst wirklich sagen, wenn einige Zeit vergangen ist. Allerdings weiß ich schon jetzt, dass ich auf sehr erlebnisreiche und unvergessliche Monate zurückschauen kann und ich, auch wenn ich jetzt einige tausend Kilometer von den Mädels entfernt bin, mehr von ihnen mitgenommen habe als Fotos und Abschiedskarten.
Selbstverständlich musste man sich einige Male dazu aufraffen, morgens um zehn vor Fünf aufzustehen um die Kinder zu wecken oder seine gesamte Geduld sammeln, um den Haufen kleiner Mädels der ersten Englischunit wenigstens eine halbe Stunde bei Laune zu halten. Natürlich hat man manchmal so einiges an Deutschland vermisst, Familie und Freunde, geordneten Straßenverkehr und nicht zuletzt das Essen.
Aber wenn wir zusammen gelacht haben, mir die Jüngeren bei der Rückkehr nach einem freien Tag entgegengelaufen kamen, ich tagtäglich von großen, dunklen Augen angestrahlt und immerzu mit gut duftenden Blumen oder Sandkuchen beschenkt wurde, wusste ich schon vor einigen Wochen, dass mir das Zusammenleben mit über 50 tollen Mädchen in Deutschland sehr fehlen wird und ich mich gerne an die Zeit zurückerinnern werde.
Danke an alle, die diese Zeit in Sri Lanka so unvergesslich gemacht haben, danke an Frank und Julia für ein tolles Projekt! Und natürlich danke an alle, die hin und wieder einen meiner Berichte gelesen haben!
Liebe Grüße aus Berlin,
Nina
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