Ohne Euch wäre alles anders.
Ohne Euch wäre alles anders- die Frage bleibt „Wie anders“?
Es ist 05.00 Uhr morgens. Die Vögel fangen an zu zwitschern, obwohl es noch enorm dunkel ist. Ich begebe mich auf dem Ende meiner Traumphase und werde durch meinen Wecker geweckt. Oder war es doch die Glocke, die „Miss“ (Matron/ Kinderbetreuung/Heimmama) geläutet hat?! Auf jeden Fall ist es Zeit zum Aufstehen. Nachdem kurzen Überziehen einer langen Hose und einem T-Shirt, geht es dann zum Wecken der Mädchen. Kaum im Flur unten angekommen, erscheinen schon die ersten Mädchen, mit halb geschlossenen Augen, aus ihren Zimmern. Um richtig wach zu werden, steht dann erstmal die tägliche „Morning exercise“ auf dem Plan. Laufen, Klatschen, Armkreisen und Rumpfdrehungen vollenden das Programm. Jedoch ist nicht jedes Mädchen gleich am frühen Morgen in Sportlaune. „Ha-ry Ha-ry“ höre ich von Weiten. Auch wenn ich sie morgens in der Dunkelheit nicht sehe, hat entweder Premalattha (Assistant Matron) oder Matron alles im Blick und sieht sofort welches Mädchen sich versucht zu drücken. Ich wäre morgens gar nicht in der Lage genau zu sehen, wer die Sportübungen richtig ausübt und wer versucht zu schummeln. Trotz, nach oftmals nur 6 Stunden Schlaf, bekommen die Beiden das sehr gut hin. Morgengebet, Tea-Time, Gartenarbeit, Zähne putzen, Brotdosen packen und das Anziehen der Schuluniformen wird von Einem, aber auch oftmals von Beiden beachtlich gut überwacht.
Besonders das Sortieren der ganzen Sachen, bedarf einer langen Geduld, die nicht jeder hat. Die größeren Mädchen holen am Morgen ihre einzelnen Kleidungsstücke (Unterhemd, Panty, Socken), welche am vorigen Abend noch nass waren, von der Leine. Bei den Kleinen macht es Matron und „wirft“ es dann vor den Schränken auf einen größeren Haufen. Nun müssen alle ihre Sachen zusammensuchen. Natürlich entstehen auch hier hin und wieder kleine Kabbeleien untereinander, die Matron oder Premalattha gottseitdank sehr schnell geregelt bekommen.
Bei 50 Mädchen liegt es natürlich sehr nahe, dass ab und an welche krank sind. Aber seit dem ich hier bin, sind gerade mal vier Tage vergangen, an dem alle Kinder in der Schule waren. Ich habe das Gefühl, dass es oftmals banale Probleme sind, die die Mädchen Matron erzählen. Dennoch lässt Matron sie dann in der Regel im Heim, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann. Die Schule ist nicht nur in Deutschland wichtig, sondern auch hier. Ich finde, dass jedes Mädchen zur Schule gehen muss, und nur bei sichtbaren, wirklich nachvollziehbaren Beschwerden im Heim bleiben sollte. Matron ist eine sehr liebenswerte und gutherzige Frau, aber in der Sache, ist sie mir dann zu gütig. Vor allem wissen das auch die Mädchen und nutzen es in meinen Augen vollkommen aus, was ich in deren Lage natürlich auch machen würde. Nichts desto trotz kommt es immer mal zu kleineren ab und zu auch zu größeren Unfällen, wie Platzwunden am Kopf, und ein Krankenhaus muss aufgesucht werden. In diesen Fällen handelt das Personal sehr schnell und die Mädchen können natürlich im Heim bleiben.
Am Vormittag kommen ebenfalls die anderen Frauen vom Personal. Dazu gehört zum Einen Lattha, welche auch für die Kinderbetreuung zuständig ist. Dayani und Ganga, welche sich um den Haushalt und die Sauberkeit kümmern. Catherine ist eine Assistentin von Matron und kümmert sich um viele anfallende Aufgaben. Letztendlich gibt es noch Udeshika. Sie beglückt uns jeden Tag mit ihren Kochkünsten. Abwechselnd unterstützen die anderen Frauen sie in der Küche, da es nicht immer leicht ist für ca. 50 Kinder und das Personal zu kochen. Ich finde das Essen aber jedes Mal super lecker. Eine wichtige Person darf ich jedoch nicht vergessen zu erwähnen. Das ist Maheshi. Maheshi ist eine unserer jüngsten vom Personal und sorgt sich jedoch um die gesamte singhalesische Verwaltung. Sie ist gerade mal 26 Jahre alt, hat vor 5 Monaten einen kleinen Sohn zur Welt gebracht und unterstützt uns dennoch jeden Tag. Außer natürlich am Wochenende. In meinen Augen ist sie eine große Bereicherung für das Heim. Durch ihre guten Englischkenntnisse und ihrem Organisationstalent erleichtert es unsere Kommunikation untereinander aber auch dem Besprechen von wichtigen Themen bezüglich des Alltags der Kinder. Jedoch haben wir nicht nur Frauen als Personal. Der gute Sarath lebt in einem separaten Haus mit auf dem Grundstück und kümmert sich sehr liebevoll um den Garten und das gesamte Grundstück. In der Woche fährt er die Kleinsten mit dem Tuk Tuk zu Schule und holt sie wieder ab.
Zu guter Letzt möchte ich auch Frank und Julia erwähnen, die uns jeden Tag unterstützen und alle anfallenden Arbeiten managen. Sie kümmern sich um die gesamte Organisation des Heimes, die deutsche Verwaltung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Buchhaltung und um die Bedürfnisse und Probleme aller.
Matron´s Englischkenntnisse sind ebenfalls sehr gut, aber sie kommen in meinen Augen in bestimmten Situationen oftmals zu wenig zum Einsatz und es wird singhalesisch gesprochen. Beim abendlichen Waschen wird häufig lauter und böse klingender geredet. Ich weiß nicht worum es gerade geht und was eigentlich das Problem ist, da ich nichts verstehe. Die Mädchen bekommen eventuell Ärger, welchen ich nicht nachvollziehen kann. Ich weiß nicht, ob ich mein Verhalten entsprechend dem Helfen ändern solle oder nicht. Na gut, vielleicht müsste ich auch einfach öfter nachfragen und erfahre sicher somit dass nichts passiert ist und man einfach nur lauter geredet hat um alle zu bändigen. Wiederrum denke ich auch, dass es oft Situationen gibt, in denen ich sicher gar nicht alles wissen möchte, und es ganz gut ist nichts zu verstehen. Wer weiß, über was sie immer reden. Trotz alle dem werden die meisten wichtigen Gespräche und Probleme für uns immer übersetzt. Sei es von dem Personal oder von den Mädchen selbst.
Dennoch bleibt die Barriere der Sprache und schränkt oftmals meine Arbeit ein. Sie ist aber auch eine interessante, wichtige Herausforderung für mich und meinen Aufenthalt in Sri Lanka.
Matron und Premalattha sind die zwei ältesten Frauen vom Personal, und bringen somit eine Vielzahl an Lebenserfahrungen mit, welche sich natürlich auch in ihrem Arbeitsverhalten widerspiegeln. Matron hat früher an einer Schule gearbeitet und später eine eigene geleitet. Die dort gesammelten Erfahrungen kommen dem Heim nur zu Gute. Dennoch sind die Beiden nicht alleine bei uns. Frank, Julia und Maheshi haben über alles ihre Augen. Nach ihrem Schwangerschaftsurlaub kam Maheshi wieder. Sie hat sich sofort in ihre Arbeit gestürzt und versucht dort Ordnung reinzubringen, wo sie in der letzten Zeit etwas nachgelassen hat wie zum Beispiel beim Mittagessen. In ihrer Abwesenheit war es häufig lauter und die Mädchen waren teilweise außer Rand und Band, was durch Maheshi´s Rückkehr wieder gezügelt worden ist.
Jedoch möchte ich Matron jetzt nicht schlecht machen. Natürlich ist sie auch eine Bereicherung für uns alle. Irgendwie halt nur auf eine andere Art und Weise. Die Organisation von vielen Dingen, liegt ihr nicht mehr so, wie es der Maheshi liegt, was ich persönlich auf das Alter zurückführen möchte. Dennoch strahlt sie für mich und auch für die Mädchen etwas Heimisches aus. Sie kommt in den Raum und man fühlt sich wie zu Hause bei der Großmama. Ich kann es schlecht beschreiben, aber ich glaube ihr wisst was ich meine…
Die Mädchen mögen und achten sie sehr, sowie ich ebenfalls. Für viele Mädchen ist sie eine wichtige Vertrauensperson, um mit ihr über Probleme und Geschehnisse reden zu können. Für die meisten Mädchen ist sie eine sehr gute „Freundin“, mit der man über alles reden und auch Spaß haben kann. Ich glaube es wird auch schwer, irgendwann einen passenden Ersatz für sie zu finden, denn die Frau sollte bestimme Voraussetzungen besitzen, die nicht viele haben. à Mitte 40, keinen Mann, ältere Kinder damit sie auch im Heim übernachten kann, Liebe zu den Mädchen, gute Englischkenntnisse und einen gewissen Grad an Organisationstalent, aber zum Glück ist es noch nicht so weit.
Maheshi ist eine sehr offene, junge Frau. Bei Besprechungen, die wir dann ja meistens auf Englisch führen, versucht sie immer mitzureden und bringt ihre eigenen Meinungen, Bedenken und Ideen mit. Dadurch merke ich, dass sie sich wirklich für das Heim und die Kinder interessiert und es ihr Spaß macht, hier zu arbeiten. Bei Problemen, sei es zwischen den Kindern oder Probleme unsererseits, ist sie immer bemüht diese fair und schnell zu lösen. Ich fühle mich unter ihrer Fittiche sehr wohl und weiß es zu schätzen, was sie in ihren jungen Jahren alles leistet. Ich finde es gut, dass eine junge Frau die „Leitung“ bzw. das Management übernimmt. Durch viele persönliche Erfahrungen kann ich sagen, lassen sie jüngere Frauen leichter zu Veränderungen und Verbesserungen motivieren als ältere Frauen. Mit den Jahren entwickelt sich häufig ein Stolz, den wenige Menschen für Veränderungen „aufgeben“ wollen, und es lieber alles beim Vertrauten belassen, was sich in einem Kinderheim als schwierig herausstellen könnte. Daher bin ich mit der Position und der Auswahl von Maheshi zufrieden und glücklich.
Es ist egal, ob ich Chef eines Unternehmens oder Leiter einer Einrichtung bin, das Problem ein gutes, qualifiziertes Personal zu finden bleibt immer. Hier kann ich jedoch mit einem guten Gefühl sagen: Strahlen die Augen der Mädchen, Strahlen auch die Augen des Personals. Und jeder von Euch kann sich vorstellen, was ich damit meine…Nun wünsche ich Euch eine schöne nächste Woche und wenig Ärger mit Eurem Personal oder den Kollegen. Ich weiß, dass meine Woche super werden wird …Eure Janine
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