Die Ferienzeit ist vorbei.
Nach zwei Wochen Schule mit straffem Alltag erinnere ich mich wieder an die schöne Ferienzeit zurück. In der Englischnachhilfe sind die Ferien auch immer noch ein Thema, wenn es darum geht, einen freien Text zu schreiben oder mir etwas zu erzählen. Für die Mädchen, die bei uns geblieben sind waren das die Highlights: Nummer 1. An einem Mittwoch stand ein Kinobesuch auf dem Programm. Und als leidenschaftliche Kinogängerin habe ich mich natürlich total auf diesen Tag gefreut – wohl wissentlich, dass ich nur bewegte Bilder sehen werde, die ich nicht verstehen werde und die Sprache dazu es mir auch nicht verständlicher machen würde Wenn ich mich auf die Zusammenfassung der Mädels vorab verlassen kann geht es in dem Film um das Leben Siddhartas bevor er Buddha wurde. Er ist aus seiner gewohnten Umgebung am Königshof ausgebrochen, hat sich in Askese geübt um dann an den Palast zurückzukehren um dann natürlich die hübscheste aller Frauen abzustauben. Eigentlich fast wie jede Hollywoodromanze Nur auf singhalesischer Kultur aufgebaut.
Das Kino an sich war schon recht toll –total flach und zig Ventilatoren haben versucht die Luft angenehmer zu machen. Also nicht mit unseren Luxuskinotempeln zu vergleichen – die Preise aber auch nicht Wir haben die Nachmittagsvorstellung um 14.30 Uhr besucht und hatten daher das Kino quasi für uns.
Zum Vorstellungsbeginn wurde Eis verteilt – das kann man nur mässig geniessen, denn egal welche Sorte man kauft, sie schmecken alle irgendwie nach Spülmittel. Aber egal.
Beim Vorspann wurden meine Hoffnungen auf Untertitel angeregt. Jedes noch so kleine Wort wurde ins Englische übersetzt. Auch die Ortschaften wurden während des ganzen Films auf Englisch angezeigt, wobei der Rest leider im singhalesischen Wirrwarr verborgen blieb. Die Bilder waren schön, die Vertonung recht eigenwillig – Mal laut, Mal leise und vor allem oftmals zeitversetzt. Hat mich aber nicht gestört, da ich eh immer wieder Mal in den Schlafmodus geswitcht habe. Irgendwann ging dann das Licht an und ich dachte „Juhuu, war ja gar nicht so schlimm“, naja, das war ja auch nur die Pause – also war nach fast zwei Stunden erst die Hälfte geschafft.
In der Pause gab es dann Süssgetränke für alle – auch seeeehr lecker
Der beste Moment im Film war eigentlich, als sich Siddharta und seine Ehefrau sich dann endlich haben und verheiratet sind. Diese schmachtenden Blicke, diese Dramatik, die Musik dazu und dann wieder diese Blicke… Aaaaach… Bei uns hätte sich das Paar kurz in die Augen geschaut und zwei Minuten lang geküsst… Hier dauerte das ganze Prozedere schon 15 Minuten. Ohne einen einzigen Kuss wohlgemerkt.
Die Kids fanden es auf jeden Fall sensationell. Waren total hin und weg von Siddhartas Frau, weil die ja so hübsch sei. Total verzaubert waren sie.
Ich musste mir danach zwar lauter Sprüche anhören, von wegen ob ich auch Mal wach war oder ob ich nun ausgeschlafen sei und so weiter… Aber ich wusste ja, dass sogar teilweise das singhalesische Personal geschlafen hat, weil der Film wohl doch seine Längen hatte oder die Hitze im Kino die Konzentration unmöglich machte.
Aber ich fand es schön mit den Mädels diesen Ausflug machen zu können und Mal in singhalesisches Kino von innen zu sehen.
Exkurs: ein kleines persönliches Highlight
Vom Kino sind wir mit dem Bus nachhause gefahren. Da Rushhour war mussten wir ein bisschen warten, bis wir in einem Bus Platz hatten. In der Zwischenzeit ist ein leicht alkoholisierter Singhalese auf uns Aufmerksam geworden und hat mich als sein Opfer auserkoren. Er kam immer wieder an, wollte offensichtlich Geld. Ich bin immer weiter zu den Mädels hin und wurde mehr und mehr von ihnen umkreist. Aber der Typ kam immer näher und wollte nicht von mir ablassen. Bis eines der Mädchen, Kumari mich an der Hand nahm und ins Zentrum der Gruppe stellte, wo der Typ nicht hinkam. Von dieser Aktion war ich total beeindruckt. Man muss dazu sagen, dass Kumari geistig etwas eingeschränkt ist. Umso mehr war ich überrascht, dass sie wohl am ehesten gespürt hat, wie unwohl und auch hilflos ich mich fühle oder zumindest hatte sie als einzige den Mut mir zu helfen. Sie meinte noch hier sei ich sicher. Ganz grosses Kino
Auf dem Nachhauseweg wurden natürlich lauter Witze über meinen neuen singhalesischen Freund gemacht… Da konnte auch ich dann wieder lachen.
Nummer 2.0
An einem Dienstag haben Frank und Julia uns zu sich eingeladen. Wir haben den Besuch noch mit einem kleinen Ausflug zu einem anderen Strand und zur nahgelegenen HolyCross Church verbunden.
Wir spazierten also die ca 1,5 Kilometer zu Frank und Julia um Julia für den Kirchen- und Strandbesuch abzuholen.
In der Kirche haben die christlichen Mädels einen Rundgang gemacht und gebetet. Ich habe wie immer eine (oder in diesem Fall sogar 7) angezündet. Es war übrigens die erste Kirche, die ich gesehen habe, deren Boden aus Sand war.
Danach gings dann weiter zum Strand. Hier ging es dann recht viel verhaltener zu wie bei anderen Strandbesuchen, weil die Mädels alle ihre hübschen Sachen anhatten. Eine grosse Welle hatte allerdings ein paar Mädels dick erwischt. Da war das Geschrei und Gelächter natürlich riesengross.
Bei Frank und Julia gab es dann Knabbereien und Cola für alle. Da waren sie alle selig
Nummer 2.1
An einem Abend hatte Julia im Heim übernachtet und den Mädels am Abend noch eine Geschichte erzählt. Ausserdem haben sie noch gespielt und viel gelacht. Man hat richtig gemerkt, wie es die Mädchen genossen haben, dass Julia eine Nacht hiergeblieben ist.
Die Mädels haben mir erzählt, dass sie es toll finden, wenn Julia Zeit mit ihnen verbringt und diese Momente geniessen.
Nummer 3
Während der zwei Ferienwochen gehen wir zwei Mal zum Strand. Alle Mädels ziehen sich ihre Strandklamotten an. Nicht wie bei uns Badehose oder Bikini, sondern T-Shirt und Rock oder Hose dazu. Nach einem nicht ganz zehnminütigem Spaziergang am Strand angekommen sind die Mädels nicht mehr zu bremsen. Sie springen ins Wasser, bespritzen sich gegenseitig und planschen wie verrückt rum. Da keines der Mädchen schwimmen kann stellen sich die grossen Mädchen wie eine Absperrung Mitten ins Wasser, damit keiner in zu tiefes Wasser vordringen kann. Die ganz kleinen Mädchen werden entweder von den Betreuerinnen oder Isabell und mir an die Hand genommen. In ihrem Übermut sind sie kaum zu bremsen und so haben wir alle Hände voll zu tun sie im Zaum zu behalten und zu schauen, dass sie in einer angemessenen Wasserhöhe bleiben.
Den Kindern macht es tierisch viel Spass sich im Wasser treiben zu lassen, Löcher in den Sand zu buddeln, andere mit Wasser zu bespritzen und ausgelassen zu toben. Es herrscht ein Höllenlärm. Wasserflaschen und Tüten werden mit Wasser gefüllt und anderen über den Kopf geschüttet. Davon werden wir natürlich auch nicht verschont. Am Ende sind wir alle klatschnass, erschöpft und zufrieden.
Als ich so zwischen den Mädchen stehe geniesse ich diesen Moment in vollen Zügen. Normalerweise schiebe ich im Berufsalltag Zahlen von links nach rechts, überprüfe Zahlen, rechne nach und biege sie in die gewünschte Richtung Aber das hier erscheint mir so viel sinnvoller – auch wenn es nur für kurze Zeit ist…
Nummer 4
Um die Mädchen ausserhalb der Routine zu beschäftigen haben Isabell und ich uns eine kleine Olympiade ausgedacht. Die Mädels haben Gruppen gebildet und sich Fantasienamen gegeben. Es traten an: Hey Baby Hey, Tikka Takka Girls und Honey Bunny. Der Ursprung der Namen bleibt unergründet
Zunächst gab es einen Staffellauf – der wie immer unter tosendem Gebrüll angefeuert wurde. Als zweite Disziplin haben wir uns eine Variante des Eierlaufs ausgedacht. Und zwar musste man über einen Holzstamm balancierend den Löffel im Mund behalten und einen Pingpong Ball auf die andere Seite transportieren. Die konzentrierten Gesichter der Mädels waren einfach der Hammer. Wir haben uns köstlich amüsiert und waren überrascht, dass es alle Mädchen geschafft haben ohne den Ball fallen zu lassen – sogar die Kleine. Ausserdem gab es noch Ball- und Hüpfspiele. Am Ende haben wie eine Siegerehrung gemacht und die Mädels haben Stofftiere, Anhänger und Magnete bekommen. Ein wirklich gelungener Vormittag. Es war schön, wie motiviert die Mädels waren und voller Eifer mitgemacht haben.
Allen Mädchen, egal ob im Angels Home oder zuhause bei ihren Familien, hat mit Abstand das singhalesische und tamilische Neujahrsfest gefallen. Da ich darüber aber bereits ausführlich geschrieben habe steht das ausser Konkurrenz.
Aber so zwei Wochen Ferien gehen eben schnell vorbei und so mussten die Mädels am 22. April wieder zu Schule – die meisten freuten sich wieder darauf. Isabell und ich freuten uns vor allem auf einen geregelten Alltag, mit Nachhilfe und seeehr frühem Aufstehen. Dazu ein anders Mal mehr.
- Aufrufe: 3081