Fragen an mich selbst
„Schön, das du wieder da bist. Wie war es denn so in Sri Lanka? Hat es dir gefallen?“-
„Äh also naja mh...Gut? Keine Ahnung....“
So oft kam diese Frage in den letzten Tagen. Ein netter Smalltalk, auf den ich mich aber nicht recht einlassen kann. Ich war schließlich nicht in einem All-inklusiv-Urlaub, sondern in Sri Lanka, in einem Entwicklungsland, um dort ein Praktikum in einem Kinderheim zu machen. Diese Frage lässt sich also nicht mit gut oder schlecht beantworten.
Das einzige was ich den Leuten dann sagen kann ist: „Ich bin froh, dieses Praktikum gemacht zu haben. Es war eine Erfahrung fürs Leben.“
Selbst bin ich noch gar nicht richtig angekommen; zeige zwar die Fotos, spreche darüber, erzähle von meinen Erlebnissen, aber irgendwie habe ich das alles für mich noch gar nicht reflektiert.
Also jetzt die Frage an mich selbst: Was habe ich eigentlich erlebt oder gelernt? Was war unvergesslich? Hat mich das Praktikum verändert?
Ich habe lange gebraucht, um in Sri Lanka anzukommen. In der ersten Zeit war vieles so neu, dass ich mich unwohl gefühlt habe, nicht wusste, ob ich den Anforderungen gerecht werde oder ob es das Richtige war dieses Praktikum zu machen. Es hört sich ziemlich kitschig an, aber in diesen Tagen habe ich mich selbst von einer ganz anderen Seite kennengelernt; musste irgendwie erstmal zu mir selbst finden, um dann auf Erwartungen oder Ansprüchen anderer eingehen zu können. Alles wirkte so unreal.
Schließlich habe ich mich nach dieser Phase doch gut zurecht gefunden. Ich habe viel an Selbstvertrauen dazu gewonnen, bin offener für Neues und selbstständiger geworden.
Bei der Frage, was unvergesslich war, denke ich natürlich als erstes an die Mädchen aus dem Heim. Mit der Zeit habe ich sie richtig lieb gewonnen und der Abschied fiel mir nicht leicht. Ich bin froh, ihnen Hilfe, Geborgenheit und Zuwendung gegeben zu haben. Auf der anderen Seite habe ich aber auch von den Kindern gelernt.
Eine Situation war prägend; Kurz vor dem Weg zur Schule entdeckte ich Sashini mit ihrem völlig kaputten Rucksack auf dem Rücken. Einer der Träger war sogar gerissen. In Deutschland wäre dieser Ranzen schon längst in den Müll gewandert. Ich habe ihn weitestgehend repariert und Sashini war total dankbar.
Das sind so kleine Momente, die man einfach nicht vergessen wird.
Man lebt dort unter sehr einfachen Bedingungen und lernt - es reicht aus. So viele Alltagsgegenstände, die wir in Deutschland täglich nutzen sind Luxus, ohne dass es uns bewusst ist. Nun einen neuen Bezug zu solchen Gegenständen zu haben, lässt mich viele Dinge schätzen.
Aber auch ein bestimmter Geruch wird mich immer an Sri Lanka erinnern - ein Gemisch aus schwüler dicker Luft, Meeresbrise und vor allem Feuer. In diesem Zusammenhang seien auch die typischen Märkte erwähnt. Ich habe es trotz des beißenden Fischgeruchs geliebt dort einzukaufen. Wie die Menschen hinter ihren kleinen Tischen oder sogar auf dem Boden sitzend ihre Kokosnüsse, Papayas, Melonen, Tomaten, Zwiebeln, aber auch diese zahlreichen Gewürze oder eben die getrockneten Fische verkaufen; mittendrin die Stände voller Kleider und Stoffe: nicht zu vergessen der für mich so faszinierende Plastikshop.
Dass Sri Lanka ein Land der Vielfalt ist, habe ich voller Begeisterung während unserer letzten Reisewoche entdeckt. An der Ostküste noch einen der paradiesischen Strände genossen, begegneten Kerrin, Lisa und ich nicht einmal 150km weiter einer nahezu regenwaldähnlichen Vegetation. Im Hochland haben wir eine unvergesslich schöne Landschaft, bestehend aus zahlreichen Teeplantagen, erlebt. Wir waren auf dem Adam´s Peak - ein tatsächlich denkwürdiger Trip, der uns später von den Buddhisten hoch angerechnet wurde. Ich bin stolz auf das kleine Armband an meinem rechten Handgelenk und freue mich immer wieder es anzuschauen, weil einfach tolle Erinnerungen damit verknüpft sind.
Der Verkehr machte Sri Lanka für mich besonders aufregend. An diesen hatte ich mich auch am letzten Tag noch nicht komplett gewöhnt. Die Fahrten mit dem Bus waren immer wieder ein Erlebnis für sich. Ganz besonders ist hier die Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Menschen zum Ausdruck gekommen. Natürlich haben wir hier auch nicht immer gute Erfahrungen gemacht und auf den Fahrten auch nicht immer Erfreuliches gesehen. Wir wurden mit vielen Problemen des Landes konfrontiert, die wir aber auch nicht ändern können.
Oft sollte ich in einen meiner Fotoberichten zu Hause die Zustände mit Deutschland vergleichen. Aber meistens geht das gar nicht. Dort sind andere Sachen von Bedeutung, Dinge die in Deutschland unwichtig erscheinen. Man kann es nicht vergleichen, es ist einfach einzigartig!
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