Singhalesisches und Tamilisches Neujahr im Angels Home
Im April wird anhand der Planeten über Sri Lanka das Datum des buddhistischen und hinduistischen Neujahrs bestimmt. Das diesjährige Neujahrsfest in Sri Lanka fand am 13. und 14. April statt. Nach alter Tradition beginnt ein Sri Lanker den Jahreswechsel mit einem letzten intensiven Bad, um das neue Jahr gereinigt zu beginnen. Bis zum Neujahr darf nur der Körper gewaschen werden; die Haare werden ausgespart. In der Nacht auf den 13. April startet die Punyakalaya; das ist die Zeit, in der die Buddhisten und Hinduisten alle Tätigkeiten und vor allem ihre Arbeit bis zur darauf folgenden Nacht einstellen. Am Tag des Neujahrs selbst finden zahlreiche Rituale statt. Viel wichtiger als das alte Jahr zu beenden, scheint mir der Start in das neue Jahr zu sein: eine erste Kopfölung, ein Milchreisfrühstück sowie der erste Arbeitstag decken nur wenige der traditionellen Vorgaben ab, die zu einem glücklichen und zufriedenen Gefühl eines jede Buddhisten und Hindu führen sollen.
Wie bereits in meinem letzten Artikel erwähnt, durfte ich am vergangenen Samstag an dem Neujahrsfest im Angels Home for Children teilnehmen. Die Feiertage des 13. und 14. Aprils haben viele des Personals genutzt, ihre in Sri Lanka lebenden Familien zu besuchen, um dort das Fest nach singhalesischen und tamilischen Traditionen zu zelebrieren.
Aufgrund der Bedeutsamkeit des Festes lag es ihnen aber am Herzen, die Feierlichkeiten mit den Kindern im Heim nachzuholen. Mehrere Tage wurden dafür beansprucht, um den Ablauf, die Dekoration auf dem Grundstück sowie die Aufgabenverteilung zu bestimmen. Am Wichtigsten war ihnen dabei, dass alle Kinder den Tag mit viel Freude und Spaß in Erinnerung behalten sollten.
Selbst in Sri Lanka hätte fast das Wetter noch Einfluss auf das Fest gehabt. Die momentan mehr oder weniger einsetzende Regenzeit lässt keine Beständigkeit zu. Vielmehr muss man kontinuierlich mit einem Gewitter einhergehend mit einem kräftigen Regenschauer rechnen. Am Samstag lag das Glück auf der Seite des Angels Homes. Strahlender Sonnenschein erleichterte den Kindern das Aufstehen und das Erledigen der letzten Aufgaben; mit viel Freude wurden selbst die Schaukeln mit einer bunten Blütenpracht dekoriert. Kurz vor Festbeginn gilt es für eine singhalesische Frau, sich selbst in Schale zu werfen. Keines der Mädchen sah noch so aus wie zuvor: alle trugen ihre besten Kleider, waren von Schmuck und Schminke bedeckt und wirkten alle wie bildhübsche junge Frauen.
Zahlreiche Spiele trugen zu einem gelungenen Tag bei. Aufgrund der Altersdifferenz der Kinder wurden die Mädchen nur bestimmten Spielen zugeordnet, so dass sie alle abwechselnd aktiv waren. Falls sie bei einem Spiel nicht dabei waren, feuerten die Übrigen kräftig die am Spiel beteiligten Mädchen an.
Großes Lachen und viel Freude erzeugte ein mir bisher unbekanntes Spiel. Mehrere Tonkrüge, mit unterschiedlichen Flüssigkeiten gefüllt, hingen an einem, zwischen zwei Palmen gespanntem Seil, ungefähr auf Augenhöhe herab. Mit verbundenen Augen, einem Stock in der Hand sowie eine durch voriges Drehen entstandene Orientierungslosigkeit hatte man die Aufgabe, sich gefühlsmäßig möglichst nah den Tonkrügen zu nähern. Ziel war es, dort einen der Tonkrüge kaputt zu hauen. Auf der einen Seite stand die teilweise völlige Ahnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit der blinden Spielerin und auf der anderen Seite die Gespanntheit und Aufregung der anfeuernden Zuschauern, falls sich die Spielerin gekonnt den Krügen näherte. Beide Anlässe sorgten für eine überragende Stimmung und erzielten große Begeisterung bei den Festteilnehmern. Ich selbst lernte beim Erproben meiner Orientierung und Zielgenauigkeit die Schwierigkeit dieses Spiels kennen. Ich entwickelte großen Respekt davor, dass die Tonkrüge nicht nur korrekt und zielstrebend anvisiert, sondern zwei Mal sogar getroffen wurden. Bei aller Aufregung sprang dabei dann auch noch eine Kröte aus dem zerbrochenen Krug. Ich habe das, ohne nachzufragen, einfach mal als traditionelle Überraschung angesehen…
Weitere Spiele, bei denen auch mir aus Deutschland bekannte Aufgaben dabei waren, füllten den restlichen Tag: Sackhüpfen, Wettessen, Eierwerfen, Hindernisrennen, Eierweitwurf sowie um die Wette Luftballons zum Zerplatzen bringen sind nur ein paar erwähnenswerte Tätigkeiten. Besonders hervorheben möchte ich die Leistung von Padmini beim Luftballon aufblasen. Padmini war bemerkenswert diejenige, die am meisten und am schnellsten Luft aus ihrer Lunge in den Ballon geblasen hat. Leider hat sie bei der großen Anzahl von Luftballons keinen 0/8/15 Luftballon erwischt, sondern einen Markenballon aus Deutschland. J Sie hatte nach wenigen Sekunden den Luftballon gefüllt, aber er wollte und wollte einfach nicht platzen… Andere Kinder hatten es bei der Wahl des Ballons günstiger getroffen und erzielten schneller das Zerplatzen des Ballons. Padmini konnte die Situation nicht wirklich einschätzen und pustete bis ins Unermessliche weiter Luft in ihren Ballon. Am Ende musste sie zwar geschlagen aufgeben, aber für uns blieb sie die Siegerin der Herzen…
Nach einem kräftezerrenden und sehr knappen Tauziehen zwischen dem Personal und den älteren Mädchen, sorgte eine Misswahl, bei der ich in der Jury sitzen durfte, für ausreichend Abwechslung. Sowohl 5 jüngere, als auch 5 ältere Mädchen rangen durch ihren Auftritt, der nach mehreren Kategorien von uns beurteilt wurde, um den Titel. Am Ende wurde jedoch nur die Beste beider Gruppen prämiert. Auch alle anderen Leistungen des Tages wurde in einer Abschlusszeremonie am späten Nachmittag geehrt. Dadurch wurde das Neujahrsfest im Angels Home mit großer Zufriedenheit aller Beteiligten beendet. Für die Mädchen und auch für mich war es ein unvergesslich tolles, aber auch sehr anstrengendes Neujahrsfest 2012!
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