Einmal etwas anderes. Oder - Außerhalb des Heimes..
Auf der Straße hielten wir ein Tuk-Tuk an, das uns zum Guesthouse brachte. Ich bewundere dieses kleine 3-Rad-Fahrzeug, das uns mit unseren großen Rucksäcken transportierte.
Obwohl Negombo nicht weit weg von Marawila ist, ist das Leben dort etwas anders. Da es ein touristischer Ort ist, schaut die Umgebung schon ganz anders aus und die Mentalität der Sri Lankaner unterscheidet sich wesentlich von der Mentalität der Menschen in Marawila. Selbst, dass man kurze Hosen anziehen konnte, war für mich etwas ganz ungewöhnliches. In Marawila ist das nicht üblich. In Negombo haben sich die Leute daran gewöhnt, andere Leute aus den verschiedensten Kulturen mit unterschiedlichen Verhaltensweisen zu treffen.
Dort kann ein Europäer Urlaub machen, so wie er sich wünscht. Jedoch, die Europäer, die in Sri Lanka wohnen und dieses Land besser kennen, achten wahrscheinlich auf manche Dinge einfach mehr als Touristen. Das gleiche Gefühl hatte ich auch.
Das Wochenende war zum Entspannen. Ich habe die Zeit genossen. Allerdings konnte ich mich nicht wie eine Touristin fühlen. Immerhin bin ich in Sri Lanka, um etwas Soziales zu machen. Da ich seit einem Monat von Einheimischen umgegeben bin und mich an ihre Mentalität schon gewöhnt habe, sehe ich sie mit anderen Augen und fühle mich hier nicht mehr wie eine Touristin.
Am Anfang fand ich es schade, dass wir keinen Badestrand fanden, wo man sonnenliegen und sich auch im Meer abkühlen konnte. Das Problem wurde gelöst als wir auf ein Hotel stießen, das sich am Strand befand und einen Pool hatte. So verbrachten wir die Tage am Pool, auf der Sonnenliege mit einem frischgepressten Ananassaft oder einem eisgekühlten Bananenshake. Schlecht ist es uns nicht ergangen.
Da Negombo ein touristischer Ort ist, standen auch europäische Gerichte auf dem Menü und zur Abwechslung kein Reis mit Curry.
Alles in allem, war es ein schönes Wochenende.
Am Sonntagnachmittag kamen wir zurück ins Heim und wurden von den großen und kleinen Mädchen schon direkt am Tor begeistert empfangen. Entspannt und relaxed, starteten wir in die neue Woche, die für die Mädchen die letzte Schulwoche sein sollte. Die Prüfungen sind vorbei, so können sie sich auch ein bisschen Entspannung gönnen. Genau in dieser Woche war der Poya Day, wo alle Mädchen schulfrei hatten.
Einmal im Monat feiern die Buddhisten den Poya Day. Sie verbringen fast den ganzen Tag im Tempel. Da würde man sich fragen, was sie den ganzen Tag dort machen. Aber es ist gar nicht so sinnlos, wie es klingt. Dieses Mal waren wir Praktikantinnen mit dabei und auch im Namen der anderen zwei Praktikantinnen kann ich sagen, dass wir alle froh sind, das ganze Ritual miterlebt zu haben.
Um 7.30 Uhr in der Früh ging es los und es dauerte bis 5 Uhr am Nachmittag. Klingt lange und so war es, aber auch auf jeden Fall interessant.
Gleich zu Beginn beteten die Buddhisten im Freien. Danach gingen sie in den Tempel, wo das Gebet fortgesetzt wurde.
Was ich sehr interessant fand, war der Tempel im Garten, wo es noch viele kleine Opfertische mit Blumen gab. Damit das Gebet nicht zu langweilig wurde und, damit die Gläubigen nicht einschlafen, machte man zwischendurch kurze Pausen. Diese Pausen waren für Spaziergänge im Garten, Treffen mit anderen Leuten sowie Genießen der Schönheit der buddhistischen Gebäude vorgesehen. Die Kinder hatten sehr viel Spaß daran, die Praktikantinnen durch den Garten zu führen und verschiedene Monumente zu zeigen, sowie uns mit den schönen, duftenden Blumen von den Opfertischen zu schmücken. Die Blumen wird man in jedem buddhistischen Tempel finden. Die Blütenteile werden als Anhänger des Buddhismus gedeutet.
Hörte man die Glocke, sollte man zurück in den Tempel gehen, denn das Gebet wurde fortgesetzt. Sitzend am Boden hörte man dem Mönch zu und, wer die Worte auswendig konnte, betete mit. Die Mädchen waren an den Gebeten unterschiedlich interessiert. Das hing nicht vom Alter ab, sondern eher von der Kraft des Glaubens. Während manche aufmerksam das Gebet verfolgten, quatschten oder schliefen die anderen.
Aber als Zeit zum Essen kam, waren alle wieder munter. Sie stellten sich in eine Reihe und warteten ungeduldig auf das leckere Essen. Dieses Mal mussten auch wir Praktikantinnen mit den Fingern essen, was für uns etwas Neues und Ungewöhnliches war. Unerfahren den Reis mit den Fingern essend, brachte ich den Teller ganz nahe ans Gesicht, damit nicht mehr Reis auf dem Boden landete als in meinem Mund. Naja, es gibt für alles ein erstes Mal!
Am Nachmittag, wo man normalerweise ein Mittagsschläfchen macht, war im Tempel auch Zeit für Entspannung vorgesehen. Leider war es etwa unbequem am Boden zu liegen, aber manchen Leute machte das nichts aus. Sie lagen am Boden und schliefen, während die anderen im Garten Zeitung lasen oder sich mit anderen unterhielten. Für die Kinder und Jugendliche war das der schönste Teil des Tages. Da sie noch nicht aus dem Heim rausgehen dürfen, sind die Schule und der Tempel die Orte, an denen sie die Möglichkeit haben, andere Kinder zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten. Für die anderen Kinder, die in den Tempel kamen, waren wir Praktikantinnen eine Art Attraktion. Die Kommunikation mit ihnen gestaltete sich jedoch schwierig, weil sie so gut wie gar kein Englisch sprachen. Für mich war das ungewöhnlich, da ich das für selbstverständlich hielt, dass Mädchen wenigstens über einen Grundwortschatz in Englisch verfügen. Erst nachdem ich darüber nachgedacht habe, kam ich darauf, dass dies nicht selbstverständlich ist. Man merkt schnell, dass die Mädchen aus dem Angels Home über bessere Englischkenntnisse verfügen, als andere Kinder ihres Alters. Das Schulsystem in Sri Lanka ist sehr schlecht. Die Kinder, die in die öffentlichen Schulen gehen, lernen sehr wenig von dieser Sprache.
Die Mädchen, die in unserem Heim aufwachsen, sind jeden Tag mit der englischen Sprache konfrontiert. Manche können es besser, manche schlechter, aber mit der Zeit machen die Mädchen im Heim große Fortschritte.
Obwohl es ab und zu anstrengend und langweilig war, ich bin froh, den ganzen Tag im Tempel verbracht zu haben. Ich bekam alles mit, was an einem Poya Day passiert und für mich als Christin war es sehr interessant, die buddhistische Religion und ihre Traditionen kennenzulernen. Außerdem habe ich mitbekommen, dass, trotz des schlechten Schulsystems, die Mädchen aus dem Heim sehr gut Englisch sprechen im Vergleich zu den anderen Kindern. Ich hoffe, dass sie diesen Vorteil in der Zukunft auch gut ausnutzen werden.
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