Essen auf Singhalesisch
Und wieder hat mich etwas völlig fasziniert und mir große Unterschiede zu den Gewohnheiten in Deutschland aufgezeigt, Essen im Angels Home for Children. Eine kleine Abfolge: die Glocke läutet, die Teller stehen bereit, jedes Kind bekommt einen Teller gereicht, es wird sich an den Tisch begeben, es wird stehen geblieben. Wenn so gut wie alle Kinder am Tisch stehen wird ein Gebet gesprochen, auch die Praktikantinnen stehen. Es wird sich hingesetzt. Dann kommen Frank und Julia um die Ecke, aufstehen, „Good afternoon, Thatha! Good afternoon, Julia“, dann geht das Essen weiter. Es ist recht still am Tisch, man hört nur Geflüster und außer Julia, Frank und den Praktikantinnen keine weiteren lauten Stimmen. Nach ca. 10 Minuten ist der Teller leer und die Bäuche gefüllt. Dann geht es zum Abwaschen in die Küche. Jedes Kind wäscht alleine seinen Teller und seinen Becher auf und legt ihn zu den anderen zum Trocken.
Fällt euch auch etwas auf? Extrawürste und Sonderbehandlungen? Nicht denkbar bei 52 Mädchen.
„Es wird gegessen was auf den Tisch kommt“ wird hier noch zelebriert. Und das ist wirklich schmackhaft, ich bin immer wieder völlig angetan von den bis zu 5 Beilagen und den neuen Geschmacksrichtungen, die man in Deutschland einfach nicht kennt. Und jeden Tag gibt es neue Variationen.
Aber selbst die Kinder, die dieses Essen von Geburt an, bzw. seit ihrer Ankunft hier kennen sind nicht wählerisch. Es gibt kein „Ich mag dies nicht, ich mag das nicht“. Von diesem guten Verhalten möchten sich vermutlich manche deutsche Mütter ein Stück abschneiden und auch bei ihrem Nachwuchs etwas konsequenter sein. Aber mittlerweile gehört es in Deutschland schon dazu, dass das Kind dieses oder jenes nicht isst. Da gibt es Listen für die Schulküche und für Ausflüge auf denen die Eltern notieren können was ihr Kind nicht isst oder nicht verträgt. Wenn man hier mit so einer Liste ankommen würde, würde die Küchenfrau nur ein müdes Grinsen übrig haben. „Die neue Studentin verträgt dies und jenes nicht und möchte bitte täglich dies und das…“ Na klar!
Aber auch das Verhalten am Tisch ist sehr diszipliniert ohne, dass die Matron etwas sagen müssen. Es wird sitzen geblieben bis der Teller leer ist, es wird nicht laut geredet oder mit dem Essen gespielt. Es wird nicht getrödelt und sich nicht über den Nachtisch beschwert (weil es mal kein „Kinder Maxi King“ gibt) sondern sich über jeden Nachtisch gefreut.
Und die können sich hier sehen lassen. Die Bananen in Deutschland schmecken im Gegensatz zu denen hier nach gar nichts, die Ananas ist viel saftiger und geschmacksintensiver, von ganz neuen Früchten hier ganz zu schweigen. Wie schon beim Hauptgang: Ich kann und will mich hier nicht beschweren! Es mündet tadellos!
Nach dem Nachtisch heißt es „Tisch abwischen!“. Ach, an was für Diskussionen mich das wieder in der Heimat erinnert, schrecklich. Mein Bruder und ich haben uns immer versucht davor zu drücken, warum auch immer, ist ja nun wirklich keine schwere Arbeit.
Die Mädchen hier sind in verschiedene Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe ist am Tag für das Tischabwischen zuständig und das wird ohne Murren und Knurren auch getan.
Das „Naschen“ an sich, gibt es hier auch nicht in der Form, wie man es in Deutschland kennt. Hier werden kleine traubenähnliche Kugeln vom Baum gegessen aber nach Süßigkeiten schreit hier kein Kind. Es gibt sie auch einfach nur selten und nicht auf Vorrat. Umso schöner ist es dann für die Kinder wenn Besuch von den Pateneltern oder den richtigen Eltern ansteht und diese für alle Kinder im Heim Bonbons oder Gummibärchen mitbringen. Das sind dann richtige Highlights und ich spüre, dass die Kinder solche Naschereien mehr würdigen als es in Deutschland der Fall wäre. Da steht immer eine Packung Gummibärchen, Dickmanns, oder Kinderriegel im Regal, wenn auch nicht immer frei zugänglich!
Da der eigene Geburtstag ab einem bestimmten Alter in Sri Lanka nicht mehr großartig gefeiert wird, ist es hier üblich an dem Geburtstag Gutes zu tun und in sozialen Einrichtungen etwas zu spenden. Im Heim kommt es somit ab und zu vor, dass ein Mittagessen oder eine Süßigkeit zum Tee spendiert wird. Sowohl der Besuch von fremden Menschen oder Angehörigen der Angestellten, als auch das Essen an sich erregt große Freude bei den Kindern. Wieder eine schöne Sache, die ich in Sri Lanka kennen gelernt habe.
Jetzt habe ich aber wirklich genug über Deutschland gemeckert, eine Angewohnheit vermisse ich hier schon ein bisschen. In Deutschland wird das Essen richtig zelebriert, man sitzt mindestens eine halbe Stunde zusammen, und an besonderen Anlässen oder zum Brunchen sogar länger als eine Stunde. Außerdem gehört es zum guten Benehmen sitzen zu bleiben, bis der Letzte aufgegessen hat. Diese Angewohnheiten gibt es hier nicht, weder im Heim noch in der Familie.
Dafür wird umso mehr Zeit für das Kochen selber aufgewendet. Mal schnell eine Pizza in den Ofen oder die Tütensuppe in den Kochtopf packen gibt es hier nicht. Nach dem Frühstücken heißt es gleich schon wieder Mittagessen vorbereiten und so zieht sich das über den Tee am Nachmittag bis zum Abendessen hin. Auch aufgehoben wird hier nichts, es wird immer frisch gekocht. Und bei 52 hungrigen Mäulern bekommt man auch noch Übrig-Gebliebenes unter…
Ich weiß jetzt schon, dass ich das gute Essen hier vermissen werde!
Damit liebe Grüße aus dem Angels Home und ab zum „Lunch“.
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